Volltext: Die Schwerarbeiterfrage [Heft 26/27]

liefern und ihre Kräfte zu erhalten, die Kohlen fördern und die 
Grundstoffe für das Kriegsmaterial (Eisen und Kohle) herstellen. 
Denn versagen ihre Kräfte, dann stehen die Betriebe still, dann 
stockt die Munitionsherstellung, dann erhält die Front nicht mehr 
das zum Kampfe und zur Abwehr notwendige Material. Die Fol 
gen davon braucht man sich nicht auszumalen. Es ist auch schon 
vorgekommen, daß da oder dort einzelne Betriebe stillstanden. Man 
sprach von einem Streik. Ein eigentlicher Streik war es nur in 
den seltensten Fällen, vielfach war es ein Versagen der Arbeits 
kraft. Ebenso wie eine Maschine versagt, wenn ihr nicht die ge 
nügende Kraft zugeführt wird, so versagt die Arbeitskraft, wenn 
die notwendigen Nahrungsmittel dem Körper vorenthalten 
werden. Ohne ausreichendes Futter legen die Hühner nur Wenig 
Eier, wie auch der Rückgang der Butter- und Milcherzeugung auf 
das ungenügende Futter zurückzuführen ist; es ist aber dabei 
noch keinem Menschen eingefallen, von einem Streik der Hühner 
oder Kühe zu reden. Ähnlich verhält es sich bei nicht ausreichend 
ernährten Menschen, insbesondere bei solchen, die die schwerste 
Arbeit zu leisten haben. Der Präsident des Kriegsernährungs 
amtes hat sich mit einigen Vorstandsmitgliedern im Juni 1916 
in das Ruhrgebiet begeben, um einen Einblick in die Arbeits 
verhältnisse der Berg- und Hüttenarbeiter zu bekommen. Er wie 
die Vorstandsmitglieder haben sich davon überzeugt, daß eine 
besondere Belieferung der Schwer- und Schwerst 
arbeiter mit Nahrungsmitteln notwendig ist. 
In welcher Weise die Belieferung der Schwer-, Schwerst- und 
Rüstungsarbeiter erfolgt: durch die Gemeinden, durch die Werke; 
in welcher Form sie erfolgt: Zulagen auf Lebensmittelkarten, 
Sonderlieferungen durch die Werke, Massenfpeisung usw., das ist 
in den folgenden Abhandlungen näher dargelegt. 
Bei der Belieferung ergeben sich naturgemäß verschiedene 
Schwierigkeiten. Die Abgrenzung des Begriffs Schwer-, 
Schwerst- und Rüstungsarbeiter ist sehr schwierig, und je nach 
den Verhältnissen in einem bestimmten Bezirke oder in einem be 
stimmten Orte wird die Entscheidung verschieden ausfallen können. 
Es kann durch Zuteilung besonderer Nahrungsmittel an ein 
zelne Gruppen leicht Mißstimmung bei der Gesamtheit der 
Arbeiter und Angestellten entstehen. Denn jeder glaubt seine 
Pflicht zu tun, jeder glaubt seine ganze Kraft in den Dienst des 
Arbeitgebers und des Vaterlandes zu stellen, und jeder glaubt, 
deshalb auch Anspruch auf eine besondere Zulage von Lebens 
mitteln zu haben. Gewiß tut jeder seine Pflicht; aber das Kriegs
	        
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