Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

gen bis zum J. 1848 in Kraft blieben. Dieses Privileg 
bestimmte: 
1. Daß ihrer allhier bei der Stadt nicht mehr als 
acht Paar Eheleute wohnen möchten, welche in der 
Obrigkeit Belieben stehen, es wäre denn, daß von 
den obigen acht Paaren eins abstürbe, alsdann soll 
wiederum ein Paar Eheleute zusammenheiraten zuge¬ 
lassen werden, weilen bei der vorigen Obrigkeit auch 
nicht mehr gewesen seien. 
2. Der Obrigkeit sollen sie jährlich geben, was sie 
zu geben schuldig seien. 
3. Die ältesten Juden sollen den Rb. wählen und 
denselben der Obrigkeit vorstellen und sofern er nicht 
tauglich ist, denselben wiederum abschaffen und ei¬ 
nen andern wählen, bis er der Obrigkeit tauglich sein 
werde. 
4. Am Sonntag und andern gebotenen Feiertagen 
sollen sie nicht in der Stadt herum oder in der Chri¬ 
sten Häuser gehen, viel weniger in die Dörfer hinaus 
hausieren. 
5. In der Christen Häuser sollen sie nicht wohnen, 
sondern ihre öde und wiiste Häuser, wo vorhin die 
Juden gewohnt haben, in geraumer Zeit aufbauen ?) 
und die Christenhäuser, welche die Juden jetzt be¬ 
sitzen, den Christen wiederum verkaufen, da aber einem 
darin zu wohnen erlaubt würde, soll er wie die Chri¬ 
sten Kontribution darauf geben. 
6. Sie sollen im geringsten keinen Christen mit Ge¬ 
stank und Unflat nicht beschweren, sondern alles sau¬ 
berhalten. 
7. Der Gemeinde auf die Kontribution, was kon- 
tribuiert wird, sollen zu 100 fl. 8 fl. geben, ohne Ab¬ 
zug ihrer Geschenke oder Gewürze. 
8. An Wochenmärkten sollen die Christen die er¬ 
sten Stellen haben, ihre Kramen aufzubauen, wo es 
ihnen beliebt, hernach die Juden beisammen, und sol¬ 
len jedweden Wochenmarkt einer der Gemeinde drei 
Kreuzer Stättegeld zu geben schuldig sein und dem 
Gerichtsboten einen Kreuzer. Außerhalb des Wochen¬ 
marktes aber, in der Wochen, soll keiner in der Stadt 
noch auf den Vorstädten feil haben, sondern in ihren 
Häusern 
9. Sie sollen nicht mehreres als in 14 Tagen ein 
Rind oder vier kleine schlachten und solches Vieh, was 
sie schlachten werden, dem dazu Verordneten leben¬ 
dig weisen und ansagen, in den Dörfern aber, auf 
Hochzeiten, Kirmessen oder Kindstaufen zu schlach¬ 
ten sich nicht unterstehen dürfen. 
10. Sie sollen auch nicht mit Tuch und Wolle han¬ 
deln, auch dessen keine Niederlage durch fremde Ju¬ 
den einstellen. 
11. Ein jedweder Jude soll, mit was er handelt, der 
Gemeinde Zoll geben, wie es in der Gemeindetafel aus¬ 
gesetzt, welcher aber durch List der Gemeinde etwas 
entziehen wollte und dasselbe auf ihn erwiesen wür¬ 
de, der soll um das Seinige kommen und in die ver¬ 
diente Strafe fallen. 
12. Ein jedweder fremde Jude, der hier durchgeht, 
in «einem Durchgehen in einem Hause, es sei, wo es 
wolle, aufhielte, der soll der Gemeinde zwei Groschen 
Zoll geben, so er sich aber allhier über Nacht auf¬ 
hielte, der soll 3 kleine Groschen erlegen und ohne 
Bewilligung des Herrenrichters über drei Tage hier 
nicht verbleiben und täglich drei kleine Groschen zu 
geben schuldig sein, wie von alters geschehen ist. 
