Volltext: Hermann Stegemanns Geschichte des Krieges. Erster Band. (1,1917)

Das Treffen bei Gumbinnen 
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sie vergeblich rechts oder links zu umgehen trachtete und sich davor festgebannt 
sah. Bei Walterkehmen, Gawaiten, Sordehmen und Königsfelde floß das 
Blut der 36. Division, um Grünweitsch und Martischken rang die 35. im 
schwersten Kampf. Der Angriff kam nicht mehr vom Fleck, die Verluste 
häuften sich, aber die Westpreußen dachten nicht daran, zurückzugehen. Sie 
hielten fest. Die Entscheidung lag auf den Flügeln, wo Bewegungsfreiheit 
herrschte. 
Während Mackensen die feindliche Mittelstellung mit den Zähnen 
gepackt hielt, suchten die Flügelkorps die Amfassung durchzuführen. Das 
I. Reservekorps kämpfte bei Kleszowen und Tautschillen, das I. Armeekorps 
ging nördlich von Gumbinnen in der Gegend von Mallwischken vor. Trotz 
der Abermacht gelang es ihnen auch, Boden zu gewinnen, und am späten 
Nachmittag wurden auf dem linken Flügel die russischen Stellungen ge° 
nommen. Die Amfassung begann sich abzuzeichnen. In der Mitte und auf 
dem rechten Flügel dagegen behmrpteten die Russen ihre Befestigungen und 
setzten hier starke neue Kräfte ein, namentlich an Artillerie, deren Abergewicht 
sich erdrückend geltend zu machen drohte. Vor der Mitte der russischen Stel¬ 
lung lagen schon zwei Batterien des XVII. Korps, Bedienung, Bespannung 
und Gerät, vollständig zusammengeschossen. Sie hatten bis zum letzten Mann 
und bis zur letzten Kartusche ausgeharrt. 
Da das XVII. Korps sehr schwer litt und neue feindliche Kräfte auf 
beiden Flügeln im Anmarsch waren und zu weitklafternder Amfassung aus- 
holten, außerdem bestimmte Meldungen über das Auftreten und den Bor- 
marsch der 2. russischen Armee von Prasznpsz und Mlawa auf Soldau— 
Ortelsburg einliefen, also die Rückzugslinie der kleinen deutschen Ostarmee 
schon bedroht erschien, befahl Generaloberst v. Prittwitz am Abend des 
20. August den Abbruch der Schlacht. 
Die Flügelkorps konnten den Befehl ohne besondere Schwierigkeiten 
vollziehen. Das I. Armeekorps trat den Rückzug aus Gumbinnen an, das 
I. Reservekorps ging hinter die Goldap zurück. Als letzte Nachhut kämpfte 
das 1. Reservejägerbataillon und speiste noch am 21. August bei Darkehmen 
das Gefecht. Nicht ohne Gefahr war die Ausführung des Befehls für die 
Mitte, wo das X VII. Korps dicht vor den feindlichen Lauptstellungen festlag, 
zerschossene Batterien und schwer verkämpste Regimenter von der nach¬ 
drängenden Abermacht gelöst und diese zugleich in Schach gehalten werden 
mußte. General v. Mackensen zeigte sich dieser Aufgabe gewachsen. Er 
löste sein Korps in der Dunkelheit und setzte es unverzüglich nach Westen in 
Marsch; es war sein zweiter, aber nicht der letzte Nachtmarsch nach schwer 
durchkämpftem Tage. Grimmigen Mutes zog das XVII. Korps ab; nur 
di« beiden Batterien, die in ihren Feuerstellungen erstorben waren, ein 
Knäuel niedergeschossener Pferde, zerfetzter Protzen, zerstörter Geschütze 
und ruhmvoll in den Tod gesunkener Bedienung, konnten nicht mehr geborgen
	        
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