Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

die jiid. Schule im Gebäude Nr. 159. Neben diesem 
Hause wurde von der jiid. Gemeinde das Haus Nr. 158 
im J. 1872 durch Herrn Josef Löwidt für 2500 fl. ge¬ 
kauft. In diesem Hause befand sich die jiid. Schule 
1874—1912. Dieselbe erhielt am 8. Augusit 1884 das 
öffentlichkeitsrecht. Im ersten Stock befand sich der 
Sitzungssaal, der K. G., welcher auch als Betstube für 
den Winter verwendet wurde. Hier ist auch das 
Archiv der Gemeinde aufbewahrt. 
Im J. 1897 am 31. Juli wurde das Städtchen von 
einer großen Überschwemmung heimgesucht. Die 
ganze Judengasse war überschwemmt. Zum Glück war 
kein Menschenleben zu beklagen. Es wurden sofort 
Geldsammlungen eingeleitet, der Staat gewährte Sub¬ 
ventionen und Steuernachlässe, so daß die jüd. Bevöl¬ 
kerung, deren Hab und Gut vollständig vernichtet 
wurde, gar bald daran gehen konnte den erlittenen 
Schaden wieder gutzumachen. 
Dem Berufe nach waren die meisten Juden Han¬ 
delsleute, sie wurden als Handelsjuden, Krämer, Markt¬ 
fahrer, Pinkljuden, Hausierer, Kaufleute, Bestand¬ 
männer (Pächter) bezeichnet. 
Unter den Marktfahrern werden genannt: 1856 n) 
Samuel Lederer, geb. 1791 in Tënovic, gest. 1892 in 
Reichenberg; Moritz Löwidt; 1865 Leopold Lederer, 
Krämer. 
Auch die Hausindustrie war unter den Juden in B. 
P. verbreitet. Josef Daittelzweig 8) hatte im J. 1865 eine 
Roßhaar-Erzeugung, Wolf Eckstein eine Zündhölz¬ 
chen-Erzeugung, Abraham Levit, Cicov, eine Pott¬ 
asche-Erzeugung. Er bezog von den Bewohnern des 
Städtchens und der umliegenden Dörfer Asche und 
gab denselben hiefür Seife. Alexander Eckstein hatte 
1870—1872 eine Drahtzieherei und Brotbäckerei. Un¬ 
ter den Handwerkern werden erwähnt: 1787—1813 
Isak Wedeies, Kürschner; 1814—1820 Hersehl Lede¬ 
ier, Fleischer, Voihfeled; 1821—1829 Guttmann Gold- 
scheider, Fleischer; 1851—1866 Markus Goldscheider, 
Fleischer; 1843—1866 David Lederer, Fleischer; 1821 
bis 1842 Abraham Lederer, Vohreled, Schneider; 1826 
bis 1847 Samuel Lederer, Glaser; 1815—1851 Ignaz 
Lederer, Glaser; 1815—1852 David Lewit, Glaser; 
1723—1813 Salomon Weil, Tënovic, Steinmetz; 1788 
bis 1849 Abraham Goldscheider, Buchbinder; 1835 bis 
1841 Josef Klauber, Bäcker; um 1838 Weiss, Bäcker; 
1853—1867 Jakob Ehrmann, Gerber. 
Als Branntwein-Erzeuger werden genannt: 1821 bis 
1837 Abraham Eisner; 1749—1842 Abraham Lederer. 
Die jüd. Handwerker wurden zuerst zu Lehrlinge, 
dann zu Gesellen und nach einer Prüfung zu Meistern 
ernannt und in die Zunftgenossenschaft aufgenommen. 
Über das jüd. Gemeindeleben ist uns bisher nur 
sehr wenig bekannt. Wir kennen die Namen der Vor¬ 
steher, Rabbiner, Lehrer, Kantoren, Tempeldiener, 
Matrikenführer und Schächter. Die ersten Aufzeich¬ 
nungen im Archiv der K. G. stammen, soweit ich fest¬ 
stellen konnte, aus dem J. 1839. Wir finden Geburts¬ 
zeugnisse, Verzeichnisse über Kultussteuer-Zahlungen, 
Schul-Katalog nebst genauer Angabe des Lehrplanes, 
Toten-Meldezettel, Trauungsscheine usw. vor. Eine 
aus dem J. 1785—1860 stammende jüd. Matrik befin¬ 
det sich auf der Dechantei in B. P. 
In diesem J. wurde die Dechantei von der Pflicht« 
Eintragungen in dieselbe vorzunehmen, enthoben. 
Die jüd. Bevölkerung bewohnt größtenteils die Ju- 
dengasse, Ostrovni ulice, jetzt Tyrsova ul. genannt. 
Sie betreibt den Handel mit Leder, Eisenwaren, Bett¬ 
federn, Landesprodukten, Schnittwaren usw. Durch 
ein schmales Gäßchen gelangt man zum Tempel, wel¬ 
cher im Barockstil erbaut ist12). 
Neben dem Tempel stand die Mikwa; sie bestand 
aus einer Männer- und Frauen-Abteilung. Die Mikwa 
wurde 1886 aufgelassen. Eine Mazzos-Bäckerei bestand 
im Schulgebäude. Der letzte Schochet war Wolf L e- 
derer. 
Der Friedhof dürfte seit dem 16. Jht. bestehen. Die 
alten zum Teil verwitterten, halb in die Erde versun¬ 
kenen kleinen Grabsteine hinterlassen bei den Besu¬ 
chern einen wehmütigen Eindruck. Hier hat u. a. der 
berühmte Kaballist Mordechei Goldscheider, 
umgeben von den Gräbern frommer jüd. Männer und 
Frauen, seine letzte Ruhestätte gefunden. 
Folgende Vorsteher werden genannt: Jakob 
Weil, 1821—1842; Elias Lederer, 1822—1865, zu¬ 
gleich Armenvater; Karl Herrmann, 1829—1854; Elias 
Lederer, Ausschuß: Sal. Geschmay, Moses Lederer, 
1855; Josef Herrmann, T. V. Josef Abeles, 1852 bis 
1862; Alexander Kohner, 1862; Josef Löwidt, 1860 
bis 1873; Simon Schwarz, 1868—1875; Moritz Eck¬ 
stein, 1892—1893. Im J. 1893 reichte die K. G. ihre 
Statuten ein. Bei der Konstituierung im J. 1894 wurde 
zum Vorsteher zuerst Moritz Eckstein, später 
Heinrich Herr mann gewählt. Dem Ausschuß ge¬ 
hörten die Herren Moritz Ehrmann, Siegfried Löwit, 
Herrmann Lederer und Wilhelm Löwidt an. Als 
Vertrauensmänner wurden gewählt: Simon 
Schwarz, Osias Eisler. 
Als Rabbiner wirkten: Michl Austerlitz, geb. 
1736, gest. 1784. Um 1750—1842 Salomon Gold¬ 
scheider, geb. 1750; 1780/81 Rabbi Tobias aus 
Horic; um 1811 Samuel Goldscheider als Leh¬ 
rer, geb. 1786; um 1819 Samuel Goldscheider 
als Kantor und Rb. und um 1821—1842 als Wund¬ 
arzt; um 1820—1870 Daniel Hartmann, zugleich 
Vorbeter und Schächter; um 1850—1860 A. M. 
B r o id ; um 1855—1866 Josef Duschner; um 
1868—1870 Markus Brummel; um 1870—1876 
Moses Bloch13) aus Cekanitz; um 1875—1876 Kör¬ 
per; um 1882—1894 Joachim Katz : um 1908 bis 
Rb. Joachim Katz Samuel Lederer 
1912 Albert Fürth; um 1912—1918 Alois Alt¬ 
schul; 7 Jahre Bernhard L ö w y, wohnte zuletzt in 
Budin a. E., und 5 Jahre Adolf E i s n e r. Diese Rb. 
wirkten auch als Lehrer an der jüd. Schule. Außerdem 
wurde die Schule von folgenden Lehrern geleitet: bis 
1798 Levi Schulmeister, der zweite Name dürfte kein 
Zuname sein, sondern seinen Beruf darstellen. 
1804 Emanuel S c h a c k, Schulsinger und Schäch¬ 
ter; 1780—1838 Israel Goldscheider, Schuldie¬ 
ner und Schulsager; 1823 als Lehrer, 1825 als Schul- 
sager; 1860 Herrmann Löwi; 1867—1874 Kau- 
ders; 1880—1887 Fuchs; 1885—1890 Frank. 
Als Schuldiener: 1790 Jakob Levit, geb. 1772, 
gest. 1857 ; als T empeldiener : 1799 Isak Gold¬ 
scheider, geb. 1724, gest. 1799; als Matriken- 
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