Volltext: Die Kartoffeltrocknung im Kriege [44/55]

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Januar) im allgemeinen längst nicht voll ausgenutzt wurden. Die 
Beschäftigung beträgt z. B. für die sechs östlichen Preußischen Provinzen 
(das Hauptüberschußgebiet) nur 84 °] 0 der Leistungsfähigkeit bei den 
selbständigen und gar nur 48 % bei den Nebenbetrieben. Bei diesen 
machen die 'landwirtschaftlichen Nebenbetriebe in Pommern eine 
rühmliche Ausnahme, die durchschnittlich länger als 125 Tage gear 
beitet haben müssen, ebenso die selbständigen Anlagen in Brandenburg. 
Für den Reichsdurchschnitt ist der Beschäftigungsgrad noch un 
günstiger, nämlich 74 %, bezw. 47 %. 1 
Wenn auch in einzelnen Fällen andere Gründe für die mangel 
hafte Ausnutzung der Anlagen verantwortlich gewesen fein mögen, so 
kann die Tatsache in ihrer Allgemeinheit doch nur durch mangelhafte 
Absatzbedingungen*) erklärt werden, da unter sonst gleichen 
Umständen die Rentabilität des Betriebs mit der Betriebsdauer oder 
dem Grade der Ausnutzung wächst. 
Der Trockenkartoftelmarkt schien mithin der gleichen Gefahr aus 
gesetzt wie der Kartoffelmarkt, der Spiritus- und der Stärkemarkt. 
*) Wenn die „Trocknungsindustrie" 1914 Nr. 30 S. 200 schreibt: 
Eine mangelnde Absatzmöglichkeit war für Trockenkartoffeln bisher 
nirgends vorhanden, im Gegenteil, dieses vorzügliche Futtermittel war 
sehr gefragt und ist es heute noch mehr (September 1914, natürlich!), 
so ist zu entgegen: schon nach der absol. Höhe der Verarbeitung vor dem 
Kriege konnten die Trockenkartoffeln nicht über eine gewisse lokale Be 
deutung hinausgelangt sein. Auch ist leicht einzusehen, daß sie infolge 
des Transportwiderstandes in den eigentlichen Bedarfsgegenden, in West 
deutschland, nicht mit dem Futtergetreide konkurrieren konnten. Außer 
dem widerlegt die Trocknungsindustrie im gleichen Aufsatz sich selbst: 
„Es war schon in normalen Jahren schwierig, für eine neue Trocknerei 
die nötigen Kartoffeln zusammenzubringen!" Wie kommt das, wenn 
die Absatzbedingungen, also die Verwertung so gut sind? Und wie 
kommt es, daß selbst in einem Jahre, wo der Kartoffelsegen geradezu 
als Kalamität galt, die Verarbeitung sehr zu wünschen übrig läßt? 
Die oben mitgeteilten Zahlen über den Beschäftigungsgrad der An 
lagen und schließlich die Klagen der Trockne-r in den Generalversamm 
lungen des Vereins Deutscher Kartoffeltrockner sind Beweis genug da 
für, daß die Absatzfrage durchaus nicht so glänzend gelöst war, wie 
es nach dem Urteil der Trocknungsindustrie scheinen möchte. Gewiß, für 
die großen Genossenschaftstrocknereien Mitteldeutschlands, z. B. Han 
novers, die in erster Linie für den Eigenbedarf arbeiten, und nur in klei 
nem Umfange, zur Deckung der Betriebskosten, für den Absatz, bestanden 
besondere Schwierigkeiten nicht, da die lokale Nachfrage das Angebot 
ausglich. Anders für Ostdeutschland, das selbst relativ wenig aufnahme 
fähig ist und in Westdeutschland sein natürliches Absatzgebiet hätte. Hier 
wurde aber das Produkt noch durch den Transport um durchschnittlich 
fast 1 Mark verteuert und war darum nicht konkurrenzfähig.
	        
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