Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Böhm. Budweis. 
Die Entstehung der ersten Judengemeinde in Bud- 
weis (c. C. Budëjovice) läßt sich bis zu ihren Anfängen 
zurückverfolgen. König Ottokar II. gestattete am 18. 
April 1341 zwei Juden mit ihren Familien von wo im¬ 
mer, nur nicht aus den kgl. Städten, in B. aufzuneh¬ 
men, damit sie sich hier ansiedeln. Er sicherte ihnen 
die gleichen Rechte und Gewohnheiten zu, die sie in 
anderen kgl. Städten besaßen und um ihnen die Über¬ 
siedlung nach B. zu erleichtern, befreite sie der König 
vom Tage ihrer Ankunft angefangen durch zehn Jahre 
von allen Steuern und Abgaben. Bezüglich des Zinses 
an die Stadt hatten die Juden mit dieser ein Abkom¬ 
men zu treffen, der von ihnen geleistete Zins durfte 
aber nur zur Besserung und Erbauung der Mauern und 
Gräben verwendet werden („quoid idem census totali- 
ter in meloriacionem sive construccionem muri et bar- 
chani ipsius civitatis et nullas alibi convertaitur44) 1). 
Der erste Budweiser Jude, welcher urkundlich 
(1377) genannt wird, ist „Muschlinus judeus44, von dem 
es heißt, daß der Bürger Friedl Rendi als Bürge der 
Witwe Wesseler ihm und seinen Erben sein Haus ver¬ 
pfändete. Er wird noch wiederholt erwähnt, so auch 
1379, als er vor dem Rate bekennt, was die Witwe 
Wesseler bei ihm verpfändete. Ebenso tritt er 1380 als 
Gläubiger des Bauers Martin auf, der ihm vier Schock 
schuldete, und am 4. August 1383 als Gläubiger des 
Goldenkroner Abtes Gobelin, von dem er 85 Schock 
10 Groschen Prager Münze zu fordern hatte2). Er be¬ 
saß das Haus Nr. 218 in der seit dem Bestehen der 
Judenansiedlung mit Judengasse (vicus judeorum) 
bezeichneten, an die „Pfaffen-46 und „Saugasse46 an¬ 
grenzenden Straße, an deren unterem Ende nahe der 
linksseitigen Häuserreihe sich ein hoher, mit einem 
vorgekragten Rundgange und spitzem Dache versehe¬ 
ner Mauerturm erhob. Die Judengasse war nach außen 
ganz abgeschlossen, denn abgesehen von den drei 
Stadttoren (Piseker Tor, Strodenitzer Tor, Schwei¬ 
nitzer Tor) und der Pforte, die zu den Mühlen führte 
(1349 zum ersten Male erwähnt) 3), war die Stadt¬ 
mauer in der ältesten Zeit nirgends durchbrochen. 
Um 1380 war die Judengasse noch nicht vollständig 
ausgebaut. Auf der linken Seite der Gasse gab es nur 
acht Häuser, unter denen das des Kürschners Wenzel 
Pruns (heute Nr. 221) im J. 1396 als letztes erbaut 
worden sein dürfte. Auf der rechten Seite stand ala 
erstes Haus gegenüber dem Pfarrhofe das¡ Haus de3 
„Böhmen44 (domus Boëmi, Nr. 242) mit verhältnis¬ 
mäßig großer Grundfläche, im sechzehnten Jahrhun¬ 
derte „auf der Stiegen44 genannt, ihm folgte (1401) das 
Haus des Michel Funkramer, daran schlössen sich das 
Haus der Jüdin Chuna (Kuna, 1380) und noch weitere 
vier Häuser, so daß auch dieser Teil der Gasse damals 
eine ganz andere Einteilung zeigte wie heute. Es giah 
auf beiden Seiten noch freie Gründe, die erst im Ver< 
laufe des 15. Jhts. verbaut wurden, so daß erst das 
Haussteuerbuch von 1482 jene Hausfolge enthält, die 
noch heute besteht. 
In diesem Teile der Stadt wurde den Juden der 
Wohnplatz angewiesen. Hier lag auch ihre Synagoge. 
Über die Zeit ihrer Erwerbung oder Erbauung sind 
keine bestimmten Angaben vorhanden, doch lassen 
sich aus den vorgefundenen Aufzeichnungen immerhin 
Schlüsse ziehen, die dem wahren Sachverhalte ziem- 
Tempel (Außenansicht) 
lieh nahe kommen dürften. Neben dem schon früher 
erwähnten Juden Muschi werden 1378 die Budweiser 
Jüdinnen Johwe und Stane (?) als Gläubiger des 
Hauptschuldners Jaroslaus von Kropna und der Mit¬ 
verpflichteten Johann von Misletin und Johann 2izka 
von Trocnow mit einer Schuld von 3 Schock 6 Prager 
Groschen genannt'). 1380 erscheint der Jude Salmon 
als Besitzer des Hauses Nr. 220 in der Judengasse, 
während 1384 im Losungsverzeichnisse5) Ausgaben 
für den Unterkämmerer verrechnet werden, die durch 
den Juden Sundl und seinen Schwiegersohn zur Aus¬ 
zahlung gelangen. 
In diesen Jahren gab es mithin, entsprechend dem 
Privilegium Karl IV., tatsächlich nicht mehr als drei 
Judenhäuser und die ebenfalls im Losungsverzeich¬ 
nisse von 1380 erwähnte „Synagoge44. Da die vierte 
jüdische Familie, nämlich jene des Israël Sundl, eben¬ 
falls ihr Wohnhaus haben mußte, so kann dies wohl 
nur die Synagoge gewesen sein, deren Eigentümer eben 
C. Budèjovice 1 
44 
Böhm. Budweis 1
	        
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