Volltext: Der Kettenhandel als Kriegserscheinung [3 = Sonderheft]

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selber regelte, das muß nun durch bewußten Eingriff in gewollte 
Bahnen gelenkt werden. So ergeben sich bei wichtigen Lebensmitteln 
die Eingriffe in die freie Verfügung, die Enteignung und Zuteilung 
im gleichen Verhältnis. Der preis, sonst der Regulator dieser Ver 
teilung, erscheint oft nur mehr als eine Nebenerscheinung nach der 
Zuteilung, als eine behördlich festgesetzte Entschädigung. 
Aber auch bei den nicht „bewirtschafteten" Waren kann es nicht 
bei den alten Grundsätzen bleiben. Vom einzelnen, dessen Gewinn 
streben auf stets zu knapp beschicktem Markte der Wettbewerb der 
anderen nicht mehr zügelt, wird nun verlangt, daß er selbst den 
Erwerbstrieb in jene Grenzen zurückdämme, die ihm sonst die Mit 
bewerber in scharfem Kampfe zogen. Bei den Gegenständen des 
täglichen Bedarfs soll er sein Geschäft als ein Amt betrachten,- nicht 
höher soll gerade hier, bei den am dringlichsten begehrten Waren, 
sein Aufschlag werden, als daß er einen „angemessenen" preis er 
ziele. Was angemessen sek, das wird zunächst seinem eigenen Ge 
wissen zur Entscheidung gegeben,- nur ergänzend und vereinzelt prüft 
die Preksprüfungsstelle. Auch wird Zurückhaltung von Waren zum 
Zwecke der Preissteigerung verboten. Wiedemm entscheidet über 
diesen Begriff in erster Linie das eigene Bewußtsein. 
Gegenüber der Kettenbildung, der nicht direkt gewollten ebenso 
wie der bewußten, versagten all diese Krkegsgesehe. Die deutsche 
Verordnung vom 24- Juni 1916 „Mer den Handel mit Lebens 
und Futtermitteln und zur Bekämpfung des Kettenhandels" entstand 
aus der Notwendigkeit, eine weitere Verfeinerung des Berufs- 
gewkffens im Kaufmannsstande zu fordern. Der Lebensmittel- 
Großhandel ist der Konzessionierung unterworfen und damit von 
den bedenklichen, von außen her eingedrungenen Mitbewerbern be 
freit worden. So ist dieser Geschäftszweig gleichsam ein privile 
giertes Gewerbe geworden,- aber auch mit besonderen pflichten. 
Das gleichzeitig erlassene Verbot des Kettenhandels verlangt vom 
Kaufmann nicht nur, daß er sich vom gewerbsmäßigen Schiebertum, 
von der absichtlichen Kettenbildung fernhalte,- dazu allein hätte es 
eines neuen Gesetzes schwerlich bedurft. 
Sollte diese Umgehung der Krkegsgesehe durch lange Ketten 
entscheidend getroffen werden, so konnte man — wie oft vorgeschlagen 
— die Festlegung einer bestimmten Höchstzahl von Händlern vor 
schreiben, die nacheinander beim Absatz der Ware mitwirken dürften. 
Oder man konnte — ähnlich dem Verfahren mancher Höchstpreis- 
gesetze — eine bestirnmte Spanne, etwa in Prozenten, festlegen, um 
welche der Verkaufspreis des Erzeugers höchstens gesteigert sein 
dürfte, wenn die Ware an den Verbraucher abgegeben wurde. All
	        
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