vorn Könige Ferdinand I. zur Stadt erhoben. Vielleicht
hatte die Erhebung zum Städtchen auch die Ansied-
lung der Juden zur Folge. Als Judenhäuser werden
heute noch die alten strohgedeckten Holzhäuser be¬
zeichnet (neue Nummern 84—90), welche am Nord¬
rande des Marktplatzes liegen. Am 14. Juni 1695 wird
in der Tauf- und Sterbematrik des Pfarrsprengel s
Gesna die Taufe eines hebräischen Mädchens aus P,
durch den berühmten Kladrauer Abt Maurus Fintzgut
erwähnt; die damalige Herrin von P. Theresia Fran¬
ziska von Rziczan erscheint als Taufpatin. Es ist also
das Vorhandensein der Juden im 17. Jht. beglaubigt.
Auch hatten die Juden Giebigkeiten zu machen. Das
geht aus den Aufzeichnungen des Pfarrers Benedikt
Götz in Gesna (1694—1722) hervor, welcher schreibt:
„Die Piwaner Juden geben bei der jährlichen Samm¬
lung dem Herrn Pfarrer l1/2 Pfund Wachs, im übrigen
nichts." Das in der Schulchronik mit 400 Jahren ange¬
gebene Alter des Judenfriedhofes verstärkt die An¬
nahme, daß die Juden sich in der zweiten Hälfte des
16. Jhts. in P. niedergelassen haben. Im J. 1849 (Kohn
Not.) lebten in P. 10 Judenfamilien, i. J. 1890 zählte
man noch 18 jüd. Bewohner. Die Synagoge befand sich
auf dem Dorfplatze. Der in malerischer Lage auf einer
Anhöhe südlich des Dorfes gelegene Friedhof befindet
sich gegenwärtig im Vergleiche zu den Friedhöfen in
Dölit sehen und Leiter in einem verwahrlosten
Zustande. Die noch erhaltenen Grabsteine zeigen Auf¬
schriften von S t a a b, Mies, W i 1 k i s c h e n, Wei-
perschitz u. a. Gegenwärtig werden nur selten
mehr die Totein der in der nächsten Nachbarschaft
wohnhaften Judenfamilien hier bestattet. Im nahen
Ullitz wohnten zu Beginn des vorigen Jhts. 12 Fami¬
lien. Als K. V. sind noch Emanuel Steiner (um
1880) und Moritz Hofmann (um 1890) bekannt.
Der letzte Rlg. und Schächter war Emanuel Stei¬
ner. In U 1 1 i t z befand sich eine Betstube in einem
der Herrschaft gehörenden Privathause, wofür ein
jährlicher Mietzins von 40 fl. bezahlt wurde; dieselbe
wurde noch bis zum J. 1918 benützt. Nach der Rück¬
kehr von 6 in Ullitz wohnenden jüd. Flüchtlingsfami-
lien nach Galizien wurde die Betstube aufgelassen.
DieseF lüchtlinge haben auch alle Schriften und Gebet¬
bücher der früheren J. G. erworben und mitgenom¬
men. Gegenwärtig wohnen auf dem Gebiete der ehe¬
maligen Gemeinde noch die Judenfamilien Bernhard
P r e 111 s 1 e r und Moritz Premsler in Ullitz und
Bienenfeldin Pleschnitz.
In der Umgebung von M. befand sich auch die alte
J. G.
WILKISCHEN (c. VLKYS)
mit Hermannshütte, woselbst früher eines der bedeu¬
tendsten Eisengußwerke in Betrieb war, das in eine
Hohlglasfabrik der Firma Stolz le umgewandelt
wurde. Das Gut und das Dorf W. gehörte zu Anfang
des 17. Jhts. dem Andreas Gottschmis. Nach der
Schlacht am Weißen Berge wurde es konfisziert und
1623 an Adam Georg Kokorzowecz verkauft. Kurz
darauf gelangte es in den Besitz der Ritter von Kfelirz
und später an die Herren Wodniansky. Um 1788 war
Johann Franz Freiherr von Widersberg Besitzer von
W. Ihm folgte Frau Hanisch und Baron Hermann vcui
Lindsheim. Im J. 1863 ging das Gut in die Hände der
Prager Eisenindustriegesellschaft über, die es i. J.
1872 an Franz Josef Schulltes verkaufte. Das zur Herr¬
schaft W. gehörende Gut Worhabischen wurde i. J.
1877 an die Familie Siegler verkauft.
