Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

J. 1823 enthält die Namen der Inhaber der Harether 
Familienstellen u, zw.: 
Marcus Gottlieb, 
Nathan Hirsch, 
Josef Hirsch, 
Beer Herschmann, 
Jakob Herschmann, 
Salomon Langer, 
Jakob Langer, 
Moisés Langer, 
Nathan Langer, 
Nathan Langstein, 
David Löbl, 
Abraham Löbl, 
Karl Steinhardt, 
David Taussig, 
Juda Wolf, 
David Wolf. 
(Nachkommen dieser Familien leben noch zum Teil 
in B.) 
Einige derselben wurden von Stranitz nach H. 
transferiert, da ersteres auch zur Gutsherrschaft des 
F. X. Glaser v. Glasersberg gehört hat. 
Die Häuser, in denen die Juden wohnten, die auch 
heute noch in H. die „Judenhäuser" genannt werden, 
sind auf Bauerngrund erbaut worden (also nicht auf 
herrschaftlichen) und gehörten ehemals zum landtäf- 
lichen Gute. Die Herrschaft hatte, als sie die Juden 
ansiedelte, die bäuerlichen Besitzer mit anderweiti¬ 
gen Gründen entschädigt. ,Diese Judenhäuser befin¬ 
den sich in H. einmal am nördlichen Eingange des 
Dorfes an der Triebschitzer Straße als NC. 26, 38, 
39, 40, 41, 42, 43, 44, 47, 48, 52. Das Haus NC. 54 
war ehemals der Tempel, der seit 1817 daselbst be¬ 
stand. Dann stehen aber auch am westlichen Ein¬ 
gange des Dorfes, an der Holtschitzer Straße gegen¬ 
über dem ehemaligen herrschaftl. Bräuhause solche 
Judenhäuser als NC. 33, 34, 35, 36, 50, 51 und am 
Dorfplatze als NC. 22/37. 
Was die Judenfamilien, die einstens in H. lebten, 
betrifft, so seien diese hier auch dem Harether 
Grundparzellenprotokoll vom J. 1842 genannt, u. zw. 
als unbefelderte Häusler: in NC. 22/37 Nathan Wolf, 
NC. 26 Josef Hirsch, NC. 34 Ephraim Hirsch, NC. 35 
Jakob Löbl, NC. 36 Simon Gottlieb, NC. 38 Jakob 
Langer, NC. 39 Moisés Langer, NC. 40 Abraham Löbl, 
NC. 41 David Taussik, NC. 42 Karl Steinhardt, NC. 
43 Jakob Herschmann, NC. 52 Salomon Langer, NC. 
51 Israel Langer, NC. 44 Salomon Langer, NC. 47 
Jakob Wolf, NC. 50 Moisés Wolf u. a. 
An die Harether Herrschaft hatten die Juden als 
Schutzgeld 18 Gulden pro Familie jährlich zu zahlen. 
Im J. 1861 gab es laut amtlicher Statistik in H. 
109, in B. 15 und in Kummerpursch 3 Ju¬ 
den, die eine eigene Synagoge in H. besaßen. (Die¬ 
selbe wurde 1817 erbaut.) K. Y. war damals Ben¬ 
jamin Löbl, als Lokalrb. fungierte Markus F iirth 
in Eidlitz, als Kreisrb. David Pick in Tepiitz. Einen 
eigenen Friedhof hatten die Juden in Hareth nicht. 
Sie bestatteten ihre Toten auf dem jüdischen Fried¬ 
hof in Eidlitz bei Komotau. Die hauptsächlichste 
Beschäftigung der Harether Juden war der Handel 
mit Federn, Wolle und Häuten. Es gab schon da¬ 
mals unter ihnen wohlhabende Familien. Solange in 
B. noch keine Betstube bestand (s. w. u.), pflegten die 
dort ansässigen Juden an Sabbat- und Festtagen nach 
H. in den Tempel zu gehen. Um das J. 1870, nachdem 
die meisten jüdischen Familien ihren Wohnsitz nach 
B. verlegt hatten, wurde der Harether Tempel auf¬ 
gelassen, später verkauft und ist heute ein Privat¬ 
haus (NC. 54). (Edgar Balling, Die Harether Juden, 
Brüxer Zeitung, 14. V. 1929.) 
