Volltext: Briefe

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rung, die ich aber jetzt nicht sage. So, die Seite ist wieder zu En 
de, ich muß zur Arbeit und küsse nur vorher im Gedanken viele 
tausendmal Deinen geliebten Mund. Bleibe mir nur gesund, 
dann ist alles gut.Lebe für heute wohl. Du liebes liebes Weib. 
Esse nur nicht zu viel Obst, und vorzüglich hüte Dich vor 
Melonen, daß Du nicht krank wirst. Ich bitte Gott um nichts, 
als daß er keins von uns vor der Zeit sterben läßt, damit das 
andere nicht den ganzen langen öden Weg allein gehen müsse, 
der ihm noch im Leben übrig ist. Ich sehe wohl rings um mich 
herum, wie Menschen ihre Eltern, Geschwister und Freunde 
vergessen, wenn sie gestorben sind, aber ich kann es mir nicht 
denken, daß ich Dich je vergessen könnte; denn Du glaubst 
kaum, wie öde und langweilig die ganze Wohnung um mich 
herum ist, und wie zähe die Zeit dahin geht, und wie schal selbst 
die Sachen sind, die ich mache, weil ich eben nicht mit Leib und 
Seele dabei bin, sondern immer einen Teil davon an der türki 
schen Grenze habe. Ich lasse Dich in Zukunst gewiß nicht mehr 
fort, wenn ich nicht selber mitreise. Ich gedenke, mich doch ein 
paar Tage beim Bruder aufzuhalten, damit es nicht heiße: 
grüß Gott und leb wohl, wir müssen doch etwas mitein 
ander plaudern, daß wir uns ein wenig kennenlernen. Dann 
setzen wir uns miteinander auf das Dampfboot und fahren 
langsam den schönen Donaustrom aufwärts dem schönen Wien 
zu 
Lebe recht wohl, grüße Schwager und Schwägerin auf das 
herzlichste und sei versichert, daß ich ewig bleibe 
Dein Dich liebender Gatte Ad. Stifter
	        
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