Volltext: Briefe

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drückte mich meine moralische Verpflichtung darnieder, und 
ich kann jetzt die materielle mit desto leichterer Heiterkeit erfül 
len, als Sie die moralische von meiner Seele genommen ha 
ben. 
Noch einmal meinen tiefsten wärmsten Dank, daß Sie dort 
nicht verkannt haben, wo Sie das vollste Recht dazu gehabt 
hätten. Mit dieser geistigen Größe haben Sie mir ein Geschenk 
gemacht, das ich nicht genug preisen kann, und das mir wohl 
tun wird, solange ich lebe. Es gibt Kleinode der Seele, die nie 
verlorengehen können, und uns in jeder Not des Lebens einen 
Anhalt gewähren, und diese sind: Anschauung der sittlichen 
Schönheit an andern, des einzigen Dinges, was sich nie ab 
nützt und zum tausendsten Male ebenso entzückt, wie zum ersten 
Male. 
Mit wahrster und tiefster Achtung und Liebe schließe ich dieses 
Schreiben, und möchte es Ihnen nur den tausendstel schönen 
Eindruck machen, wie mir das Ihrige. 
Adalbert Stifter 
An Gustav Heckenast 
Wien, 9. Januar 1845 
Hinsichtlich der Studien kann ich Ihnen sagen, daß die 
Aufnahme, die sie finden, so weit über meine Erwartung geht, 
daß ich oft wie im Traume bin. Sie erinnern sich des enthusia 
stischen Briefes, den wir zusammen lasen, - nun sagen mir äl 
tere, ruhige und verständige Männer fast dasselbe. Auf die ent 
gegengesetztesten Parteien machen sie denselben Eindruck; ich
	        
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