In dem zum Brüxer Bezirk gehörigen Dorfe 
KOLOSORUK (c. Korozluky) 
gab es ebenfalls um die Mitte des vorigen Jhts. viele 
Juden, die ihr eigenes Bethaus und sogar eine 
„Lauberhütte" besaßen20). Sie unterstanden dem 
Lokalrb,, der Synagoge und dem K. V. in PosteL 
berg21). Es waren meist Vieh- und Federnhändler, 
auch Hausierer, die später zu Wohlstand gelangt sind. 
Schon in den 90 er Jahren des 18. Jhts. wohnte in 
Kopitz b. B. eine jüdische Familie: Markus Mayer, 
Pächter des Kopitzer Branntweinhauses, von Tisch - 
nowitz, Weitentrebetitscher Herrschaft, Saazer Kreis, 
gebürtig. In Kummerpursch, das zur Herrschaft 
Kopitz gehörte, lebte damals der „Schutzjud" Jakob 
Popper, von Swinarz (Rakonitzer Kreis) gebürtig, 
samt Familie, in Seidowitz der aus Suczawa stam¬ 
mende Branntweinpächter und Bestandjud Abraham 
Taussig mit Familie 22). 
Einer der ersten Juden, die sich schon vor dem 
J. 1848 in B. ansässig gemacht hatten, war Leopold 
Mendel aus B i 1 i n, der am 1. August 1839 einen 
Branntweinschank in Nr. 82 eröffnete und das erste 
Haus (die jetzige „Marienapotheke„) um 8000 fl. er¬ 
warb 28). 
Nach dem J. 1860 begannen die auf dem flachen 
Lande wohnenden Juden in die Stadt zu ziehen. Im 
J. 1861 gab es, wie bereits erwähnt, laut amtlicher Sta¬ 
tistik 15 Juden in B., welche die Synagoge in H. be¬ 
suchten. 
B. war zu jener Zeit ein mehr Ackerbau treibendes 
Landstädtchen mit ca. 6000 Einwohnern. Die Juden, 
welche sich hier ansiedelten, betrieben zumeist Ge¬ 
treide- und Yiehhandel. Jüdische Handwerker gab es 
wenige. Advokaten, Gerichts- und politische Beamte 
waren damals überhaupt keine Juden. Der erste 
jüdische Arzt in B. war der spätere K. Y. Med. 
Dr. Moritz Glaser, der am 25. Oktober 1864 von 
H ., wo er früher die ärztliche Praxis ausübte, nach 
B. übersiedelt war24). Während die J. G. in den Dör¬ 
fern H., Lischnitz und Kolosoruk infolge Abwande¬ 
rung immer kleiner wurden, so daß nur selten Min¬ 
jan zusammenkam, nahm die Zahl der Juden in B. 
mit der fortschreitenden Entwicklung der Stadt stetig 
zu. Es wurde in den 60 er Jahren ein B. V. gegründet 
und eine Betstube eingerichtet, die sich anfangs in 
der Sterngasse (früher Judengasse) später in der 
Fleischbankgasse befand. Die Torarollen und sonsti¬ 
gen Tempelgeräte wurden von den aufgelösten Ge¬ 
meinden übernommen. Der bis zum J. 1868 ohne 
feste Grundlage bestandene B. V. in B. erhielt in 
diesem Jahre staatlich genehmigte Statuten, und nun 
mußte, da die Gemeinde im Wachsen begriffen war, 
die Erbauung eines Tempels in Angriff genommen 
werden. Schon am 30. September 1867 erwarb die 
Gemeinde den Baugrund 25) ; doch erst am 24. August 
1872 wurde der Grundstein zum heutigen Gottes¬ 
hause gelegt, das am 22. September 1873 eingeweiht 
wurde. Der damalige Kreisrb. von Tepiitz Dr. Sachs 
hielt die Festrede. 
In der Zeit eines Menschenalters hat sich die K. G. 
in B. zu einer der angesehensten jüd. Gemeinden Böh¬ 
mens entwickelt. Sie umfaßt die Gerichtsbezirke 
Brüx, Oberleutensdorf und Katharinaberg und zählt 
gegenwärtig 315 Familien mit ca 1000 Seelen. Das 
noch jetzt geltende Statut datiert vom 16. März 1896. 
Rabbiner : 
1. Dr. Alexander Kisch (1874—1877), später in 
Zürich, Jungbunzlau und zuletzt Rb. der Meiselsyna- 
goge in Prag. 
2. Dr. Josef Samuel Bloch (1877—1879), später 
Rb. in Floridsdorf bei Wien, seit 1883 Herausgeber 
der „österreichischen Wochenschrift44, gest. 1923. 
Brüx 3 
72
	        
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