Geschichte der Juden in Breznice.
(Jiulenstadt Lokschan.)
Bearbeitet von
Jaroslav Polák-Rokycana9 Prag.
Die Judenvorstadt „am Lokschan66 (c. Loksany),
so heißt in den alten Urkunden der durch eine „Ju-
denpforte" (heute noch durch einen Schwibbogen)
vom „großen Ringplatz66 der Stadt Bfeznitz (c. Brez¬
nice) getrennte Stadtteil. Die einstige Unabhängigkeit
von der Stadtverwaltung und unmittelbare Zugehörig¬
keit zur „Herrschaft66 B. hat die Judenvorstadt L.
heute gänzlich eingebüßt und nur die topographische
Sonderbezeichnung erinnert an die einstige Selb¬
ständigkeit. Diese Sonderbezeichnung besteht in einer
rotweißen Straßentafel „Loksany66 und in großen, mit
römischen Zahlen I.—XXII. bezeichneten Barock¬
häusern, die zumeist baulich und auch gut bewohn¬
bar hergerichtet, noch heute gut erhalten sind.
Die Judenstadt, „zidovské mesto6*, oder auch kur¬
zerhand „V zidech'6, wird durch zwei enge Gäßchen
und zwei recht geräumige Plätze, deren erster läng¬
lich, der zweite ziemlich regelmäßig viereckig ist, ge¬
bildet. In der Mitte des zweiten Platzes steht (C. Nr.
XYI.) eine sehr schöne, gleichfalls im Barockstil ge¬
haltene Synagoge, welche am 14. April 1821 an¬
läßlich der Feuersbrunst, der halb B. zum Opfer fiel,
vernichtet, jedoch von der damals noch sehr zahl¬
reichen J. G. gleich wieder erbaut wurde, und zwar
ohne einer Veränderung im alten Baustil und auch
des äußeren Bildes. Nur im Innern erfuhr die Syna
goge damals eine durchgreifende Veränderung: vor
allem wurde der Omed, der bis dahin in der Mitte
der altehrwürdigen Synagoge stand und eine ziem¬
lich getreue Nachbildung des heute noch bestehenden
Omed der Altneusynagoge in Prag darstellte, zur Ost¬
wand gestellt, wo sich auch der Oraun ha kodesch,
ferner die Ehrensitze für den Rb. und den Gemeinde¬
vorstand befinden. Dieser Teil der Synagoge ist um
eine Steinstufe erhöht und durch ein geschmack¬
volles Eisengitter von dem andern Teil der Synagoge
getrennt. Zu beiden Seiten des Oraun ha kodesch,
in ziemlicher Höhe, sind gotisch gehaltene, künst¬
lerische Fenster mit stilvoller Glasmalerei, eine Wid¬
mung des Sohnes eines einstigen Gemeindeangesleil¬
ten (Schamesch), des Herrn S. Cervenka. Die in
der rechten Fcke auf einem hohen Sockel ruhende
Messing-Menora dürfte, nach der in deren Mitte be¬
findlichen männlichen Figur und Tracht, holländisch-
spaniolischen Ursprunges sein. Die Westseite der Sy¬
nagoge wird durch eine Galerie geteilt, auf welcher
sich die „Frauenschul66 befindet. Die vor dem Omed
befindlichen zwei Luster (geschnitzte Holzornamente)
finden auf dieser Galerie recht geschmackvolle, klei¬
nere Gegenstücke. Die Pforte des Oraun ha kodesch
ist mit vergoldeten Kränzen und Pfeilen, den Wappen¬
bildern des ehemaligen Grafen Josef Kolowrat-
Krakovsky, dem Gönner der J. G., durch dessen
Hilfe diese schöne Synagoge nach dem großen Brande
wieder erstanden ist, verziert. Die ornamentale Aus¬
schmückung der Synagoge ist neueren Datums, ein
Werk des bekannten cech. akadem. Malers Lad.
K u b a. Die letzte Renovierung der Synagoge erfolgte
L J. 1874, was aus der über dem Portal angebrachten
Inschrift hervorgeht. Aus der ungewöhnlich großen
und wertvollen Sammlung der zur Synagoge gehörigen
Toraschmuck und Kunststickereien hebe ich vor allem
ein wertvolles Perachoth v. J, 1793 (Widmung des
Tempel (Innenansicht)
bekannten, der hiesigen Gemeinde entstammenden
Philanthropen Joachim Edlen v. Popper) hervor,
welches als ein Andenken an dessen verstorbene
Frau gedacht ist. Derselbe Gönner hat der Prager
und auch der Breznitzer J. G. beträchtliche Legate
und wohltätige Stiftungen hinterlassen, welche auch
jetzt noch von diesen Gemeinden verwaltet werden.
Sein Wohnhaus C.-Nr. I. ist auch heute noch im Be¬
sitze der Familie Moritz Popper, eines Nachkom¬
men der Familie Joachim Edlen v. Popper. Das
Portal des vierfrontigen, großen Doppelhauses ist im
Barockstil gehalten und mit dem Handelsabzeichen,
einem Anker, verziert. Hier im ersten Stock, wo
schöne, geräumige und behagliche Zimmer sind,
wohnte Joachim v. Popper bis ca. 1780. In diesem
Jahre seiner Nobilitation wurde ihm der Ankauf
eines Hauses in der Prager Altstadt gestattet. Dieses
Haus findet nach dem Tode Joachim v. Popper Er¬
wähnung in Schallers Topographie der königl. Haupt¬
stadt Prag v. J. 1796, S. 699. Das ehemalige „Wagen-
i Breznice 1