Volltext: Von Lüttich über Namur nach Maubeuge

Wie wir das stolze Lüttich nahmen. 
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brav prussiens — brav prussiens — pardon!“ Ich steckte den 
Revolver rasch ein und kniete bei dem Geängstigten nieder: „Be¬ 
ruhigen Sie sich, mein Kamerad! lvir sind deutsche Sanitätssoldaten 
und wollen Ihnen helfen!" Das schien ihm etwas nie vermutetes. 
In seinen Bugen leuchtete es dankbar auf, und ebenso flüsterte er: 
„Brav prussiens — brav prussiens —!“ Ich beruhigte ihn noch 
einmal, und dann hoben wir ihn auf, trugen ihn auf den Rasen 
und legten ihn dort nieder, wo er uns mit einem schmerzlichen 
Lächeln seine Wunden zeigte. Erst die beiden Hände. Sie waren 
übel zugerichtet, total zerschossen, mit geronnenem Blute über Und 
über verklebt, aus dem die zersplitterten Knochen hervorsahen. Die 
anderen Wunden an dem heftig mitgenommenen Körper waren uns 
mittlerweile selbst aufgefallen. Über die Stirne hin zog sich eine 
tiefe, blutrünstige Rinne, die von einem Streifschuß herrührte, den 
Stirnknochen verletzt hatte und stellenweise noch blutete. In diesem 
Falle konnten wir dem Bedauernswerten helfen, während wir uns 
an die zerschossenen Hände nicht heranwagen dursten. Während ich 
dem Belgier dies sagte, holte der Rheinländer aus dem Bache Wasser, 
um die Stirnwunde auszuwaschen. Dabei untersuchte ich die anderen 
Wunden. Die linke Schulter war von zwei Schüssen gestreift worden. 
Die hinterlassenen Verletzungen waren nicht bedeutend, obwohl sie 
noch bluteten. Schließlich war dem Brmen noch eine Kugel in den 
Oberschenkel des rechten Beines gefahren und drin stecken geblieben. 
Butzer den zerschossenen Händen konnten wir alle Verwundungen 
in Behandlung nehmen, was wir auch sogleich taten, da noch weit 
und breit keine Sanitätskolonne oder ein Bmbulanzwagen zu sehen 
war. Bei dem verbinden der Schulterschüsse fiel mir aus, daß wir 
es in dem Kranken mit einem Offizier zu tun hatten. Ich fragte 
gelegentlich nach dem Grade und erfuhr, daß er Hauptmann war, 
Franzose von Geburt, auch Angehöriger der französischen Armee- 
jedoch war er vor einem Jahre der belgischen Armee als Instruktor 
zugeteilt worden. Während er mir das erzählte, sah ich im Hinter¬ 
gründe des Feldes kleine Lichter auftauchen, die scheinbar von Ambu¬ 
lanzen herrührten. Ich machte den verwundeten daraus aufmerk¬ 
sam und sagte ihm, daß er bald in ein Lazarett käme. Gr lächelte 
sein liebenswürdigstes Lächeln und flüsterte einmal ums andere: 
„Ob xrand malbeur — brav prussiens—!“ Rach und nach wurden 
seine Worte immer matter, und als wir ihn verbunden hatten, war 
er trotz der heftigen Schmerzen eingeschlafen. Gr hatte sicherlich 
mehrere Nächte nicht mehr geschlafen und mußte sehr müde sein. 
Bis wir mit dem verbinden fertig waren, nahmen wir den Mantel 
des Schlafenden und deckten ihn behutsam zu. Blsdann setzten wir 
Rnsere traurige Suche fort .. ."
	        
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