burgsche Haus6', jetzt „Stempelamt46 genannt. Dieses
wurde vom Juden Abraham Dussensi mit samt
dem Garten und Anbau, in welchem sich die Wechsel¬
stube befindet, als dem Universalerben seines i. J.
1795 verstorbenen Oheims Joachim Edlen v. Popper
übernommen, welcher es wiederum für 15,000 fl. nach
einer eigenen Bewilligung der allerh. böhm. Hof¬
kanzlei mit der Bedingung gekauft hat, daß in diesem
Hause keinerlei Alaminutehandel getrieben wird.
Den Aufschwung sowie den Erwerb seines großen
Vermögens verdankte Joachim v. Popper seiner ganz
ungewöhnlich regen Tätigkeit und seinem Unterneh-
mungsgeiste. So gründete er im J. 1760 eine Gesell¬
schaft, welche der Kaiserin Maria Theresia beträcht¬
liche Darlehen zu Kriegszwecken ohne jeder Garantie
bot und die einige Jahre später die Gründung einer
Tabak-Monopol-Aktiengesellschaft zur Folge hatte,
Diese Gesellschaft führte der Staatskasse den damals
gewiß nahmhaften Betrag von 1,600.000 fl. C. M.
ab und jede Aktie lautete auf 22.500 fl. C. M. nebst
4 % Anteil zugunsten der Staatskassa. Kommandisten
der Gesellschaft waren: Johann G. Schuller u. Kon¬
sorten, Freyherr v. Puthon, H. J. Frank, Johann v.
Grosser, Adam Jsak Arnsteiner, Jsrael S. Hoenig, Wolf
Popper „Breschnitzer", Jsak Popert und Joachim
Edler v. Popper1). Wegen der Erteilung dieser amt¬
lichen Lizenz, die für den Teilnehmer gewiß sehr
einträglich war, kam es in Wien und auch in Böhmen
zu großen Tumulten und judenfeindlichen Protest¬
aktionen. Die Beteiligung Joachim Edlen v. Popper
an dem Tabakregale war jedoch nicht dessen aus¬
schließlicher Beruf. Er hatte vielmehr auch die größte
damalige Wechselstube in Prag, betrieb einen schwung¬
haften Handel mit Fischbein, Pottasche, Perlmutter
u. a. Und weil zu dieser Zeit ein Überfluß an Kriegen
und gleichzeitig ein fühlbarer Mangel an Geld
herrschte, stellte Popper sein Gold und Silber auch
den nachfolgenden Regenten, dem Kaiser Josef II.
und Leopold II., zur Verfügung. Seine Erhebung
in den Adelstand stieg ihm keineswegs zu Kopf und
der vertraute Freund von vier Monarchen blieb ein
treuer Helfer des Volkes, der Armen ohne Unter¬
schied der Konfession. So findet sich in den „Paraeti
mesta Breznice" („Erinnerungen der Stadt Breznice")
von Johann Zák eine Notiz des Historikers Skala:
„Auch nach Breznic kam in den furchtbaren Hun¬
gersjahren 1770—1772 Getreide, Reis und Hirse
zwecks Verteilung an die Ortsarmen; diese Nahrungs¬
mittel wurden jedoch ungerecht verteilt, so daß die
Armen sehr benachteiligt wurden. Der hiesige Jude
Joachim v. Popper schenkte den christl. Armen
20 Metzen Korn und ebensoviel den jüd. Armen."
Joachim Edler v. Popper verschied am 10. Mai 1795
und wurde am alten jüd. Friedhofe in Volsan bei
Prag bestattet2).
