die „Flottenfanatiker" zur Ruhe gebracht würden. Dieses letzte
Arteil, beiläufig bemerkt, ist weit häufiger in Deutschland selbst
als etwa in England gefällt worden.
Aus diesen Auffassungen ergab sich die deutsch-englische Ver¬
ständigungspolitik des letzten halben Jahrzehntes, eine Politik,
welche eben die Annahme zur Grundlage hatte: tatsächlich
trennende Momente zwischen den beiden Völkern und Mächten
seien nicht vorhanden, sondern nur die Nebel eines undurchsichtigen
gegenseitigen Mißtrauens. Diese Nebel zu beseitigen, mußte mithin
bei gegenseitigem gutem Willen möglich sein und ip80 facto zu
einer Verständigung führen, in weiterer Folge zu gegenseitigem
Vertrauen, Zusammenarbeiten auf der Grundlage des Vertrauens
und damit schließlich zu einer annähernd unfehlbar sicheren Garantie
des europäischen Friedens. Denn wie sollte der gestört werden
können, wenn Großbritannien und Deutschland fest und vertrauens¬
voll zusammenhielten!
Diese Reihe von Schlußfolgerungen war an sich richtig.
Was ihnen fehlte, war nur die Tatsächlichkeit der Grundlage,
auf der sie alle errichtet waren, nämlich die Richtigkeit der An¬
nahme, daß zwischen den beiden Mächten Großbritannien und
Deutschland keine Frage läge, die an sich den Grund zu einem
Existenzkriege zwischen den beiden Großmächten rechtfertigen könne.
Eben hier liegt das proton pseudos der gesamten Argumentation:
ein Kriegsgrund bildet für eine Nation, für ein Volk immer
eine subjektive Größe. Das ist besonders auf der deutschen Seite
vergessen worden. Wir erinnern uns der Äußerung einer eng¬
lischen Zeitschrift vor mehr als anderthalb Jahrzehnten. Sie warf
eben in Beziehung auf Deutschland die erstaunte und unwillige
Frage auf: in früheren Jahrhunderten hätten zwei Völker jahre¬
lang um den Besitz einer einzigen Stadt Krieg geführt. And
heute solle man nicht um einen Lande! Krieg führen, dessen
Jahreswert nach vielen Milliarden zählte? Wäre dieses Wort
später, während der Jahre der deutsch-englischen Spannung, im
Deutschen Reichstage vorgebracht worden, so würde der Sprecher
von der Regierung mit Entrüstung dahin belehrt worden sein,
daß man eine einzige Äußerung eines unverantwortlichen englischen
Publizisten nicht einem hochstehenden und edlen germanischen
Kulturvolks zur Last legen dürfe. Außerdem sei ja Deutschland
Großbritanniens bester Kunde, und der britische Lande! würde sich
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