Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Die Umschrift erwies sich deshalb als notwendig, 
weil die neuen Verhältnisse, unter denen die Juden 
in K. nach ihrer Vertreibung aus Plan lebten, neue 
Verordnungen von Seiten der Rabbiner notwendig 
machten und auch eine Neuordnung der Judenge¬ 
meinde nach innen notwendig geworden war. Der um 
diese Zeit amtierende Rb. Jehuda Arje ben Jizchak 
E 1 e j e k u m begann die früher auf losen Zetteln ge¬ 
schriebenen Verordnungen zu sammeln und die Um¬ 
schrift zu* überwachen. Die Umschrift wurde von dem 
damaligen Mohel der Gemeinde Jizchak begon¬ 
nen. Bedauerlicherweise aber finden sich in diesem 
Pinkas keinerlei Aufzeichnungen über die Entste¬ 
hung und die Geschicke der Juden bis zum J. 
1756. 
Zur Abtragung der Schulden für den Synagogenbau 
erließen die Vorsteher der Gemeinde mehrere Ver¬ 
ordnungen. Wer zum Beispiel an Sabbaten, Fest- 
imd Feiertagen zur Tora gerufen wurde, selbst wenn 
er einer von den Bediensteten der Gemeinde war, 
den Rb. ausgenommen, ebenso unverheiratete undi zu¬ 
gereiste Bürger, mußten für den Synagogenbau spen¬ 
den. Der Synagogendiener mußte an jedem Feiertage 
zu den Einzelnen gehen und die Spenden zu kassieren, 
um sie dann dem Verwalter des Synagogenbaues zu 
übergeben. Der Vorgänger hatte die Aufgabe, den 
Zugereisten die Verordnung über die Spenden zum 
Synagogenbau bekannt zu machen. Wurde einer Mit¬ 
glied der Gemeinde aufgerufen, mußte er spenden, 
was ihm von derselben auferlegt wurde. Wenn er 
aber viel über seine Verhältnisse spendete, so konnte 
ihm Kahal diese Spende dafür gelten lassen. Dem 
Synagogenverwalter wurde Ordnung und Gewissen¬ 
haftigkeit in der Geldgebahrung für den Synagogen¬ 
bau nahegelegt. 
Außer den Lasten für den Bau der Synagoge 
drückten die J. G. in K. auch noch andere Lasten. 
Vor allem war es die Kultussteuer, welche von Taxa¬ 
toren repartiert wurde. 
Die innere Ausstattung und Vollendung mag viel¬ 
leicht einige Jahre später durchgeführt worden sein. 
Der innere Baustil ist barock. An der Decke über 
dem Altare rechts stehen die lateinischen Worte; 
„Pictum a Carolo Sauersik anno mundi 5611.46 In 
diesem Jahre wahrscheinlich wurde die Malerei er¬ 
neuert. 
Von der Dankbarkeit der Juden für den Schutz, 
den ihnen Graf Sigismund von Haimhausen gewährte, 
zeugt eine Gedenktafel, die an der Wand, nördlich 
vom Altare, angebracht ist. 
Am Schlüsse dieser Gedenktafel heißt es: 
„Wir verpflichten unsere Nachkommen für ewige 
Zeiten, durch einen an dem jeweiligen Geburtstage 
des Herrn Grafen und der Frau Gräfin, sowie auch, 
wenn Gott sie einst ins bessere Leben abruft, an 
ihrem Todestage abzuhaltenden feierlichen Gottes¬ 
dienst mit Gebet und Predigt das Andenken an diese 
Wohltäterin der Gemeinde stets wach und rege zu er¬ 
halten." 
Gegenwärtig werden bei jeder Seelengedächtnis¬ 
feier vom Rabbiner folgende Namen verlesen: 
Wir gedenken heute des Herrn Grafen Sigismund 
von Haimhausen, der Frau Gräfin Wilhelmine von 
Berchem-Haimhausen, des Herrn Grafen Cajetan von 
Berchem-Haimhausen, des Herrn Grafen Hans Ernst 
von Berchem-Haimhausen, des Herrn Grafen Max 
von Berchem-Haimhausen. 
Was die Grafen Haimhausen Edles und Großes für 
die Kuttenplaner Juden getan haben, geht besonders 
aus dem Stiftsbrief hervor, dessen Original sich im 
Archiv der K. G. befindet, und den wir auszugsweise 
wiedergeben. 
Stiftsbrief. 