Im ersten Stockwerk der Synagoge ist ein geräumi¬
ges lichtes Schulzimmer, der ehemalige „Cheder
Nach Absölvierung dieser sog. jüd. Volksschule ka¬
men die Kinder an die „k. k. Breznitzer Haupt-
schule", welche i. J. 1776 von den Jesuiten als eine
„Latainschule" gegründet und im J. 1797 in eine
„k. k. Normalschule mit deutscher Unterrichtssprache"
umgewandelt wurde. Als erster Direktor an dieser
Schule wirkte dort der bekannte tschechische Päda¬
goge Janousek. Die Frequenz der Schule war
i. J. 1797: aus B. 152 christl. Kinder, aus Lokschan
16 jüdische Kinder. Der jüd. Schule in L. entstammt
eine große Zahl angesehener Bürger, Juristen, Ärzte,
Ingenieure, Industriellen, Kaufleute und Beamten,
Avelche alle in der Fremde sich freudig zu ihrer
Breznitzer „aima mater" bekannten. Sowohl die jüd.
Volksschule als auch die k. k. Normalhauptschule,
deren letzter Stempel im Breznitzer Stadtmuseum
sich erhalten hat, waren in einer rein tschechischen
Gegend und wirkten, da an beiden Anstalten in deut¬
scher Sprache unterrichtet wurde, im Sinne der
josefinischen Verordnung germanisierend. Ein alter
Lehrer dieser Schule, Vaclav Fiala, berichtet im
„Vestnik mèsta B., Jhg. IV6', daß i. J. 1840 diese
Schule wie folgt besucht war: christl. Knaben 239,
jüd. Knaben 9, zus. 248 Knaben; christl. Mädchen
234, jüd. Mädchen 11, zus. 245 Mädchen.
So bestand noch im J. 1901 die jüd. Elementar¬
schule mit deutscher Unterrichtssprache in L., also
40 Jahre nach der Auflösung der Breznitzer Haupt-
schule, und wurde nicht etwa wegen Schülermangel
geschlossen, denn noch im Schuljahre 1894 95 (nach
der Schulstatistik des Schulrates J. J. Kora n) wa¬
ren an dieser Anstalt 15 jüd. Schulkinder; es wirkten
hier zuletzt die Lehrer Traub, Kohn, Netti und
Neu. Die in Böhmen zu Beginn der 1860er Jahre ein¬
setzende cechisch-nationale Bewegung richtete sich
zuerst gegen den Bestand der deutschen Lehranstal¬
ten im cechischen Sprachgebiete. Aus dem Jahres¬
berichte der Nár. jednota ceskozidovská (v. 21. Ok¬
tober 1900) ersehen wir, wie hartnäckig die Brez¬
nitzer Juden ihre jüd. Elementarschule verteidigt ha¬
ben und daß diese so ziemlich die letzte ihrer Art
von Böhmen gewesen ist. Die Gegner dieser Schule,
zwei Breznitzer Juden, und zwar Direktor Julius L e-
derer und JUDr. Rudolf Zuza k, führten als wich¬
tigstes Argument gegen den Bestand der Schule deren
separatistischen Charakter und deutsches Wesen in¬
mitten eines geschlossenen cechischen Sprachgebie¬
tes und der hiedurch sich ergebenden Feindseligkei¬
ten seitens der einheimischen Cechen hervor.
Welch ein konservativer Geist in der Angelegenheit
der deutschen israel. Volksschule die Gemeinde be¬
herrschte, geht auch aus dem Umstände hervor, daß
die Loksehaner Judenschaft im J. 1897 neue Gemein¬
destatuten eingab, und zwar nur in cechischer
Sprache, während der deutsche Unterricht an der
Schule bis ins Jahr 1901 fortgesetzt wurde.
Lokschan (Judenstadt)
Die älteste historische Aufzeichnung über die
Judenstadt in L. reicht bis zum J. 1570 zurück.
Der Historiker Jan Zák schreibt in seinen „Erinne¬
rungen der Stadt Breznice": „Im J. 1570 brannte ein
beträchtlicher Teil der Stadt B. ab und das veranlaßte
den Grafen Ferdinand v. Lokschan zur Gründung
eines ausschließlich für die Juden bestimm¬
ten Stadtteiles, welcher fortan den Namen seines Er¬
bauers „Lokschan" trägt.
Im Buche „Blatensko a Breznicko66, ein Werk des
Bezirkslehrerverbandes, schreibt der Direktor des
Blatnaer Museums Josef S i b 1 í k über die Grün-
Breznice 2
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