Volltext: Branntweinwirtschaft und Volksernährung [30]

die Gefahr, daß durch diese Ausdehnung der Kartoffelverarbeitung 
den süddeutschen Verbrauchern — die in Frage kommenden Betriebe 
liegen fast durchweg im Süden und Westen — große Mengen 
Speisekartoffeln entzogen wurden, ohne daß es möglich war, den 
erzeugten Kartoffel-Branntwein seiner eigentlichen Bestimmung, 
nämlich der technischen Verwendung, zuzuführen. 
Es ergab sich aber noch die weitere Folge, daß größere Ab 
findungsbrennereien, die mehr als 10 Hektoliter erzeugten und 
demnach dem Ablieferungszwange unterworfen waren, sich diesen: 
dadurch entzogen, daß sie mit ihrer Produktion ebenfalls auf 
10 Hektoliter hinuntergingen. Denn während durch die Ablieferung 
von 30 Hektoliter Alkohol (d. i. die obere Grenze der Abfindung) 
an die Spiritus-Zentrale vielleicht einige hundert Mark verdient 
wurden, konnten durch die Selbstverwertung der 10 Hektoliter Alkohol 
als Trinkbranntwein mit Leichtigkeit ebensoviel Tausende von Mark 
verdient werden. Es rührte dies daher, daß versteuerter Brannt 
wein damals mit 1200 bis 1400 Mark das Hektoliter bezahlt 
wurde. 10 Hektoliter Trinkbranntwein, in einer Kleinbrennerei 
erzeugt, waren also 12 000 bis 14 000 Mark wert, während die 
Herstellungskosten einschließlich Verbrauchsabgabe, selbst wenn man 
bei Kleinbetrieben schlechte Ausbeuten annimmt, 1500 bis 2000 Mark 
ausmachten, sodaß ein Reinverdienst von 10 000 bis 12 000 Mark 
übrig blieb. Dagegen betrug gleichzeitig der Abschlagspreis für 
(unversteuerten) Branntwein derjenigen Brennereien, die mit einer 
Erzeugung von über 10 Hektolitern ablieferungspflichtig waren, nur 
78 Mark das Hektoliter. 
Um sich gegen diese Folgen zu schützen, wurde durch die Be 
kanntmachung vom 26. Oktober 1916 (N.G.Bl. L>. 1198) die Ver 
arbeitung von Kartoffeln in den Kleinbrennereien verboten. 
Doch erwies sich diese Maßnahme als nicht sehr glücklich, da sie, 
roh und schematisch, wie sie war, nicht die Bedürfnisse einer großen 
Anzahl von Kleinbrennereien berücksichtigte, die aus rein wirtschaft 
lichen Gründen eine Aufrechterhaltung des Betriebes erforderten. 
Es war daher notwendig, zugleich mit dem Erlaß des Verbotes, 
Kartoffeln zu brennen, die Möglichkeit seiner Durchbrechung zu 
geben, indem bestimmt wurde, daß besondere wirtschaftliche Bedürf 
nisse, insbesondere der Viehhaltung, soweit ihre Befriedigung in: 
öffentlichen Interesse läge, die Zulässigkeit von Ausnahmen begründen 
konnten. Von dieser Möglichkeit wurde in so weitgehendem Maße 
Gebrauch gemacht, daß das Kriegsernährungsamt wiederholt dagegen 
Einspruch erheben mußte. Das Kriegsernähningsamt befand sich
	        
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