Volltext: Branntweinwirtschaft und Volksernährung [30]

Schwerer ist es, vom Standpunkt der Nahrungsmittel-Erhaltung, 
aus zu einer festen Stellungnahme den Obstbrennereien gegenüber 
zu kommen. Die Obstbranntwein-Erzeugung ist an sich gering. Dem 
entsprechend hält sich die verwandte Obstmenge in engen Grenzen, 
und auch der Einwand, daß diese nützlicher als Frischobst oder für 
die Marmeladenfabriken verwandt werden könnte, trifft nicht voll zu, 
da es sich hierbei gewöhnlich um Obst von so geringer Güte handelt, 
daß es für diese Zwecke nicht verwandt werden kann. Es würde 
daher Bedenken haben, die Obstbrennerei lahmzulegen, die, in zahl 
losen kleinen Wirtschaften betrieben, für die Wirtschafter vielfach ein 
einträgliches, die Selbständigkeit ihrer Wirtschaft sicherndes Neben 
gewerbe bildet. Doch wird auf der anderen Seite nichts getan zu 
werden brauchen, was die Vermehrung und Vergrößerung dieser 
Betriebe fördern würde. Es fragt sich auch, ob weiterhin eine steuer 
liche Begünstigung dieser Brennereien erwünscht sein kann. Ebenso 
wie beim Kornbranntwein handelt es sich um ein hochwertiges Genuß 
mittel, das steuerlich stark belastungssähig ist. 
Zusammenfassend wird man sagen können, daß vom Stand 
punkte der Ernährungswirtschaft aus eine steuerliche Begünstigung, 
wie sie die Branntweinsteuer-Gesetzgebung für alle landwirtschaftlichen 
und die Materialbrennereien vorsieht, lediglich den landwirtschaftlichen 
Kartoffelbrennereien gegenüber angebracht zu sein scheint. Die Kar 
toffelbrennerei wird auch in Zukunft aufrechterhalten werden müssen. 
Dafür spricht neben ihrer Bedeutung für die Landeskultur auch die 
Rücksicht auf den Bedarf. Dieser ist bei den bisherigen Be 
trachtungen ganz außer acht gelassen worden. Der Möglichkeit, die 
Brennereien einzuschränken, steht die Notwendigkeit entgegen, 
den Bedarf an Branntwein zu befriedigen. Nun mag es 
zwar möglich sein, den Verbrauch gegen den früheren Friedensver 
brauch einzuschränken — hat man doch im Frieden den Absatz von 
Spiritus zu technischen Zwecken künstlich anregen müssen, um den 
Markt für Spiritus genügend aufnahmefähig zu machen —, gewaltige 
Mengen werden auf jeden Fall zur Befriedigung der Nachfrage 
unentbehrlich bleiben. Daran wird zunächst auch die gerade im 
Kriege in Aufnahme gekommene Gewinnung von Spiritus 
aus Ersatzstoffen wie Sulfitlaugen, Holz und Karbid nichts Wesent 
liches ändern. Es wird noch lange Zeit vergehen, bis aus diesen 
Stoffen so große Mengen hervorgebracht werden, daß die Branntwein 
herstellung aus landwirtschaftlichen Erzeugnissen entbehrlich wird, ganz 
abgesehen davon, daß man nicht wissen kann, ob sich nicht in Zukunft 
neue Verwendungsmöglichkeiten für Spiritus ergeben werden.
	        
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