Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Rumburg. 
Eine stärkere jüdische Ansiedlung von Juden in 
Rumburg (c. Rumburk) ist erst in der nachjosephini- 
schen Zeit zu verzeichnen. Die meist als Kaufleute 
ansässig gewordenen Juden gehörten zur Kultusge¬ 
meinde B. Leipa. Doch enthalten auch die Register 
der röm. kath. Pfarrgemeinden Hainspach und Nie¬ 
dergrund einzelne Juden betreffende Eintragungen. 
Die in der zweiten Hälfte des 19. Jhts. größer wer¬ 
dende Ansiedlung (die Volkszählung von 1880 ergab 
für die Stadt Rumburg 41 jüdische Seelen) führten 
zu der später durch das Gesetz über die Regelung 
der äußeren Rechtsverhältnisse der israeL Religions¬ 
genossenschaft vom 21. März 1890, R. G. Bl. Nr. 57, 
im J. 1892 auch normierten Verselbständigung. Durch 
die Durchführungsverordnung des Ministeriums für 
Kultus und Unterricht vom 10. März 1893, Z. 1021, 
Rb. Ignaz Popper 
ex 1892, wurde die K. G. Rumburg geschaffen, be¬ 
stehend aus den jetzigen Gerichtsbezirken Rumburg, 
Warnsdorf, Schluckenau und Hainspach (polit. Be¬ 
zirke Rumburg, Warnsdorf undi Schluckenau). Unter 
dem ersten K. V., Kaufmann Daniel Jerusalem, 
konstituierte sich die Gemeinde und berief im Dezem¬ 
ber 1893 als Seelsorger, den am 25. Juli 1859 geb., 
bis zu seinem am 17. November 1930 erfolgten Tode 
wirkenden Rb. Ignatz Popper. Unter diesem kam 
es dann bei zahlreicher Beteiligung und in Anwesen¬ 
heit der Behörden zur feierlichen Einweihung des in¬ 
zwischen errichteten Betsaales in der Klostergasse 
in R. Einen immerhin beachtenswerten moralischen 
Erfolg gegen die antisemitische Hetze errang die 
junge Gemeinde kurz darauf, als gegen alle Proteste 
vom Obersten Verwaltungsgerichtshofe die Berechti¬ 
gung der K. G. zur Vornahme der rituellen Schäch- 
tung anerkannt wurde. Mit Bescheid der k. k. Statt- 
halterei für Böhmen in Prag vom 20. Juli 1896 wur¬ 
den die Statuten der K. G. genehmigt, Dem ersten 
Vorsteher Jerusalem, welcher bald darauf nach Rei¬ 
chenberg übersiedelte, folgte Eduard B a n d 1 e r, der 
als frommer Jude und getreuer Nestor durch viele 
Jahre eifriges Vorstandsmitglied blieb und 1923 hoch¬ 
betagt in Hamburg starb. Nach einer kurzen Amts¬ 
periode des inzwischen gleichfalls schon verstorbenen 
Kaufmanns Emanuel Kraus folgte als Vorsteher der 
im höchsten Ansehen stehende Advokat Dr. Alfred 
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Adolf Bock 
K o h n, der im noch jugendlichen Alter von 39 Jah¬ 
ren 1906 starb. Ihm folgte Advokat Dr. Heinrich 
Margolius. Derzeitiger Vorsteher ist Fabrikant 
Emil Beer. Das jüdisch-religiöse Leben dier zur Kul¬ 
tusgemeinde gehörigen Bezirke und Orte konzentriert 
sich im Rumburger Bethause. Die Seelsorge, den Got¬ 
tesdienst und den Religionsunterricht an den diversen 
Volks-, Bürger- und Mittelschulen der Gemeinde lei¬ 
tete zuerst Rb. Ignatz Popper, dessen siebzigster 
Geburtstag im J. 1929 Anlaß zu mannigfachen Ehrun¬ 
gen bot. Ein Dokument vornehmster Gesinnung bil¬ 
dete dabei besonders eine freundschaftliche Zuschrift 
des Bischofs der altkatholischen Kirche. Die Juden 
des Sprengeis erfreuen sich fast durchwegs eines wirt¬ 
schaftlichen Wohlstandes und trotz aller gegensätz¬ 
licher Einstellung doch des uneingeschränkten An¬ 
sehens. Als Künstlerpersönlichkeiten von Rang sind 
Innenansicht des Betsaales 
noch zwei Söhne des obenerwähnten langjährigen 
Vorstandmitgliedes Bandler zu nennen, der in Ham¬ 
burg als Konzertmeister wirkende Heinrich Band¬ 
ler und der bekannte Opernsänger Rudolf Band¬ 
ler. Die K. G. zählt derzeit 360 Seelen und 124 
Steuerzahler. 
Im J. 1930 wurde in Warnsdorf durch Frau Hanna 
Steiner, Prag, eine Ortsgruppe der „Wizo" gegründet. 
Vorsitzende Fr. Vally Weiss. 
Dr. Alfred Kohn 
Rumburk 1 
578 
Rumburg 1
	        
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