Volltext: Kleiner Kriegs-Kalender für das Jahr 1918 (1918)

Htt der Bmfista 
sie 
tw 
uti 
Geschichtliche Skizze von Anton Schelle. 
ra 
(Nachdruck verboten.) 
Ul 
Es war im Jahrs 1813. 
!. 
K 
P 
6 
In den Straßen Warschaus wogt buntes Leben und ge- K 
schäftigss Treiben. Am hochgewölbten Fenster eines großen 
Kötels steht ein deutscher Offizier; er ist einer der wenigen, welche g 
von dem sioizem Riesenheere Napoleons übriggeblieben und üi 
dem Tode auf den Schnee- und Eisfeldern von Rußland ent- 
ronnnen find. 
Mißmut liegt inseinen Zügen; Derstimmnng ist überfein w 
ganzes Wesen ausgebreitet. K 
Man sollte glauben, daß Freude ihn beseelen müsse, da U 
er ja zu den glücklichen 30.000 zählt, welche die schöne Keimst h 
wiedersahen, und dennoch ist sein Kerz verstimmt und traurig. 
Finster und verächtlich gleitet sein Blick über das Gewoge v 
unten in den Straßen hin. Seit seiner Rückkehr aus dem Feld- st 
zuz des Winters 1812 sieht er in den Menschen keine Menschen fj 
mehr; halte er in ihnen vorher das edelste Geschöpf und Got- r 
ies lichtes Ebenbild erblickt, so sind sie jetzt in seinen Augen 
zum wilden Tiere, ja tief unter dieses herabgesunken. Schwer x 
hebt sich feine Brust. Mit wehmütigem Zuge im hageren Ge- e 
sichte tritt er von den Gardinen zurück, und durchmißt mit >. 
schweren Schritten einigemale kopfschüttelnd, die Künde auf dem 
Rücken, den teppichbelegten Salon. Dann wirft er sich mit i 
einem tiefen Seufzer aus den grüngepolsterten Fauteuil nieder z 
und stützt gedankenschwer die hohe Stirn auf die breite Lehne. 
Wie schon so oft ersteht auch jetzt vor seinem Geiste wie- , 
öerum das Schreckensbild des 28. November 1812 in seiner i 
ganzen Käßlichkeit. ! 
Die Überbleibsel der von Gottes Kand geschlagenen Armee I 
sollten mit Anbruch dieses Tages dis' Beresina überschreiten. 
Kaum lichteten die ersten Strahlen der schwachen Winter- I 
sonne die dichten Nebel des schrecklich kalten Tages, als man 
im Lager aus nächster Nähe ein Regiment Kosaken mit auf¬ 
geschwungenen Säbeln auf ihren wilden Pferden anschwärmen 
sieht. Bei ihrem Anblick kommt reges Leben in die vor Kunger 
und Kälte starren Glieder der Soldaten, doch nicht, um sich des 
Feindes zu erwehren, sondern um ohne Disziplin und Ordnung 
der Beresina zuzueilen.
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.