Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

rende Persönlichkeiten treten hervor. Gemeinde¬ 
älteste und geistliche Lehrer werden genannt. Wer 
mag nun der erste Rabbiner von Teplitz gewesen 
sein? Die Urkunden schweigen leider allzusehr. 
In dem Inschriftenverzeichnis des „alten Fried¬ 
hofes", der die zweite jüdische Begräbnisstätte von 
Teplitz ist (eröffnet 1669 °), wird ein Rabbi Simon 
Spira genannt, 1655 verstorben. Die Vermutung 
Rosenzweigs 7), daß der älteste Leichenstein auf die¬ 
sem Friedhof aus dem Jahre 1653 datiere, daß also 
schon vor der Überweisung dieser Stätte an die Ju¬ 
denschaft oder vor dem Statthaltereierlaß, der infolge 
des Streites über die Schließung des ältesten Fried¬ 
hofes hinter dem heutigen Theater erging8). Juden 
auf dem „breiten Stein44 beerdigt worden seien, ist so¬ 
mit nicht von der Hand zu weisen. Es wäre dem¬ 
gemäß Rabbi Spira zumindest als einer der ersten 
Rabbiner an der damaligen Synagoge zu betrachten. 
Er wäre der Vorgänger des Rabbi Löbl Baum, der 1654, 
also kurz vor Spiras Tode, sein Amt antrat. Ich 
glaube nicht, daß dieser Rabbi Löbl, den Rosenzweig 
Löwe nennt, der erste 6) Rabbiner von Teplitz ge¬ 
wesen sei. Seine Grabinschrift ist bisher nicht fest¬ 
gestellt. Als Nachfolger Rabbi Löbl Baums, also als 
den dritten Rabbiner, betrachte ich Rabbi Jakob, 
Sohn des Dajjan (Gerichtsbeisitzers) Rabbi Manes, 
der hochbetagt 1717 starb. Seine Grabinschrift (Nr. 
338) lautet: , , 
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Seine Frau Keile starb 1722. 
Aus dem Jahre 1720 ist uns Rabbi Nathan Utitz 
als Urkundenmann bekannt9) ; er scheint der Nach¬ 
folger des Rabbi Jakob Manes gewesen zu sein. Sein 
Grabstein ist nicht bekannt, dagegen findet sich 
Nr. 303 der Grabstein der „Riwka, Tochter des 
Rabbi Nathan Utitz, des Gerichtsvorsitzenden unserer 
Gemeinde, gestorben 3. Ellul 1785" 10). Um 1746 starb 
R. Abraham Poppers, ein Schüler des R. Jonathan 
Eibenschütz ir). 
Es folgt im Amte des Rabbiners Rabbi Simcha Pop¬ 
pers aus Prag, auch ein Schüler des großen Rabbi 
Jonathan Eibenschütz. Da die Gemeinde damals, etwa 
um das Jahr 1738, aus 73 Familien bestand12) und 
wenig leistungsfähig war, erlegte Rabbi Simcha Pop¬ 
pers 200 Gulden, welche die Herrschaft für seinen 
Amtsantritt verlangt hatte, für die Gemeinde als Dar¬ 
lehen. Er trat warm für seinen Lehrer Rabbi Jona¬ 
than Eibenschütz ein, um ihn gegen den Vorwurf der 
Ketzerei zu verteidigen (siehe Rosenzweig, Gedenk¬ 
buch) und wurde während seiner Wirksamkeit von 
Rabbi Beer Herz Emden Heilpern als Dajjan unter¬ 
stützt. Rabbi Simcha starb um 1760. Seine Grabin¬ 
schrift (Nr. 143) ist erhalten. 
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Auf ihn folgt wiederum ein Schüler des Rabbi Jo¬ 
nathan Eibenschütz, Abraham Isak Eisig Kolisch 
Liebna (aus Lieben), der samt seinem Sohne sogar mit 
dem Synagogenbanne gegen die Feinde des Eibenschütz 
vorgegangen war und, wie Rosenzweig berichtet, des¬ 
halb als Anhänger Sabbatei Zewis verschrieen wurde. 
Isak Kolisch war sehr verehrt; von der tiefen Trauer 
der Gemeinde über seinen Tod (7. Adar 1781) gibt 
sein Grabstein Zeugnis (Nr. 97). 
Rabbi Eisig Kolisch Liebnas Grabinschrift (nach 
dem Abschriftenverzeichnisse des alten Friedhofes): 
„Hier ruht ein Fürst der Tora. Isak war ein voll¬ 
kommenes Opfer. Vollkommen in seinen Taten. Seine 
Wege waren Wege der Lieblichkeit und rühmlich war 
er gebunden an den Altar mit allen Äußerungen 
seines Lebens. Viele Brunnen lebendigen Wassers 
grub er und schöpfte und tränkte die durstigen edlen 
Schüler. Er wich nicht aus dem Zelte der Lehre, am 
zu jedem Augenblick und zu jeder Zeit die Grenz¬ 
maße der Tora zu lehren. Seinem Munde entström¬ 
ten Edelsteine und viele neue liebliche Erkenntnisse, 
süßer als Honig und Honigseim. Sie hat gesammelt 
und in die Tat umgesetzt der Mann, dessen Leben 
reich an Werken nach allen vier Seiten des Tisches 
war (eine Anspielung auf umfassende Gesetzeskunde), 
das ist unser Herr und Lehrer, unsere Leuchte, unsere 
Zierde und Pracht: Der fromme und bescheidene 
Rabbi und Lehrer Rabbi Abraham Isak Eisig Kolisch 
Libna, Vorsitzende des Gerichtes unserer Gemeinde 
und des Kreises, sie möge blühen, und man nannte 
seinen Namen Isak, damit er ihm Richtlinie und Ge¬ 
danke sei." 
Auf der Rückseite des Steines: „Und vordem 
war sein Amtssitz zwischen erhabenen und hoch- 
edlen in der heiligen Gemeinde Prag, in der Stadt 
der großen Geisteshelden, im großen Lehrhause, wo¬ 
hin eine große Anzahl kam, die unter den Gewöhn¬ 
lichen schon als große und berühmte Gelehrte galten 
und nachher wurde er aufgenommen in die berühmte 
Gemeinde Stampfen. Er starb durch einen Gotteskuß 
und seine Seele ging in Reinheit und Heiligkeit von 
ihm. Am Todestage Moses, der uns die heilige Tora 
als Erbe hinterlassen hat, Sonntag den 7. Adar des 
Jahres 541 (1781). Friede sei mit ihm." 
Sein Nachfolger war sein ehemaliger Rabbinats- 
beisitzer, der später weitberühmte Rabbi Naphtali 
Herz Emden Heilpern, der vorher Rabbiner der alten 
Judengemeinde Eidlitz bei Komotau gewesen ist13). 
Herz Emden starb nach 13 jähriger Tätigkeit in 
Teplitz am 14. Siwan 5560 (1800) und ist auf dem 
hiesigen alten Friedhofe beerdigt (Gräbst. Nr. 96). 
Sein Tod wurde tief betrauert. 
Auch seine Frau Sara Gütel Emden ist hier ge¬ 
storben und beerdigt. Es ist uns auch sein Jahres¬ 
gehalt bekannt. Er bezog 208 Gulden. Seine Witwe 
88 Gulden. 
Grabinschrift des Rabbi Herz Emden Heilpern: 
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Im Verzeichnisse der Verstorbenen ist ihm ein 
gleich ehrender Nachruf gewidmet. 
Teplitz S 
048
	        
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