Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

dung Loksc h ans folgendes: Im J. 1562 gestattete 
Ferdinand von Loksohan den Bìfeznitzer Juden deren 
Ansiedlung in einer eigens für sie gegründeten Vor¬ 
stadt, welche his heute noch den Namen „LoMany" 
führt. Die Juden mußten der Herrschaft im J. 1586 
alle zusammen ein Pfund Pfeffer abliefern* 
Das Haus C.-Nr. XXII (Besitzer H* Adolf Weil) 
bewohnte einer Tradition gemäß die Geliebte des Erz¬ 
herzog Ferdinand, die schöne Philipine Welser, wel¬ 
che hier bei ihrer Tante, der Frau Katharina von 
Lokschan, weilte. Dieses Haus, welches sieh unmittel- 
bar beim Eingänge in die Judenstadt befindet und 
noch heute, nach öfteren Umbauten, große gewölbte 
Räume besitzt, war früher mit einer Reihe bunter 
Wappenschilder verziert. Unverstand und Pietät- 
losigkeit haben diesen Schildern eine schmutziggelbe 
Tünche aufgetragen, doch selbst unter dieser Tünche 
sind die großen Wappenfelder leicht zu erkennen. 
Einer Mitteilung des Gutsdirektors N e v r 1 a zufolge 
verfiel dieses Haus mit samt dem übrigen Vermögen 
der Güterkonfiskation (nach dem erwähnten unglück¬ 
lichen Ausgange der Schlacht am Weißen Berge), 
doch wurde den Brüdern des Inculpators, dem Wen¬ 
zel und Georg von Lokschan, nach einem langen Pro¬ 
zesse ein Teil des Barvermögens ausgefolgt. Dieses 
Geld setzte die Brüder in den Stand, das Elternhaus 
in L. auszulösen. 
Das Haus C.-Nr. XV (Besitzer J. B 1 á h a) ist an 
seinen beiden Fronten mit schönen Bildern verziert, 
in deren Mitte sich eine präzise Sommer- und Winter- 
Sonnenuhr befindet. Erwähnungswert ist auch seiner 
schönen Barockbauart wegen das Haus C.-Nr, XL 
(Besitzer Skrivánek, früher S 1 a n s k y). Hier 
waren früher die Repräsentationsräume der J, G.; 
jetzt ist hier die Bezirkskrankenkasse untergebracht. 
Links davon, ehemalige C.-Nr. IX, ist eine Brand¬ 
ruine, auf deren Grund eine neue Kommunikation ge¬ 
plant ist. Es sind dies die Reste des ehemaligen Fa- 
milienhauses der in L. noch heute ansässigen, sehr an¬ 
gesehenen Familie Lederer. Hier fand bei seinen 
Verwandten im J. 1848 der Dichter Moritz H a r t- 
ni a n n Unterkunft auf seiner Flucht von Dulnik 
nach Leipzig (Mitteilung des H. Dir. Julius Lederer), 
Im Hause C.-Nr. XIV (Besitzer S teine r, früher 
Z u z a k) war eine Ko scher-Garküche, wo sich haupt¬ 
sächlich alle jüdischen Reisenden und Marktbesucher 
verköstigten. Hier fanden auch die Hochzeitsfeste 
und die so seltenen Freuden- und Festgelage des 
alten Ghetto statt. Durch das Haus C.-Nr. XII gelan¬ 
gen wir auf die Poricer Landstraße oder auch „Za 
¿idy66 (hinter der Judenstadt). Unweit von hier, in 
der Nähe der neuen Mühle, jetzt eine stillgelegte 
Kunstbutterfabrik, liegt der altehrwürdige jüd. Fried¬ 
hof, der, obwohl in der Nähe der Landstraße gele¬ 
gen, doch nicht unmittelbar von dieser, sondern ab¬ 
seits, von einem Feldwege aus, zugänglich ist. Die 
Mauer ist an der dem Flusse Vlcavka zugekehrten 
Seite durch ein Gittertor unterbrochen. Der Friedhof 
ist gleichen Alters wie die Breznitzer J. G., doch 
wurde er im J. 1745, in der Zeit der Juden Vertrei¬ 
