Volltext: Geuter's Neuer illustrirter Führer von Meran und Umgebung [41-42]

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Obermais, 
der Winkel weg, nach Südosten abbiegt. Jenseits desselben 
erhebt sich inmitten ausgedehnter Obst- und Weingärten an 
bevorzugter, das ganze Gebiet weit überschauender Stelle 
Schloss Winkel, durch Lage und Umfang einer der schönsten 
Gutsbesitze in Obermais. 
Im Jahre 1366 von Ulrich von Winkl, Kirchprobst von St. Vigil 
und Unserer Lieben Frau in Untermais, an Stelle eines früher bäuer¬ 
lichen Anwesens begründet, gehörte der Ansitz im 16. Jahrh. dem an¬ 
gesehenen Geschlechte der Heyerling und ward 1613 durch Johann 
Eckhart von Rosenberg, früheren Kammerdiener des Landesfürsten Erz¬ 
herzog Maximilian, der seinem bevorzugten treuen Diener 1610 den 
Adelstand verliehen hatte, erworben. Johann Eckhart liess den Bau 
wesentlich erweitern und zu einem stolzen Schloss umgestalten. Nach 
mehrfachem Besitzwechsel kam Winkel durch Kauf an den Meraner 
Bürger Urban Pitsch, der es durch anerkannte Ehrenhaftigkeit, Spar¬ 
samkeit und Geschicklichkeit ohne ererbtes Vermögen vom Kellner 
bis zum Weingrosshändler gebracht hatte und das unter den letzten 
Besitzern halb verfallene Schloss im Innern neu herstellen liess. Der 
bedeutend erweiterte Besitz ging 1837 an seinen Sohn gleichen Namens 
über, unter welchem das Gut zu einer Musterwirtschaft für die ganze 
Gegend ausgestaltet wurde. Nach Pitsch’s kinderlosem Ableben (1867) 
und seiner Schwestern Tod ging der grosse Besitz durch letztwillige 
Bestimmung 1878 auf die jeweiligen Pfarrer von Meran und Mais zu 
ihrer freien Verfügung über. 
Südlich von Schloss Winkel am Winkelweg liegt die 
jüngste Meraner Knranlage, der in schöner Entwicklung be¬ 
griffene Franz Josefs-Park, westlich von diesem an der nach 
Maria Trost führenden, teilweise noch zu Untermais gehören¬ 
den Kaiser Franz Josef-Strasse die Villen der Borodin- 
Stiftung mit einer russischen Kapelle. 
Die Fortsetzung der Karl Theodor-Strasse, der Ober- 
maiser Fahrweg, bringt uns ostwärts zur alten, schon in 
Urkunden des 13. Jahrh. erwähnten St. Georgskirche, einem 
zierlichen Bau mit schlankem Turm. Von dem vorerwähnten 
Besitzer des Schlosses Winkel, Johann Eckhart von Bosen¬ 
berg, stammt die Nebenkapelle, die er sich und seiner Familie 
zum Begräbnis als ein „Bastbettlein“ errichten liess; sie 
enthält ein kleines Altarbild von Melchior Stölzle, die An¬ 
betung der drei Weisen aus dem Morgenland. 
Der vor dem Christuskinde knieende Mann soll das gut getroffene 
Bildnis des Erzherzogs Maximilian sein; man sagt ferner, Joseph trage 
die Züge Johann Eckharts, Maria die Züge seiner Frau Euphrosina 
geh. Pock. Dieses Bild ist bis auf die Porträtköpfe eine Copie eines 
Bildes aus der ersten Hälfte des 16. Jahrh., das sich in der k. k. Ge- 
mäldegallerie zu Wien befindet und statt Erzherzog Maximilians den 
Porträtkopf Kaiser Friedrichs III. zeigt. Am Pfeiler rechts vom Altar 
ist eine Marmorgrabplatte angebracht, in deren Inschrift es u. a. heisst 
„quem Maximilianus amavit ut charam sobolemden Maximilian geliebt 
hat, wie einen theuren Sprössling. Man hat aus dieser Stelle schliessen 
wollen, dass Johann Eckhart ein natürlicher Sohn des Erzherzogs 
gewesen sei. An einem Pfeiler der Kirche und Kapelle das Rosen- 
berg’sche und Pock’sche Wappen in Bronze, an der Wand das von 
Johann Eckhart geführte Panier. 
Geuter’s Meran-Führer. 3. Aufl. 4
	        
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