Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Luck und Luditz. 
Die Juden von Luck (c. Luka) werden das ersten¬ 
mal schon um das J. 1198 erwähnt. Der Sage nach 
sollen sie, aus Bayern kommend, als Holzbauern die¬ 
sen Ort gegründet haben. Unter König Ottokar Pre- 
mysl, also ein Jht. später, wurde von den Juden ein 
Sold verlangt, der in Form eines goldenen Kelches 
geleistet wurde. Aus dem 12. und 13. Jht. fehlen alle 
Nachrichten. Erst in den Jahren 1439—1459 finden 
wir wieder eine interessante Notiz. Ein Jude Wanek 
aus Weltwa, das heutige Mitwa, ist Lehensmann, Be¬ 
sitzer eineis Hofes. In der Urkunde wird erwähnt, 
daß er eine jüdische Andachtsstätte errichtete, so daß 
schon damals mit Sicherheit auf eine jüdische Ge¬ 
meinde mit einem Min jan geschlossen werden kann. 
Der dreißigjährige Krieg hat die Juden von Luck und 
ihre Gemeinde, insbesondere wegen der Pest, sehi 
stark dezimiert. 
Die Juden von Luck waren freie Juden, die es ver¬ 
standen, sich dauernd in die Gunst der Schloßherr¬ 
schaft zu setzen, während z. B. die Juden der Um¬ 
gebung in Tönischen und Werschetitz diese Vorzüge 
nicht besaßen. Luck war im Gegensatz zu dem nahe 
gelegenen Lichtenstadt, wo sich der Handel konzen¬ 
trierte (vgl. a. a. 0.) eine Schulstadt und ein Ort der 
Wissenschaft und Lehre. Im 18. und bis in die sieb¬ 
ziger Jahre des 19. Jht-s. hatte Luck eine hebr. Schule, 
eine jüd. Schule mit deutscher Unterrichtssprache 
und eine jüd. Unterrealschule, deren Besucher ihre 
Schulprüfungen in Duppau (c. Doupov) ablegen 
mußten. 
Noch im J. 1840 bezahlte die Lucker Judenge¬ 
meinde drei Lehrkräfte. Luck war auch eine Stadt 
des Buches. Noch im letzten Viertel des 18. Jhts. 
zählte man in L. sieben jüd. Buchbinder. 
Bis zum J. 1838 lebte die Lucker Judengemeinde 
ein mehr oder minder patriarchalisches Leben. Die 
Judengemeinde war sehr groß und zählte 1850 1030 
jüd. Seelen. 
Im J. 1842 vernichtete ein verheerender Brand 
viele Häuser, darunter auch den Tempel und viele 
wertvolle Urkunden. 
Dieses Unglück war auch ein Prüfstein im politi¬ 
schen Leben der Gemeinde. Philipp K o h n, im Volks¬ 
munde Feiwel Kohn genannt, dessen Nachkommen 
heute in Karlsbad, Prag, Pilsen, Zwittau, Teplitz und 
Dux wohnen, sowie Buxbaum, dessen Nachkom¬ 
men heute die bekannte Fabrikantenfamilie in Eipel 
sind, wollten einen neuen Geist in die Judengemeinde 
bringen, Bei den Wahlen v. J. 1850 siegten die Jungen 
gegen Joachim Goldmann, den früheren Kehillage- 
waltigen, dessen Nachkommen heute in Karlsbad, 
Teplitz und Wien wohnen. 
Mit der Ära Feiwel Kohns begann auch der Auf¬ 
stieg der ni cht jüd. Gemeinde, der politischen Ge¬ 
meinde Luck. Feiwel Kohn wurde auch polit. Bürger¬ 
meister von Luck, dessen Geschicke er durch 28 Jahre 
bestimmend beeinflußte. Er hatte überall Zutritt, bei 
den geistlichen und politischen Landes- und Kreiis- 
behörden und war Mitglied der Repräsentanz der 
böhm. Landesjudenschaft. Das Dorf Luck wurde zu 
einem Marktflecken erhoben, erhielt einen selbstän¬ 
digen Markt, erhielt ein eigenes Postamt mit einem 
jüd. Postmeister. Feiwel Kohn setzte den Brücken¬ 
bau durch, führte eine neue Straßenordnung ein, ließ 
den Marktplatz ordentlich pflastern, kurzum die 
Blüte der jüd. und nichtjüd. Gemeinde Luck ist ihm 
zu verdanken. Unter seiner Ära wurde der Tempel 
erbaut, die Chewra-Kadischa erhielt neue Statuten, 
die sogar für Pilsen maßgebend waren. Mikwa und 
Schlachtbank wurden renoviert und ausgebaut. Die 
Gemeinde hielt sich einen eigenen Prediger Israel 
F riedländer. Um diese Zeit erteilte auch der 
tüchtige, aber ebenso strenge Leopold F r i e d 1 ä n- 
d e r in Luck. 
Großen Ansehens erfreute sich der große Gelehrte 
und Vorsteher der Jeschiba in L. Reb Meir U1 1- 
m a n n. 
Das Gesellschaftsleben war ein recht reges, die 
Veranstaltungen zu Purim, Sukkot und Chanukka 
waren weit und breit bekannt und besucht. Der Witz¬ 
bold der Gemeinde war der Schammes Mathes 
Hase h, von dem noch heute Witze und humorvolle 
Geschichten zirkulieren und nacherzählt werden. 
Feiwel Kohn folgte dem Zuge der Zeit und verließ 
mit seiner Familie im J. 1879, nachdem er von der 
polit. Gemeinde zum Ehrenbürger von L. ernannt 
wurde, Luck und mit ihm andere familienreiche Mit¬ 
glieder der Gemeinde, wie Efraim Löbl nach Prag, 
die Familien Goldmann und Buxbaum. 
Die Nachkommen der Lucker Judengemeinde leben 
in der ganzen Welt. Sie sind bedeutende Vertreter 
des Handels, der Industrie, der freien Berufe — und 
last not least — der Wissenschaft. 
Die Familien Buxbaum, K 1 a u b e r, Glau¬ 
ber, Zentner und U 11 m a n n und bedeutende 
Nachfahren der Familien Kohn, Löbl sind aus 
Luck hervorgegangen. 
Mit dem Jahre 1880 beginnt der Abistieg und Auf¬ 
lösungsprozeß dieser alten Judengemeinde. 
Zur Erinnerung an die i. J. 1432 von dem jüd. 
Hofpächter Wanek errichtete erste jüd. Andachts¬ 
stätte in L. fand am 18. September 1932 in L. eine 
Gedenkfeier statt und viele Hunderte von treuen An¬ 
hängern und Nachkommen versammelten sich in L. 
Es war gleichzeitig eine Jahrhundertfeier, weil der 
jetzige Tempel ein Werk dreier Männer, die selbst 
weit und breit bekannt waren, nämlich Philipp Kohn, 
N. Buxbaum und Ephraim Löbl, errichtet wurde. Es 
war eine Familienfeier im schönsten Sinne des Wortes 
die Feier einer großen Familie, deren Mitglieder 
von nah und fern herbeigeeilt waren. Den Mittel^ 
punkt dieser erhebenden Feier bildete eine glanzvoll 
gehaltene Rede des Rb. Dr. Ign. Ziegler aus Karlsbad. 
Luka I 
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Luck 1
	        
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