Volltext: Kleiner Kriegs-Kalender für das Jahr 1916 (1916)

Nachlgelpenlter. 
Skizze von L. Mango. 
(Nachdruck verboten). 
So wie er sich auf das Ruhebett geworfen hatte» mit 
den schweren, beschmutzten Stiefeln an den Füßen, den Waffen- 
rock Kaum aufgeknöpft, war Kauptmann Oehlers eingeschlafen. 
Die ungeheuren Märsche der letzten Tage, der Siegesjubel, die 
tolle Jagd hinter dem fliehenden Feinde, der Einmarsch in 
das unterworfene, fremde Gebiet, all das hatte die Kompagnie 
Tag und Nacht in Atem gehalten. Aber nun forderte endlich 
die Natur ihr Recht. Man hatte das große französische Dorf 
als Nachtquartier erwählt. Es schien wie ausgestorben, von 
den Bewohnern völlig verlassen. Die Dunkelheit brach schnell 
herein, und plötzlich fielen wieder Schüsse aus den leeren Käufern, 
nicht zur Ueberraschung der Deutschen, die diese Niedertracht 
jetzt schon erwarteten. Die Schüsse richteten keinen Schaden 
an, aber die Gutmütigkeit der Preußen war erschöpft: aus 
der Gegend, aus der die Schüsse erfolgt waren, flammten bald 
lodernde Brandfackeln gegen den blauen Nachthimmel. Die 
schreienden, sich heftig wehrenden letzten Bewohner des Dorfes, 
die man nun aus ihren letzten Schlupfwinkeln aufgestöbert 
hatte, befanden sich bald in sicherem Gewahrsam, trotz ihrer 
Versicherungen, daß aus ihrer Mitte nicht geschossen worden 
war, sondern die Schuldigen in den nahen Wald geflüchtet 
seien. Kauptmann Oehlers ließ die ganze Bande, es mochten 
an die dreißig Menschen sein, Männer und Weiber, im Sou¬ 
terrain des Kaufes, in dem er selbst sein Nachtquartier auf¬ 
geschlagen hatte, unter fester Bewachung einschließen. Morgen 
wollte man die ganze Sache weiter untersuchen — morgen! 
Keule mußte endlich Ruhe werden, seine braven Kerle hatten 
sich ein paar Stunden Schlaf ehrlich verdient. Und er selbst 
wahrlich auch. 
Seit er in diesem verdammten Land herummarschierte, 
war er wie aus den Fugen gerückt. Nicht etwa, weil die 
scharfen Gefahren und Strapazen seinen stählernen Nerven 
etwas anhaben konnten, nein! Daß der tückische Zufall ihn 
gerade auch hierher führen mußte, in die Gegend von Metz, 
die er so gut kannte, daß jeder Name, jeder Weg hier Er¬ 
innerungen in ihm erweckte, die er längst vergessen glaubte! 
Durch diese blühenden, jetzt so traurig verwüsteten Felder war 
er aus seinem Rade gesaust, jung, selig und toll verliebt in die
	        
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