Judenfamilien sind seit Ende des 18. Jhts. nachweis¬
bar. Die J. G. bestand seit 7. Oktober 1868. K. V. wa¬
ren Emanuel F r e u n d bis 17. August 1884, Ignaz
L e d e r e r bis 16. Oktober 1887 und Albert Berg¬
ler bis 1890. Zur J. G. W. gehörten die Dörfer Hnie-
mitz und Elhotten. Nach der Einverleibung waren ge¬
schäftsführende Vorsteher: Albert Bergler bis
11918, Ludwig Gerber bis 1930, Salomon Flei¬
scher bis 1932 und Arnold B r u 11 n e r seit 1932. Als
Rgl. waren angestellt: Markus Lederer, Samuel
Springer und Alois A 11 s c h u 1. Beerdigungsort
war der Friedhof in Piwana, jetzt M. Das Bethaus war
früher im Kopischliofe, dann im Hause des K. V. Al¬
bert Bergler, jetzt in einem Privathause, welches ehe¬
dem dem Siegmund L ö b n e r gehörte. Von alten
Schriften sind Gebetbücher aus dem J. 1804 in Ver¬
wahrung. Nach Kohn Not. gab es in W. i. J. 1849 4 Ju¬
denfamilien. Gegenwärtig sind folgende Familien an¬
säßig: Ludwig Gerber, Kaufmann, Arnold Brun¬
ne r, Kaufmann, Adolf Zunterstein, Kaufmann
und Berta Fleischer, Warenhandlung. Das Gut
Worhabschen besitzt Alfred S i e g 1 e r.
14 km südlich von M. liegt das Dorf
NEDRASCHITZ (c. NEDRASICE)
mit einem im 18. Jht. erbauten Schlosse. Auch die
Dorfkapel'le wurde im J. 1750 von der Gutsherrin
Frau Merklinsky von Merklin errichtet.
Im J. 1827 spendete der aus N. stammende Gro߬
händler und Lederfabrikant Julius W o 1 f n e r in Pest
für die Gemeindearmen 2000 fl. mit der Bestimmung,
daß ein Armenhaus erbaut werde oder der Zinsener¬
trag zu gleichen Teilen armen jüd. und christl. Fami¬
lien zugewendet werde. Aus diesem Fonde bezieht
noch heute eine jüd. Familie Unterstützung. Im
Schulhausgange ist eine eherne Tafel angebracht:
,,Den W ohltät er n dieser Schule Ludwig und Siegmund
Wolfner gewidmet von der dankbaren Gemeinde
Nedraschitz 1882." Letztere waren Großindustrielle
und Lederfabrikanten in Budapest und spendeten zum
Schulbaue 500 fl. 75 fl. spendeten zum gleichen
Zwecke die Brüder Abeles, Großhändler in Eger.
Alle waren gebürtige Nedraschitzer.
Die Toten werden jetzt noch im Friedhofe von Dö¬
lzschen begraben. Die J. G. besaß ein Bethaus, noch
heute Tempel genannt, jetzt Nr. 55. Besitzer ist der
jetzige Gutsherr von N. Georg Helm. Im J. 1849
lebten in N. 11 Judenfamilien. Seit 1857 ist die isr. Be¬
völkerung in steter Abnahme begriffen, während sie
früher einen beträchtlichen Teil der Ortsbewohner
bildete. 1857 zählte man 53 Juden, 1891 nur 19. Sie
wanderten nach Dorf Tuschkau, Pilsen, Mies, Kostel-
zen, Kladrau, Eger, Budapest und Amerika aus. In¬
folgedessen sind 9 von 15 Judenhäusern ohne Feld¬
besitz in christl. Besitz gekommen. Es sind dies die
Nummern 16, 17, 20, 30, 34, 51, 52, 61 und 62. Gegen¬
wärtig leben in N. die Familien Alfred P o p p e r,
Kaufmann und David Glaser, Rentner; in Kostel-
zen die Familie Buch s b a u m, Kaufmann und Vieh¬
händler.
An die J. G. Schweißing grenzte die Gemeinde
OSCHELIN (c. OSELÍN).
Hier stand einst eine Feste, an deren Stelle i. J. 1786
ein Schloß von Franz Joachim von Schirnding erbaut
wurde. Später wurde O. Besitz der Herren von Schwei¬
ßing. Die Gemeinde hatte ein Bethaus. Begräbnisstätte
war der Friedhof von Leiter. Im sogenannten There¬
sianischen Kataster (1740—1780) sind für die Ge¬
meinde O. angeführt: David Benedikt, 32 Jahre
alt, sein Weib Söhre! 28, David 9, Tochter Giti 7,
Sohn Maim David 3, wohnhaft in herrschaftlicher
26
401
Mies 3