Volltext: Der Kettenhandel als Kriegserscheinung [3 = Sonderheft]

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Auch im regelmäßigen Handel der Friedenszeit sahen wir, wie 
oben schon betont, regelmäßig Reihen von Kaufleuten nacheinander 
am Absatz derselben Waren beteiligt,- aber immer ist es ein arbeits 
teiliges Zusammenwirken: Vom Importeur zum Großhändler 
zum Kleinhändler. Auch Zwischenglieder sind berechtigt, wo z. B. 
beim Einkauf erst kleinere Mengen für die Händler an großen 
Märkten zusammengekauft werden müssen. Wenn der Eiergroß 
händler zu Berlin nicht seinen kleinen Aufkäufer in Galizien brauchte 
und noch den vorschußgewährenden „Vinkulanten" dazu, so würde 
er beiden sicherlich für den Waggon keinen Heller mehr zahlen, als 
sie selbst dafür geben,- nicht gern läßt in Russisch-Polen der stolze 
»Kontorhändler" seinem kleinen Aufkäufer, dem »Dorfgeher", einen 
kärglich knappen Verdienst. Zwischenglieder sind wiederum not 
wendig, wo aus den Rohstoffen erst die einheitlichen Massen heraus 
sortiert und zusammengestellt werden müssen, welche die moderne 
Großverarbeitung braucht,- daraus gründen große Gersten-Welt 
handelshäuser in Wien, ganze Handelsschichten für Wildhäute, für 
Tabak und Wein und selbst ganze Handelsplätze, wie Marseille, 
ebenso ihre Existenz, wie die kleinen Sortierer im pelzhandel zu 
Leipzig oder die „Herauskäufer" der kleinen Partien an den 
holländischen Tabakauktionen. Zwischenhändler sind notwendig, 
wo der Abnehmer regelmäßig sehr viel kleinere Mengen vertreibt 
als der Verkäufer und seinerseits mit einem mehr zersplitterten Ab 
nehmerkreise die Verbindung aufrechterhält. Was ein Großkauf 
mann an Kaffee mit einem Abschlüsse an der Börse kauft, das setzt 
der kleine Detailhändler in seinem Lädchen in zehn Jahren nicht 
um, und wiederum kann der Großkaufmann in Hamburg nicht für 
einen solchen Kleinen auf dem Dorfe zugleich auch noch Salz und 
Ingwer, Vanille und Muskat, spanische Rohre und Schiefertafeln 
und Liebesbriefsteller und Ansichtskarten bereithalten, und doch 
verlangt man all das von der „gemischten Warenhandlung" auf 
dem Lande. Mehrere müssen sich hier dazwischen schieben: Der 
Provinzgrossist, der Halbgrossist und alle die Hüfspersonen waren 
schon im Frieden da und hatten ihre besondere, wirtschaftlich 
begründete Aufgabe. Sie alle vereinigt — völlig unbewußt, aber 
eben der Konkurrenzwirkung halber ziemlich sicher — das große 
volkswirtschaftliche Ziel des Handels, die Ware in zweckmäßiger 
Weise dem Verbraucher zuzuführen, sie ihm räumlich nahezu 
bringen, und sie nach Zeit, Menge, Zahlungs- und Zusendungs 
bedingungen seinen Bedürfnissen anzupassen. 
2m allgemeinen bedarf es aber im Kriege oftmals nicht so 
vieler Zwischenglieder im Handel wie im Frieden. Nicht wie
	        
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