Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Afies und Umgebung. 
Bearbeitet von 
W. Wach, Oberlehrer i. /?., Mies. 
JDie Stadt Mies (c. Stribro) liegt malerisch am Mit- 
tellaufe der Miesa an der Staatsbahnstrecke Wien— 
Gmünd—Eger. M. ist der Sitz der pol. Bezirksbehörde 
des größten, 4 Gerichtsbezirke (Mies, Tuschkau, 
Staab und Dobrzan) mit 8 Städten und 134 Landge¬ 
meinden umfassenden Bezirkes Böhmens. Der Name 
Stribro stammt von den seit dem 12. Jht. bestan¬ 
denen Silberbergwerken. Die Gründung der Stadt 
fällt in das J. 1131. In Urkunden von 1231 und 1266 
erscheint M. als Stadt, seit 1275 als kgl. Bergstadt, 
welche die ersten Freiheiten vom König Johann, 
die weiteren von Karl IV. erhielt. Im J. 1421 be¬ 
lagerte Zizka erfolglos M.; dagegen nahmen die 
Hussiten 1426 die Stadt ein und das M. belagernde 
Reichsheer wurde 1427 in die Flucht geschlagen. 
Während der Blütezeit der Stadt wurde 1528 die 
Stadtkirche, 1555—1560 die steinerne Miesabrücke 
und 1543 das Rathaus erbaut. Im 30 jähr. Kriege litt 
M. von Freund und Feind sehr. Vom 22. auf den 23. 
Feber 1634 übernachtete der große Feldherr Wallen¬ 
stein in M. Schon nach wenigen Tagen wurde die Lei¬ 
che des in Eger ermordeten Generals nach M. ge¬ 
bracht und 2 Jahre lang in der Minoritengruft aufbe¬ 
wahrt. Durch den Bahnverkehr und durch seine Lehr¬ 
anstalten (Staatsgymnasium, gegr. 1870 und Lehrer¬ 
bildungsanstalt, gegr. 1899) nahm die Stadt einen 
steten Aufschwung. Aus vorhussitischer Zeit blieb ein 
Gerichtsbuch erhalten, dessen Eintragungen den J. 
1380—1392 angehören. Schon 1368 wird in einer Ur¬ 
kunde ein Jude H a y m a n n genannt, 1380 ein Pul- 
mann, 1386 ein Josef und sein Sohn David. Sie 
werden als Geldgeber bezeichnet, welche einzelnen 
Bürgern sowie der Gemeinde Geld liehen. Um aus fi¬ 
nanzieller Not herauszukommen, wandte sich zu jener 
Zeit die Gemeinde M. auch an die Judenschaft in 
Pilsen und Eger. In einem besonderen Schreiben 
verbot König Wenzel den Miesern, den Juden T r o s 11, 
genannt Schwarz (Niger) zu belästigen oder zu 
mißhandeln. 
In den Kalenderaufzeichnungen des M. Bürgers und 
Töpfermeisters Matthias Reißer (1717—1804), der 
in der Nähe des „Judentörls66 wohnte, wird nur der 
Jude MändlLöwy, Handelsjude in Tachau, an drei 
Stellen als Kunde erwähnt. In derselben Schrift findet 
sich die Bemerkung, daß die Ausschließung der Juden 
aus der Bergstadt M. nicht im Interesse der Stadt lag, 
weil der Marktverkehr darunter litt. Trotzdem er¬ 
neuerte die k. k. Hofkammer am 23. Januar 1797, am 
4. Mai 1803 und das k. k.Landesgubernium am 9. Sep¬ 
tember 1825 die alten Verordnungen, wonach die Ju¬ 
den wegen Verschleppung der Bergwerksprodukte 
weder geduldet noch zu Jahrmärkten zugelassen wer¬ 
den sollten. Im J. 1862 zählte M. 4066 Einwohner, dar¬ 
unter 61 Juden. Die gegenwärtig in M. seßhaften Ju¬ 
denfamilien sind größtenteils in der Mitte des vorigen 
Jhts. aus den benachbarten J. G. nach M. übersiedelt. 
Die im Hofe des Hauses Nr. 16 am Ringplatze ge¬ 
legene schöne Synagoge wurde i. J. 1879 erbaut. 
Als K. V. amtierten Moritz L e d e r e r, Dr. Ignaz 
W eil, Max M a n d 1 e r, Emil Z u n t e r s t e i n, Dr. 
Gabriel Scherze r. Besondere Verdienste erwarb 
sich der über 40 Jahre als unbesoldeter Sekretär und 
Kassier tätige Fabrikant Jakob Naschauer. Als 
Jakob Naschauer 
Dr. Gabriel Scherzer 
Rb. Jakob Klemperer 
Rb. Bernhard Glaser 
Rb. wirkte vom J. 1875—1926 Moritz Sabbath, seit 
Juli 1926 Bernhard Glaser. 
Die jetzige K. G. wurde im J. 1890 gegründet. Sie 
umfaßt alle 59 Ortschaften des Gerichtsbezirkes M. 
Bethäuser bestehen noch in Wilkischen und in 
Kladrau; letzteres wird bloß an den hohen Feier¬ 
tagen benützt. Die K. G. besitzt seit dem J. 1900 einen 
in der Nähe der Stadt an der Kscheutzer Bezirks« 
Straße schön angelegten Friedhof; früher wurden die 
Mieser Juden in den Friedhöfen von P i w a il a, Do- 
1 i t s c h e n oder Leiter bestattet, deren Alter auf 
400 Jahre geschätzt wird. Die Matrikenführung begann 
mit dem J. 1883, die der aufgelösten Gemeinden mit 
1839. Das Gedenkbuch der K. G. wird seit 1917 ge¬ 
führt. Auf dem von der Gemeinde M. am Ringplatz er¬ 
richteten Heldendenkmal finden sich die Namen fol- 
39» 
Mies 1
	        
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