Volltext: Die Nahrungswirtschaft des Auslands [Heft 9]

Die Nahrungsmittelversorgung und der Staat. 
Es ist ein seltsamer Widerspruch dieses Krieges, daß die mit 
wütendem Haß sich bekämpfenden Völker miteinander durch die 
Presse und andere Mittel internationaler Verflechtung in so enger 
geistiger Fühlung stehen wie nie zuvor, daß sie aufs eifrigste bemüht 
sind, voneinander zu lernen und nicht nur die militärischen, sondern 
auch die wirtschaftlichen, nicht nur die technischen, sondern auch die 
gesetzgeberischen und organisatorischen Errungenschaften des Gegners 
nachzuahmen. 
Insbesondere in der Nahrungswirtschaft ist Deutschland zum 
Vorbild seiner Feinde geworden. Mit der größten Selbstverständlich 
keit von der Welt oder auch mit verlegener Geste sehen wir sie all 
mählich zu denselben Maßregeln der Ernährungspolitik greifen, die 
sie anfänglich mit Hohngelächter begrüßt hatten; wir sehen sie zu 
ganz ähnlichen Verkehrs- und Verbrauchsregelungen und zu sonstigen 
Einrichtungen ihre Zuflucht nehmen, wie sie Deutschland unter dem 
Zwange der Absperrung schon in den Anfängen des Krieges eingeführt 
hatte. Der staatlichen Struktur Frankreichs, Italiens und vor allem 
Rußlands lag von vornherein die staatliche Regelung des Wirtschafts 
lebens ziemlich nahe. Aber selbst England, das alte stolze Bollwerk 
des Freihandels, hat sich zur Preisgabe seiner wirtschaftsliberalen 
Grundsätze bequemt und zu scharfen Maßregeln der Nahrungspolitik 
gegriffen. 
Immer lauter zwar werden in beiden Lagern die Stimmen, die 
der fortschreitenden staatlichen Umklammerung der Nahrungswirt 
schaft Halt gebieten möchten, die die Forderung nach Verkehrs- und 
Gewerbefreiheit erschallen lassen, nach freier und ungebundener Be 
tätigung des Erwerbstriebs und überhaupt aller wirtschaftlichen Kräfte, 
und die diese Forderung mit den alten Argumenten der klassischen 
Nationalökonomie zu stützen suchen. Wie in Deutschland, so besteht 
z. B. auch in Rußland eine große Partei, die in der Unterbindung 
des freien Marktverkehrs, in der Unterdrückung der alten Handels
	        
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