bung aus Böhmen unter Maria Thereia, derart de- 
vastiert, daß in dem südlichen Teil des Friedhofes 
aneli nicht ein Grabstein und Hügel verblieb. Der 
nördliche Teil des Friedhofes ist derart angelegt, daß 
sich links eine weite Fläche alter, nur schlechter Cra¬ 
ni tplat ten, hebräischer, rechts der 99moderne*' Teil 
mit mehr oder weniger großen, Marmorpyramiden in 
deutscher, seit: dem J, 1864 in ëechiseher Sprache 
.befinden. In. der Mitte der zum Fluß gekehrten. Wand, 
ist; eine kleine Leichenhalle, welche einen, in kehr, 
und ceeift. Sprache ■verfaßten Spruch. „Vom Staube — 
zum Staube** trägt. Von den hier Beerdigte.» sei vor 
allein erwähnt: tier Primas der ¡lóltuiìseheit Lumie* 
judensehafl Wolf P o \\ |i e r und dessen Familie« 
angehörten. Auf der ältesten Katastrilkarte der 
jFriedhof (Älter Teil) 
Herrschaft EL (v. J. 1731) befinden sieh 114 christl» 
und 22 jüd. Häuser und auch, der »JuBen-Freydhof** 
mit der angrenzenden Í lütte „Na Gampulce". I Mese 
Namensbezeichnung ini heute im Orle selhni nube 
kannt, wohl aber (nach. Angabe de« II. Direktor IV«1- 
vrla) der Name „Kroupovrtafür jenes Anweien. 
Die Fehler, welche an den Friedhof seif wart* zum 
FI usee zu angrenzen, weisen zahlreiche. Hügel und 
Gruben auf,. Es sind das Ueste der ein«! inleiini* lie 
triebenen Goldwäscherei. Die Nähe einer jüd. Siede' 
lung bei einem solchen Betriebe ist beachtenswert, 
neil wir ja wissen, daß dien Juden der Aufenthalt in 
jenen Zeiten in den sog» Bergstiitten streng verholen 
war. Auf den non liegendem Fehlen» finden, sich 
häufig Scherben von. Urnen, was gleichfalls auf ein 
holies Alter der hiesigen Arnried lung hinweist. 
Zum Hause C.-Nr, I Lokschau (Inhaber H. Moritz 
Popper) gehörte auch • laut Angabe im Sditi l- 
direktor Koui — ein Feld auf der unweit gelegenen, 
jetzt bewaldeten Anhohe „Vit dee" (»Weitibi*rw*'k ) 
in. der Itiehfung gegen Milin. Die ältesten Bewohner 
von ß. erinnern sieh nicht, daß liier Wein gepflanzt 
worden wire., weil ja die hiesige Witterung für «lie 
Weinkultur viel zu rauh ist,. Hier dürfte aller Wahr- 
scheinlichkeit nach der geringe Bedarf des Kmrfier- 
weines gefechst worden sein; einen ähnlichen Wein¬ 
berg haben aneli die .Präger Inden im Clamgallasfchen 
Garten gehabt, 
■ Nach der Landflucht des trafen Adam von Lok 
sehan (im J. 1629) erhielt «¡feweiii ffilter dller kótiígl. 
Prokurator Príbík Jenísek von Oje/d, weh licr noch in 
demselben Jahre durrli seinen Uhrmhn r Selli) oli 
hauptrriann ein Urban um und Kegisler » n legen li e !$ 
(Jan 2ak, Parneti ) In diesem Urbarium. lesen wir Ii» 
Kapitel „Über die Juden" i 
„ sie alle ¡sind verpflichtet zur Zu Ii Ii mg vont 
80 Schock Meißner Grosclteti, und zwar mm S Ge- 
schäitiläiirn 7 Schock 4 Cr, 6 111,*4 (die Zilil der IJe» 
seh afieladle m gibt liier f. ê J, J629 Dir, táh mit 6 an, 
was uns jedoch unrichtig er leime Inf; er*t im J ,1619 
lesen wir in Siblik# „Hknmnko n Bìemkké** 
6 Läden) ,JJie Juden willen au Jedem Weihna einn¬ 
ähend der Herrschaft 1 Pfund Pfeffer niwl 8 Pfund 
,gemahlenes Pulver thfmlrea... Zw«, den Qttesföeitqgei» 
J1
	        
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