Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Weiter soll sich Wolf Simon über den erhaltenen 
Heiratskontrakt vorbehältig ausweisen und zugleich 
wegen der in seinem Pachtvertrag vom 11. Dezember 
1797 erscheinenden Radierung verantworten. Die vor¬ 
benannten Juden haben sich des Handelns in K., da 
ihnen dies eingestellt ist, unter Strafe zu verhalten. 
Der Trafikant Naphtali Höfner hat das ehemalige 
Zimmermannsche Haus, weil es als eine untertänige 
Realität betrachtet wurde, zu räumen. Der von dem 
Low Baruch über das Franz Anton Wildnerische Haus 
unter 24. November 1802 abgeschlossene Mietskon¬ 
trakt wird als simulierter Mietskontrakt als ungültig 
erklärt. Auch das Jahr 1804 geht nicht spurlos vor¬ 
über und bringt den Ausweisbefehl von 11 Familien, 
und zwar : Abraham Baumgarten, Abraham 
Schwinger, Tauth Grundstein, erster Sohn 
Markus, Moses Lang, Jakob K ö n i g s t a 1, Aron 
Austerlitz, Josef Neumann, