meinde erwählt worden war, verwundeten ihn mit
Säbelhieben und schössen loderndes Feuer in sein
Herz. Und in gleicher grausamer Wut erschossen diese
Schützen seinen Schwager R. Zebi, Sohn des As¬
sarja, und R. Arje, Sohn des Meir, R. Joel, Sohn des
R. josua, R. Jehuda, Sohn des R. Israel, R. Benjamin,
Sohn des R. Jakob, schlugen sie mit Axt und Beil,
feuerten mit dem Brandrohre eine Bleikugel in den
Mund und töteten so mit dieser außergewöhnlichen
Todesart die Häupter und Besten unserer Gemeinde.
Auf R. Meier, Sohn des Assarja, schössen und sta¬
chen sie solange ein, bis er auf der Straße nieder¬
stürzte und seine Seele dem Schöpfer zurückgab, der
sie ihm gegeben hatte. Ebenso verfuhren sie auch mit
seinem Schwager R. Israel, Sohn des R. Abraham.
Sie hieben mit dem Schwerte auf ihn ein, er aber
entfloh aufs Feld, das Blut entströmte ihm, bis er
dahinsank und starb. Wie den Tieren des Feldes
jagten sie uns nach, sodaß wir nicht auf der Straße
zu gehen wagten. Fürwahr, es erstarren die Haare
auf unserem Leibe, wenn wir uns an den rabbini-
schen Gelehrten, R. Salomon, Sohn des R. Elieser,
erinnern, einen Greis satt an Jahren, denn auch das
Antlitz des Greises schonten sie nicht. Mit einer Axt
schlugen sie auf die Stirn und den Scheitel dieses
frommen Mannes, zwei Tage lag er auf der Straße,
bis er seine Seele aushauchte mit dem Bekenntnis
der Einheit Gottes. Wehe, daß sie an uns den Vers
erfüllten: „Auch der Knaben, Jünglinge und Jung-
frauen werden sie sich nicht erbarmen.44 Denn sie
schössen ins Herz und ,erschlugen ohne Erbarmen
den Jüngling Nathan, Sohn des R. Jididja, die drei
Frauen Hendel, Giti und Schifra, durchbohrten sie
mit Schwertern und hieben ihnen die Köpfe ab. Heil
ihnen, daß sie bald gestorben sind, die frommen
Frauen unseres Volkes. Auch die zwei Bräute, Jittl
und Muskat und die Jungfrau Sarah erschossen die
Unholde und schnitten ihnen die Brüste ab. Und alle
zusammen stimmten das „Schema-Jisrael1*4 an und
endeten ihr Leben mit dem Bekenntnis des Ewigen,
unseres Gottes. Wer kanns hören, ohne im Inneren
zu erbeben, daß nach all diesem die Erschlagenen
neun Tage lang liegen bleiben mußten, bis sie zu
Grabe gebracht wurden in den Staub des Ortes
unserer heiligen Erde. Außerdem wurden geschlagen
und verwundet die übrigen Leute unserer Gemeinde
vom Jüngling an bis zum Greise, Kinder, Frauen
an einem Tage, als sie flohen, um sich irgendwo
auf dem Felde zu verbergen. Ihr Blut rann auf den
fahlen Stein, ohne verdeckt zu werden und der Schnee
ist scharlachrot geworden von dem Blute dieser
unserer Brüder, unseres Fleisches. Darnach drangen
die Räuber und die übrige Schar der Bösewichter in
die jüdischen Häuser der Ermordeten und der vor
Schmerz Stöhnenden unseres Volkes ein. Sie plün¬
derten ihre ganze Habe und ließen nicht den gering¬
sten Rest übrig. Neun Tage lang plünderten und
raubten sie, zerschlugen die Öfen und die Fenster
und riefen: Verflucht sei alles bis in den Grund hinein.
Verzeichnis der Opfer vom 9. Dezember 1744.
1. Jonas Nathan (Rabbi J o n a), Rb. der Ge¬
meinde, 50 Jahre alt, verheiratet, erhielt einen Lun¬
genschuß, der neben der rechten Brustwarze ein¬
drang. Über seinen Tod wird erzählt, daß ein Husar
ihn gefangen genommen und ihm gegen einen Duka¬
ten Lösegeld die Freilassung angeboten habe. Der
Rabbiner, der eben nicht so viel bei sich hatte, habe
sich von einem bekannten christlichen Kaufmanne
die geforderte Summe ausleihen wollen, aber dieser
habe den Husaren noch gegen ihn aufgehetzt, so daß
derselbe ihn sofort niederschoß.
2. Chaim Dub (Chaim Sohn des Josua), Richter
der Leipaer Judengemeinde, 52 Jahre alt, verheira¬
tet, erhielt einen Schuß in den rechten Schenkel und
einen tödlichen Säbelhieb in die Schläfengegend.
Chaim stammte aus Auscha. Er betrieb einen ausge¬
dehnten Wolle- und Mesulanhandel und war anschei-
und der wohlhabendste und angesehenste Mann sei¬
ner Gemeinde. Seine Ehefrau hieß Liebele, seine
Söhne Abraham und Isak, seine Tochter Adel.
3. Simon Bunzel (Simon Sohn des Jakob Jo¬
seph), 60 Jahre alt, Witwer. Er starb an einer beim
Flüchten von hinten empfangenen tiefen Hiebwunde
in die rechte Halsseite, bei welcher die Halsschlag¬
ader durchgeschlagen wurde. Simon stammte aus
Jungbunzlau. Mit seinem damals schon verstorbenen
Weibe Sari hatte er drei Söhne: Süßkind, Lewi und
Jakob und drei Töchter Liebele, Eidel und Gütel. Mit
seinem Eidam Jakob Apotheker, dem Manne der Lie¬
bele, der auch in seinem Hause wohnte, betrieb er
einen bedeutenden Leinwandhandel.
4. Abraham Ausch (Abraham Lewi), 40 Jahre
alt, verheiratet. Er war ein Krüppel und Bettler. Sein
Tod trat infolge eines linksseitigen Lungenschusses ein.
5. Markus Süßmann (Meier Sohn des Assarja),
35 Jahre alt, verheiratet. Sein Tod erfolgte infolge
eines Schusses in die Leber. Er soll erst viele Tage
später am Niederliebicher Wege halb verwest aufge¬
funden worden sein. Nach seinem Vater, der schon
vor 1724 gestorben war, betrieb er mit seiner Mutter
Pruche die Schneiderei.
6. Aron Markus (Arje Kohn), 25 Jahre alt, ver¬
heiratet. Seinen Tod führte ein Lungenschuß herbei.
Die Kugel drang unter der rechten Achsel in die
Brust. Aron ist allerdings nicht mit Arje gleichbedeu¬
tend und dürfte wohl durch einen Hör- oder Schreib¬
fehler in das amtliche Verzeichnis gelangt sein. Arje
war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Sohn des
unter 14. angeführten Markus Kohn.
7. Moyses Hammerschlag (Mosche — David),
38 Jahre alt, verheiratet. Er erhielt einen Schuß in
den Magen. Moyses war der Sohn des Krämers Da¬
vid Hammerschlag aus Raudnitz und seiner Gattin
Hanele. In der „Wortgetreuen Abschrift44 ist er mit
dem Namen David anstatt Sohn des David genannt.
Er war kurz vor der Katastrophe zum neuen Richter
(Vorsteher) der Gemeinde gewählt worden.
8. Wolf G u m p e r t (Benjamin Sohn des Efraim),
50 Jahre alt, verheiratet. Durch einen in den Nacken
geführten Palaschhieb wurde ihm der Kopf fast vom
Rumpfe getrennt. Er war ein Krämer und besaß mit
seiner Ehefrau Händel eine Tochter Mündel.
9. Israel Altschul (Israel Sohn des Abraham),
37 Jahre alt, verheiratet seit 10. Feber 1738 mit Ha-
miam. Er erlitt schwere Verwundungen am Kopfe
durch Kolbenschläge, konnte noch flüchten und
wurde später auf einem Acker tot gefunden.
10. Abraham M e n d 1 (Abraham Sohn des Mena-
chem), 57 Jahre alt, verheiratet, Mesulanhändler. Seinen
Tod führte ein Brustschuß herbei. Die Kugel drang
durch die rechte Schulter ein und fand ihren Ausgang
unter dem linken Schulterblatt.
11. Löbl Israel (Jehuda Sohn des Israel), 37
Jahre alt, verheiratet. Sein Tod erfolgte durch einen
Brustschuß, dessen Kugel durch den linken Arm ein¬
drang.
12. Joel Valentin (Joel Sohn des Jo,sua),
68 Jahre alt, verheiratet. Sein Leben endete ein
Herzschuß. Er scheint identisch zu sein mit dem 1724
genannten Federhändler Jakob Valentin aus Stëpa-
nov, der seit 1721 in Leipa seßhaft war,
Ceskrí Lipa 4
54
Böhm. Leipa 4