Volltext: Stift Hohenfurt vor 120 Jahren und heute, 1882, 11. November

und Disputanten. In unserem Fischerhofe ist ein eigener 
Saal mit solchen Trophäen aus Quirins Zeit ausge¬ 
schmückt. 
Anmerkung. Eine der damaligen Thesen hat 
sich bis heute gangbar erhalten, nämlich: »Datur actus 
indifferens in individuo«, und ihr gerades Gegentheil: 
»Non datur actus indifferens in individuo«. Beide Thesen 
wurden unter Quirins Vorsitz oft vertheidigt. Der Sinn 
derselben ist: Es frägt sich, ob es eine mit Bewusstsein 
und Freiheit vollbrachte Handlung im menschlichen 
Leben gibt, welche weder gut noch böse, sondern 
moralisch gleichgiltig ist. Ja, sagen die Einen, Nein, 
die Andern. »In individuo« heisst: bei einer wirklichen 
menschlichen Person, in concreto et praxi, nicht in 
abstracto et theoria. Die Kirche hat nicht entschieden; 
noch ist der Disput pro et contra frei. 
Wie schon gesagt, disputirte man nicht immer 
pro laurea doctoris, sondern auch, um seine Befähigung 
für eine Lehrkanzel zu erweisen, wozu auch ein min¬ 
derer akademischer Grad hinreichte, der Grad nämlich 
eines Licentiatus oder Baccalaureus. Auf der Sorbonne 
in Paris, der Muster-Universität, unterschied man nämlich 
vier akademische Grade. Der erste und höchste' war der 
eines Doctors oder Magisters; der zweite der eines 
Licentiatus, i. e. licentiam habentis publice docendi in 
academiis. Der dritte war der eines Baccalaureus oder 
richtiger gesprochen Baccalarius formatus, welcher für 
fähig erkannt wurde, zu den höheren akademischen 
Würden zugelassen zu werden; und endlich der vierte 
und mindeste Grad war der eines Baccalarius Cursor. 
Dieser durfte die heilige Schrift erklären, welche Er¬ 
klärung man cursus theologicus nannte. Sprachlich kommt 
das Wort Baccalaureus von bacca, welches jede kleine 
runde Frucht, namentlich eine Beere, bedeutet. Davon
	        
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