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Me wir das stolze Lüttich nahmen.
Die Siegesbeute war groß. Kn Gefangenen wurden rund
4000 Mann abgeführt; dem größeren Teil der Besatzung war es
gelungen, gegen Namur abzuziehen. Dagegen ging der Wert der
erbeuteten Waffen in die Millionen. Lüttich ist nämlich Hauptplatz
der großen belgischen Waffenindustrie. Ebenso wurden riesige Lager
von Benzin und Rutomobil-Gebrauchsgegenständen erbeutet, die für
die Franzosen aufgestapelt worden waren. Buch der Lütticher
Kriegsschatz von 5Va Millionen Franken fiel in unsere Hände, von
den Waffenfabriken und Stahlwerken wurden die größten sogleich
auf deutsche Rechnung wieder in Betrieb gesetzt und sie arbeiten
jetzt für das deutsche Militär. Die Festungswerke wurden aufge¬
räumt und von neuem in Verteidigungszustand gesetzt, aber mit
deutscher Gründlichkeit, sodaß ein etwaiger Feind sich daran die
Zähne ausbeißen würde.
Der Jubel in Deutschland war groß und berechtigt. Wir, die
wir diese heiligen Schauer der Freude erleben dursten, werden den
Eindruck nie vergessen, den diese Nachricht überall hervorbrachte.
Im Krieg von 1870/71 hatte es drei Wochen gedauert - von der
Mobilmachung an gerechnet - bis der erste große Schlag fiel. In
diesem gegenwärtigen Weltkrieg brachte schon die erste Mobil¬
machungswoche eine wichtige Entscheidung. Die ganze Welt staunte
über dieses Zeugnis deutscher Grganisationskraft. Die Feinde aber
tobten und wollten es nicht wahr lassen, was doch bittere Tatsache
war. Noch nach drei Wochen wagten führende englische und fran¬
zösische Blätter ihren Lesern das Märchen von dem „unbezwungenen
Lüttich" vorzutragen, poincare verlieh der Stadt mit einer theatra¬
lischen Gebärde das Großkreuz der Ehrenlegion.
So war denn Lüttich über Nacht wieder deutsch geworden.
Wieder deutsch; denn Lüttich war von seiner Gründung an
(um 720) bis zum Frieden von Lüneville (1794), also über tausend
Jahre, deutsch gewesen. Dann wurde die Stadt zum französischen
Departement der Gurthe geschlagen. Durch Beschluß des Wiener
Kongresses kam sie 1815 an die vereinigten Niederlande und durch
die Londoner Konferenzen von 1830/31 zu Belgien, hoffentlich bleibt
die Stadt jetzt für ewige Zeiten beim starken Deutschen Reich. Die
„Todspringer von Lüttich" sollen nicht umsonst geblutet haben.
Sehen wir uns noch einen Rugenblick die führenden Männer
auf beiden Seiten an.
Der Sieger von Lüttich, General Emmich, ist 1848 zu
Minden in Westfalen geboren, mithin 66 Jahre alt. 1866 trat
er als Fahnenjunker in das Heer ein, wurde 1868 Leutnant und
verdiente sich 1870 als Bataillonsadjutant das Eiserne Kreuz II. Klasse.
1880 wurde er Hauptmann, 1894 Kommandeur eines Jägerbataillons.