Volltext: England, der Feind [16]

unter die anerkannte Vormundschaft des flottengewaltigen Gro߬ 
britannien gestellt. Schon nach kurzer Zeit zerschlug sich diese, 
auf ungesunden Füßen stehende Freundschaft, deren einziger, durch 
ein merkwürdiges Versagen des gewöhnlichen britischen Scharf¬ 
blickes von uns errungener Vorteil die Insel Helgoland ist. Ihren 
Besitz können wir, beiläufig bemerkt, gar nicht hoch genug an¬ 
schlagen: Ohne Helgoland wäre eine deutsche Flotte, eine wirk¬ 
same Verteidigung unserer Küsten ausgeschlossen. 
Die deutscher: Versuche, teils auf eigene Faust, teils mit Ru߬ 
land und Frankreich positive Weltpolitik zu treiben, erregten bald in 
England Anwillen. Man sah in diesen Versuchen nicht nur eine 
unerhörte Anmaßung, sondern hatte auch das instinktive Gefühl, 
daß hier immer stärker werdende Kräfte nach Betätigung rangen 
und durch elementare Notwendigkeit vorwärts mußten. Dann 
kam die südafrikanische Krisis, in welcher das bekannte Krüger¬ 
telegramm des Deutschen Kaisers auf einmal der erstaunten Welt 
offenbarte, wie das britische Volk in Wirklichkeit dem deutschen 
gegenüber gesonnen war. Man hatte die Explosion eines Schlamm¬ 
vulkans vor sich. Das Telegramm an sich war der willkommene 
äußere Anlaß, nichts mehr. Beiläufig bemerkt, ist dieses Tele¬ 
gramm bekanntlich kein impulsiver Akt des Deutschen Kaisers 
gewesen, sondern von den verantwortlichen Stellen der Reichs¬ 
regierung veranlaßt worden. 
Bald darauf brach der Spanisch-Amerikanische Krieg aus. 
England benutzte diese wie alle Gelegenheiten mit Eifer und 
Geschick, rrm eine möglichst tiefgehende Mißstimmung zwischen 
Deutschland und den Vereinigten Staaten zu säen. Das britische 
Vorhaben gelang in einem bedauerlich großen Amfange. 
Die von vornherein unrichtige, weil nicht auf eine entsprechende 
reale Macht gegründete südafrikanische Politik des Deutschen 
Reiches wurde mit dem Amtsantritte des Fürsten Bülow als 
Staatssekretär aufgegeben. Cs folgten Besprechungen über das 
ebenso geheime wie vielerörterte deutsch-englische Abkommen über 
die Zukunft der portugiesischen Kolonien. Dieses Abkommen war 
symptomatisch für die damaligen britischen Pläne mit Deutschland: 
Man wünschte, besonders angesichts des sich verschärfenden 
britisch-russischen Gegensatzes in Ostasien, in guten Beziehungen 
mit Deutschland zu leben. Man kannte in London den deutschen 
Wunsch nach Erweiterung des Kolonialbesitzes und schloß deshalb 
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