Volltext: Kleiner Kriegs-Kalender für das Jahr 1917 (1917)

Mannschaft gelang es, das nahe Unglück abzuwenden. Glück¬ 
licherweise war das Wasser aber seicht, so daß das Fahrzeug 
bald festsaß. 30 Meter Tiefe zeigte der Registrierapparat an, 
also noch nicht einmal die volle reguläre Tauchtiefe. Und das 
war der Eingeschlossenen Glück. Ernst Freymuih hatte die Sach¬ 
lage mit der Getstesgegenwärtigkett des Menschen, der zu äußer¬ 
ster Disziplin erzogen ist, sofort überschaut. 
»Klar bet Tauchretler!" kommandierte er mit sicherer Stimme 
und griff als letzter selbst nach dem Rettungsapparat, der Nase, 
Mund und Augen tust- und wasserdicht abschloß und in einem 
Sacke ein größeres Quantum Sauerstoff einschloß. 
»Los, Iungens!" Und das Bodenventil wird geöffnet. 
Dunkles, gurgelndes Wasser dringt mit großer Vehemenz in 
den Raum ein, die Insassen höher und höhen umspülend. Da 
wurden mit der letzten Krafianwendung die Lucken im Ober¬ 
teile des Bootes aufgerissen, eine selbsttätige Auftriebsboje wird 
hinausgelassen und mit ihrem Tauende am Schiffe verankert, 
und im nächsten Augenblicke entsteigt schon einer nach dem 
andern dem Gefängnis und treibt, die Künde fest am Tau, mit 
kräftigen Fußbewegungen langsam in die Köhe, dem grünen, 
lockenden Lichte zu, das fahl in die oberen Wasserschichten fällt. 
Furchtbar ist dieser einzige Ausweg, aber in ihm ist auch die 
einzige Koffnung der Schiffbrüchigen lebendig, und so wird das 
äußerste gewagt und das schwerste überwunden. Der Kom¬ 
mandant war als letzter seinem Schiffe entstiegen. Was rings 
um ihn geschah, das erkannte er bald nicht mehr. Das Waffer, 
das betäubend um feine Ohren brandete, die grüne, giftige Flut, 
die ihn durch die Schutzbrille tückisch umlauerte und sich vor 
seinen wirren, gepeitschten Nerven zu unzähligen Fratzen ver¬ 
zerrte, steigerte die Arbeit seiner Nerven zur Bewußtlosigkeit 
und raubte ihm alle Besinnung.- 
Mehrere Stunden später erwachte Ernst Freymuth in einem 
behaglichen Federbett. Ein holländischer Dampfer hatte den 
Schiffbrüchigen, der in der Schwimmweste planlos auf dem 
Wasser trieb, aufgefischt. Er wollte sich aus seinen Kissen auf¬ 
richten. aber die Glieder versagten ihm den Dienst. Da fühlte 
er, daß seine Stunde geschlagen habe. — 
Mit ängstlich fragender Geste tasteten die Künde ins Leere 
und zu den fremden Seeleuten hinüber, die ergriffen und schweigend 
fich um die Lagerstatt gruppiert hatten. 
»Meine Iungens-!“ Er hauchte es mühselig wie 
unter einer schweren Last. Der Kapitän verstand ihn. 
»Wir haben sie alle gerettet,-seien Sie beruhigt, 
Kerr Kamerad!"
	        
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