Volltext: Stift Hohenfurt vor 120 Jahren und heute, 1882, 11. November

Auf zwei goldenen Säulen ruht der Riesenbau 
der Kirche Christi: auf Frömmigkeit und Wissenschaft 
Beide können ohne einander nicht bestehen. Blind ist 
die Ascese ohne Wissenschaft, leer und hohl die Wissen¬ 
schaft ohne Ascese. »Sunt qui scire volunt, ut sciant«, 
sagt unser heil. Vater Bernhard, »et turpis curiositas 
est. Sunt qui scire volunt, ut sciantur: et turpis vanitas 
est. Sunt qui scire volunt, ut aedificentur: et prudentia 
est. Sunt qui scire volunt, ut aedificent: et charitas est.« 
Der grossartige, durch vierhundert Jahre dauernde Kampf 
der Scholastik und Mystik hat diese Wahrheit aller 
Welt unwidersprechlich klar gelegt. Was aber von der 
Kirche im Grossen gilt, das gilt auch von dem Ordens¬ 
leben im Kleinen. Ein jedes geistliche Haus, wo die 
Wissenschaft und Ascese, wo das scire, das aedificari 
und aedificare nicht gepflegt wird, muss seinem Ruin, 
auch dem ökonomischen und finanziellen, unaufhaltsam 
entgegen eilen. 
Es war daher eine der allerersten Sorgen des 
neugewählten Abtes, die reguläre Disciplin seines Stiftes 
in aller und jeder Weise zu fördern, und vor allem 
andern dem Grundsätze der älteren Orden: Propter 
chorum sumus fundati, seine volle Geltung zu ver¬ 
schaffen, und das Wort unserer heiligen Regel: Operi 
Dei nihil praeponatur, zur Wahrheit und Wirklichkeit 
zu machen. Die Josephinischen Gesetze hatten darauf 
hingearbeitet, das »gesundheitsschädliche« (wie man 
thöricht meinte) Chorbeten abzuschaffen, oder doch ein¬ 
zuschränken. Sie hatten nur das Persolviren der Horen 
und Vespern in choro gestattet. Das Matutinum (oder 
wie wir sagen, die Vigilien) und Laudes mussten pri¬ 
vatim gebetet werden. Die apostolische Visitation des 
f Bischofs von Leitmeritz, Augustin Bartholomäus Hille,
	        
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