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Artikel VI der Strafgesetznovelle 1929.
Artikel VI der Strafgesetznovelle 1929 (Bundesgesetz vom 20. De—
zember 1929, B.G.-Bl. Nr. 440) lautet
(0)., Wer wissentlich eine Schrift, Abbildung oder andere Darstellung,
die unzüchtig oder doch geeignet isti, das Geschlechtsgefühl der Jugend
zu überreizen oder irrezuleiten, einer Person unter 16 Jahren gegen
Entgelt anbietet oder überläßt oder, wenn auch ohne Entgelt, auf solche
Weise ausstellt, anschlägt oder sonst verbreitet, daß dadurch der anstößige
Inhalt auch einem größeren Kreise von Personen unter 16 Jahren zu—
gänglich wird, wird, soferne sich darin nicht eine schwerer verpönte straf⸗
bare Handlung darstellt, vom Gericht wegen Uebertretung mit einfachem
oder strengem Arrest von einembis zu drei Monaten bestraft.
») Ebenso wird bestraft, wer wissentlich einer Person unter
16 Jahren gegen Entgelt ein Laufbild vorführt, das unzüchtig oder doch
e ee ist, das Geschlechtsgefühl der Jugend zu überreizen oder irre—
zulseiten.
(3). Im Strafurteile sind die Stücke des Werkes, die den Gegenstand
der strafbaren Handlung gebildet haben, für verfallen zu erklären, gleich—
viel, ob sie dem Verurteillen gehören oder nicht J
) Ist die Verfolgung einer bestimmten Person nicht durchführbar
oder ihre Verurteilung aus Gründen, die eine Bestrafung ausschließen,
nicht möglich, so ist auf Antrag des Anklägers im freisprechenden Urteil
oder durch besonderen Beschluß auf den Verfall zu erkennen. X
Hier handelt es sich also nur um den Schutz der Jugend unter
16 Jahren. Die Begründung im Regierungsentwurf sagt: „Nach der
Auslegung, die diese Bestimmung (nämlich des 8 516, St-G.) durch die
herrschende Lehre gefunden hat, kommen bildliche Darstellungen nur dann
als Mittel zur Verübung dieses Deliktes in Betracht, wenn sie „unzüchtig“
sind, das heißt zum Geschlechtsleben in einer solchen Beziehung stehen,
daß sie entweder erregtem Geschlechtstrieb entsprungen oder zur Er—
regung des Geschlechtstriebes bestimmt sind. Die gesunde physische und
psychische Entwicklung der Jugend wird aber nicht nur durch solche
Darstellungen gefährdet, die einen geschlechtlichen Reiz hervorzurufen
bestimmt sind, sondern auch durch Darstellungen, die — ohne geradezu
der Freude am geschlechtlichen Obszönen zu dienen — objektiv geeignet
sind, das Geschlechtsgefühl der Jugend zu überreizen oder irrezuleiten.
Der Entwurf will daher, — .... Personen, die noch nicht die volle
esceliche Nelfe erlamngt haben, durch eine besondere Strafdrohung
ützen.“
Kommt also 8 516, St.G., in Betracht, so hat Artikel VI nicht An—
wendung zu finden. Gegenstand der strafbaren Handlung können sein:
Schriften, Abbildungen, andere Darsiellungen und Laufbilder. Zum
Tatbestand ist erforderlich, daß diese Gegenstände unzüchtig (aber doch
nicht den Tatbestand nach 8 516 bilden) oder doch geeignet sind, das Ge—
schlechtsgefühl der Jugend zu überreizen oder irrezuleiten. Bei Fest—
stellung des Tatbestandes ist auüch zu unterscheiden, ob es sich um einen
größeren Kreis von Personen händelt oder um einen einzigen Jugend—
lichen unter 16 Jahren, ferner, ob die Tat gegen Entgelt begangen wurde
oder unentgeltlich. U
Absatz 3 enthält die Bestimmungen über die Verfallserklärung. Es
können nur jene Stücke für verfallen erklärt werden, die den Gegenstand
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