13. Es soll auch keiner mit altem Eisen, wie es Na¬ 
men haben mag, handeln. 
14. Sie sollen die Christen mit ungewöhnlichen und 
ungebräuchlichen Zinsen nicht überschätzen. 
15. Keine gestohlenen Sachen, wie sie immer Na 
men haben mögen, sollen sie nicht kaufen, unter Ver¬ 
lust ihrer Habe und Gut. 
16. Keinen Wein sollen sie nicht einkaufen, es wäre 
denn, daß sie von den ausgeliehenen Geldern den 
Wein an dem Zins annehmen, "was sie aber über ihren 
Trunk behielten, denselben eimer- oder seidelweise 
auf Grund und Boden nicht verkaufen, sondern frem¬ 
den Leuten faß- und halbweise lassen sollen. 
17. Keine rohe Leder oder unterschiedliche Felle 
auf der Obrigkeit Grund und Boden sollen sie nicht 
aufkaufen. 
18. Der Obrigkeit sollen sie allen Gehorsam leisten, 
gegen den Ehrenfesten Rat und Löbliche Gemeinde 
sich ehrerbietig zeigen und nicht zu dem bürgerlichen 
Amt ungehorsam und mit trutzigen Worten vorkom¬ 
men. Sofern aber, daß einer wider diese Artikel tun, 
denselben nicht nachleben wollte, der soll 100 fl. 
Straf zu erlegen schuldig sein und so er nicht zu be¬ 
zahlen hätte, die Stadt Grund und Boden meiden und 
zu keiner Gnade mehr angenommen werden. 
Gegeben in Collegio Soc. Jesu bei S. Clemens in der 
alten Stadt Prag im J. 1649 den 9. August. 
Andreas Dubuison, Johannes Wrbna 
Collegy S. Clem. Soc. JESU Collegy Soc. Jesu Litomer 
Rector Recktor „ b) 
In diesen Jahren war der gesamte Besitz in Böhmen 
aufgenommen und in den sogenannten „Steuerrollen"' 
niedergelegt worden. Die Steuerrolle für die Herr¬ 
schaft A. schreibt wörtlich über die damaligen Juden 
in A.: Zidé tarn od starodávna bydlívali, své domy meli 
a posavád mají7). 
Friedhof (Alter Teil) 
Der „Judenfriedhof<s liegt auf dem sogenannten Ju¬ 
denberge etwa eine Viertelstunde von der Stadt ent¬ 
fernt und ist Eigentum der Obrigkeit gewesen. Ur¬ 
sprünglich durften auf ihm nur Auschaer Juden be¬ 
graben werden, denn nur diese zahlten der Obrigkeit 
für die Benützung desselben und für den ursprünglich 
um ihn befindlichen Holzzaun jährlich 14 fl. dama¬ 
ligen Geldes. Da aber auch in Koblitz, Pitsohkowitz, 
Trnowan und Drahobus Juden wohnten, brachten 
dieselben ein Gesuch bei der Jesuitenobrigkeit in 
Liebeschitz ein mit der Bitte, ihre Toten auch 
auf dem Friedhofe in A. begraben zu dürfen. Am 27. 
Juli 1667 erschienen die Juden Mojses Hirsch und 
Mojses P a 1 11 von Nieder-Koblitz „anstatt der J. G. 
in der Residenz Liebeschitz und baten, ihnen neben 
dem Auschaer Judenbegräbnis8) einen Ort übergeben 
zu lassen, um ihre Toten dort zu bestatten9). Die 
Obrigkeit kam ihrer Bitte entgegen, erweiterte den 
jüd. Friedhof bei A. und es wurden nun alle verstorbe¬ 
nen Juden der Herrschaft hier begraben. Zugleich 
Auscha 2 
14
	        
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