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Nahe Spaziergänge.
schützen, denen die Bewachung der Weingärten obliegt und die
in ihrer zum Teil noch abenteuerlichen Tracht beim erstmaligen
Anblick einen schreckhaften und zugleich komischen Eindruck
machen. Paul Heyse hat sie in seinen „Meraner Novellen“ treffend
lebendige Vogelscheuchen genannt. Die meist stattlichen, bärtigen
Gestalten macht schon von
weitem ein mächtiger Hut
kenntlich, der über und
über mit Federn, Eichhörn¬
chen- und Fuchsschwänzen
geschmückt ist. Zu der roten
Meraner Weste trägt der Salt-
ner kurze lederne Hosen, die
das Knie freilassen, und über
den wollenen Strümpfen Le¬
dergamaschen bis zum Knö¬
chel. Anstatt der sonst üb¬
lichen Lodenjacke hat er nach
Landsknechtsart ein ledernes
Koller, dessen Ärmel vom
Handgelenk bis an die Ell¬
bogen reichen und von da
aus mit Riemen an der Achsel
befestigt sind, so daß die
weißen Hemdärmel durch-
scheinen. Ein aus Metall-
kettchen und Wildschweins-
hauern gefertigter Schmuck
deckt die Brust. Die Pistole
im breiten gest ickten Leder-
gurt und eine altertümliche
Hellebarde in der Rechten
vervollständigen die Aus¬
rüstung des Saltners, die sich
seit Jahrhunderten gleich ge¬
blieben ist und ein Stückchen Mittelalter in die Neuzeit hinüber
gerettet hat.
Trauben oder Früchte auf fremdem Grund und Boden weg¬
zunehmen, ist dem Spaziergänger auch bei dem Meraner Über¬
fluß selbstverständlich n i*c h t gestatte t. Zuwiderhandelnde
hat der Saltner anzuhalten das Recht und mit einem Pfand von
10 bis 20 li ist es dann nicht mehr getan; sie verfallen der gesetz¬
lichen Strafe.
Ebene und wenig ansteigende Spaziergänge bilden
vor allem die schon erwähnten Anlagen (S. 48f. u. 62),
die sich auf beiden Seiten der Passer bis in die G-ilfSchlucht
hinziehen. An sie schließt sich am linken Ufer als aus¬
sichtsreicher ebener Pfad der Franz-Ferdinands -
Kai an. Bei der Reichsbrücke beginnend, folgt er der