Wir Endesgefertigten, und zwar Hans Ernst Graf 
von Berchem-Haimhausen, Besitzer der Domaine Kut¬ 
tenplan, und die mitgefertigten Repräsentanten und 
Vorsteher der mit behördlich bestätigten Statuten ver- 
seltenen israel. K. G. in Kuttenplan, pol. Bezirk Plan 
im Königreiche Böhmen, Urkunden und bekennen 
für uns und unsere Rechts- beziehungsweise Amts¬ 
nachfolger, es habe der Verstorben Cajetan Graf Ber¬ 
chem-Haimhausen, königl. baierischer Kämmerer und 
Hauptmann à la suite, Landstand in Böhmen, laut 
der Widmungsurkunde vom 14. November 1843 die 
Errichtung einer Stiftung zur Anstellung eines Rb. 
und Religionslehrers in der isr. K. G. Kuttenplan, in¬ 
dem er hiezu einen Jahresbeitrag von 115 fl. Con¬ 
ventions-Münze für alle Zeiten sicherte, mit nach¬ 
stehenden Worten angeordnet: 
Nachdem ich schon lange schmerzlich wahrgenom¬ 
men habe, daß die auf meiner Herrschaft Kuttenplan 
und in dem Dorfe Dürrmaul befindlichen Israeliten 
in religiöser Hinsicht ganz verwaist und ihre Kinder¬ 
schulen beinahe gar nicht überwacht sind und mein 
Wunsch ist, daß dieselben einen tatkräftigen Predi¬ 
ger und Religionslehrer aus neuerer Schule hervor¬ 
gegangen und von unserem Jht. angemessen, den Lan¬ 
desgesetzen nicht entgegenstehenden Reformgesinnun¬ 
gen erglühend in K. wohnend anstellen, und dessen 
Existenz gesetzlich festgestellt werde. 
Nachdem sich ferner die Israeliten zu K. auf 
meine, an sie ergangene Aufforderung bereitwillig 
dazu entschlossen haben, einen derlei energischen, 
dem Wirkungskreis gewachsenen Prediger anzustel¬ 
len, allein nicht, besonders die Dürrmauler Gemeinde 
dermalen gar nicht vermögend genug sind, dessen 
Dotation vollständig aus ihren Mitteln, sondern die 
Kuttenplaner Israelitengemeinde nebst freier Woh¬ 
nung nur einen Jahresbeitrag von 100 Gulden C. M. 
zu decken, ich mich verbinde, mein Scherflein für 
Zustandebringung und feste Begründung einer derlei 
mit Gottes Willen segenreichen Prediger- beziehungs¬ 
weise Religionslehrer-Stiftung mit einem Betrage von 
115 fl. C. M. mit Ausschluß alles die Metallmünze 
repräsentierenden Papiergeldes, während meiner Leb¬ 
zeit aus der Kuttenplaner Rentkassa in vierteljähri¬ 
gen Raten, beziehbar zu Händen des Angestellten mit 
dem Beisatze beizutragen, daß wenn ich diesen Bei¬ 
trag nicht schon während meiner Lebzeit oder per 
Testament hypothekarisch sichergestellt haben sollte, 
er aus meinem rücklassenden Alloidal-Vermögen zu 
decken wäre, und meine Erben die gesetzliche Sicher¬ 
stellung zu veranlassen hätten, mitlerweile aber meine 
Kuttenplaner Renten hiefür haften sollen und es den 
beiden Gemeinden anheimgestellt bleibt, diese Ur¬ 
kunde ohne meinen ferneren Wissen und Beisein auf 
genannt meine Renten landtäflich intabulieren zu 
lassen. 
Ebenso hat die Gemeinde Kuttenplan als conditio 
sine qua non dieser meiner Stiftung den von ihr zur 
Dotation dieses Predigers ausgesprochenen Jahresbei¬ 
trag von 100 Gulden C. M. für ewige Zeilen gericht¬ 
lich sicherzustellen. 
Ebenso ist der Jahresbeitrag der K. G, Kuttenplan 
pr. 100 fl. C. M. oder 105 fl. ö. W. auf Grund der 
Erklärung vom 26. Feber 1879 ob der Realität der 
israel. K. G. NC. VII in K. laut Bescheid des Planer 
k. k. Bezirksgerichtes vom 8. März 1879 pfandrecht¬ 
lich sichergestellt. In Folge der mit geringen Unter¬ 
brechungen bestandenen Vakanz des Rabbinerpostens 
ist seit dem J. 1867 der obbezeichnete Jahresbeitrag 
des P. T. Domänenbesitzers pr. 115 fi. C. M. — 
120 fl. 75 kr. ö. W., im Sinne des Punktes 5 der 
Cliodová Plana 4 
338 
Kuttenplan 4
	        
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