Volltext: Die Kriegsmaßnahmen zur Regelung des Verkehrs mit Obst [28]

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steigerungen geltend. Das wurde zunächst nicht so sehr beim Frisch- 
obst wie bei der Marmelade und anderen Obsterzeugnissen fühlbar. 
Die deutsche Bevölkerung war vor dem Kriege an den Genuß von 
Marmelade nur in geringem Umfange gewöhnt gewesen, die 
fabrikmäßige Herstellung von Marmelade hatte daher keinen sehr 
großen Umfang angenommen. Erst das Beispiel anderer Länder, 
insbesondere Englands, zeigten dem Deutschen die Vorzüge eines 
guten Obst-Brotaufstriches, so daß in den letzten Jahren vor dem 
Kriege die Industrie sich der Marmeladenherstellung in steigendem 
Maße zugewendet hatte. Die im Kriege nach und nach einsetzende 
Knappheit an Butter und Fett ließ das Bedürfnis nach Marme 
lade stärker hervortreten; viele Betriebs wandten sich der fabrik 
mäßigen Herstellung von Marmeladen zu und verlangten 
zum Teil recht erhebliche Preise für ihre Fabrikate. So mußte 
zunächst die Möglichkeit geschaffen werden, Herstellerpreise für 
Obstmus, Marmeladen und andere Fetterslltzstoffe zum Brotauf 
strich festzusetzen. Die Verordnung vom 11. November 1915 
(RGBl. S. 764) ermächtigte den Reichskanzler hierzu und schuf 
weiter die rechtliche Grundlage zur Festsetzung auch von Klein 
handelspreisen für den Verkauf an den Verbraucher. Von dieser 
Möglichkeit wurde durch die Bekanntmachung über die Preise von 
Marmeladen vom 14. Dezember 1916 (RGBl. S. 817) Gebrauch 
gemacht. Die Preisermittlung für Marmelade fiel unter die 
ersten Aufgaben der beim Reichsamt des Innern im Oktober 1915 
neu geschaffenen „Reichsprüfungsstelle für Lebensmittelpreise", der 
nachmaligen „Volkswirtschaftlichen Abteilung des Kriegs 
ernährungsamtes". Die „Reichspreisstelle" hat damals -auch schon 
über Höchstpreisfeftsetzungen für Frischobst, Apfelkraut und 
Pflaumenmus Verhandlungen geführt, indessen ohne daß dafür 
alsbald Preisregelungen erfolgt wären. 
Die Marmelade wurde für die Höchstpreisbestimmung in 
fünf verschiedene Klassen je nach ihrer Zusammen 
setzung aus nur einer Fruchtart, aus mehreren Fruchtarten oder 
unter Zusatz von Rüben und Kartoffeln als Streckungsmitteln 
eingeteilt. Auch wurden Höchstgrenzen festgesetzt, über welche die 
Gemeinden bei Festsetzung von Kleinhandelspreisen nicht hinaus 
gehen durften. Nur für die Sorte I, unter die solche Marmelade, 
die nur aus einer Fruchtart hergestellt wird, mit Ausnahme von 
reiner Apfelmarmelade, fällt, wurden Höchstpreise nicht festgesetzt. 
Das hat insofern zu Mißständen geführt, als die Fabrikanten hin 
fort vorzugsweise nur Marmeladen der Sorte I herstellten und 
hierfür recht erhebliche Preise berechneten.
	        
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