Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Breznice. 
(Jiulenstadt Lokschan.) 
Bearbeitet von 
Jaroslav Polák-Rokycana9 Prag. 
Die Judenvorstadt „am Lokschan66 (c. Loksany), 
so heißt in den alten Urkunden der durch eine „Ju- 
denpforte" (heute noch durch einen Schwibbogen) 
vom „großen Ringplatz66 der Stadt Bfeznitz (c. Brez¬ 
nice) getrennte Stadtteil. Die einstige Unabhängigkeit 
von der Stadtverwaltung und unmittelbare Zugehörig¬ 
keit zur „Herrschaft66 B. hat die Judenvorstadt L. 
heute gänzlich eingebüßt und nur die topographische 
Sonderbezeichnung erinnert an die einstige Selb¬ 
ständigkeit. Diese Sonderbezeichnung besteht in einer 
rotweißen Straßentafel „Loksany66 und in großen, mit 
römischen Zahlen I.—XXII. bezeichneten Barock¬ 
häusern, die zumeist baulich und auch gut bewohn¬ 
bar hergerichtet, noch heute gut erhalten sind. 
Die Judenstadt, „zidovské mesto6*, oder auch kur¬ 
zerhand „V zidech'6, wird durch zwei enge Gäßchen 
und zwei recht geräumige Plätze, deren erster läng¬ 
lich, der zweite ziemlich regelmäßig viereckig ist, ge¬ 
bildet. In der Mitte des zweiten Platzes steht (C. Nr. 
XYI.) eine sehr schöne, gleichfalls im Barockstil ge¬ 
haltene Synagoge, welche am 14. April 1821 an¬ 
läßlich der Feuersbrunst, der halb B. zum Opfer fiel, 
vernichtet, jedoch von der damals noch sehr zahl¬ 
reichen J. G. gleich wieder erbaut wurde, und zwar 
ohne einer Veränderung im alten Baustil und auch 
des äußeren Bildes. Nur im Innern erfuhr die Syna 
goge damals eine durchgreifende Veränderung: vor 
allem wurde der Omed, der bis dahin in der Mitte 
der altehrwürdigen Synagoge stand und eine ziem¬ 
lich getreue Nachbildung des heute noch bestehenden 
Omed der Altneusynagoge in Prag darstellte, zur Ost¬ 
wand gestellt, wo sich auch der Oraun ha kodesch, 
ferner die Ehrensitze für den Rb. und den Gemeinde¬ 
vorstand befinden. Dieser Teil der Synagoge ist um 
eine Steinstufe erhöht und durch ein geschmack¬ 
volles Eisengitter von dem andern Teil der Synagoge 
getrennt. Zu beiden Seiten des Oraun ha kodesch, 
in ziemlicher Höhe, sind gotisch gehaltene, künst¬ 
lerische Fenster mit stilvoller Glasmalerei, eine Wid¬ 
mung des Sohnes eines einstigen Gemeindeangesleil¬ 
ten (Schamesch), des Herrn S. Cervenka. Die in 
der rechten Fcke auf einem hohen Sockel ruhende 
Messing-Menora dürfte, nach der in deren Mitte be¬ 
findlichen männlichen Figur und Tracht, holländisch- 
spaniolischen Ursprunges sein. Die Westseite der Sy¬ 
nagoge wird durch eine Galerie geteilt, auf welcher 
sich die „Frauenschul66 befindet. Die vor dem Omed 
befindlichen zwei Luster (geschnitzte Holzornamente) 
finden auf dieser Galerie recht geschmackvolle, klei¬ 
nere Gegenstücke. Die Pforte des Oraun ha kodesch 
ist mit vergoldeten Kränzen und Pfeilen, den Wappen¬ 
bildern des ehemaligen Grafen Josef Kolowrat- 
Krakovsky, dem Gönner der J. G., durch dessen 
Hilfe diese schöne Synagoge nach dem großen Brande 
wieder erstanden ist, verziert. Die ornamentale Aus¬ 
schmückung der Synagoge ist neueren Datums, ein 
Werk des bekannten cech. akadem. Malers Lad. 
K u b a. Die letzte Renovierung der Synagoge erfolgte 
L J. 1874, was aus der über dem Portal angebrachten 
Inschrift hervorgeht. Aus der ungewöhnlich großen 
und wertvollen Sammlung der zur Synagoge gehörigen 
Toraschmuck und Kunststickereien hebe ich vor allem 
ein wertvolles Perachoth v. J, 1793 (Widmung des 
Tempel (Innenansicht) 
bekannten, der hiesigen Gemeinde entstammenden 
Philanthropen Joachim Edlen v. Popper) hervor, 
welches als ein Andenken an dessen verstorbene 
Frau gedacht ist. Derselbe Gönner hat der Prager 
und auch der Breznitzer J. G. beträchtliche Legate 
und wohltätige Stiftungen hinterlassen, welche auch 
jetzt noch von diesen Gemeinden verwaltet werden. 
Sein Wohnhaus C.-Nr. I. ist auch heute noch im Be¬ 
sitze der Familie Moritz Popper, eines Nachkom¬ 
men der Familie Joachim Edlen v. Popper. Das 
Portal des vierfrontigen, großen Doppelhauses ist im 
Barockstil gehalten und mit dem Handelsabzeichen, 
einem Anker, verziert. Hier im ersten Stock, wo 
schöne, geräumige und behagliche Zimmer sind, 
wohnte Joachim v. Popper bis ca. 1780. In diesem 
Jahre seiner Nobilitation wurde ihm der Ankauf 
eines Hauses in der Prager Altstadt gestattet. Dieses 
Haus findet nach dem Tode Joachim v. Popper Er¬ 
wähnung in Schallers Topographie der königl. Haupt¬ 
stadt Prag v. J. 1796, S. 699. Das ehemalige „Wagen- 
i Breznice 1
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.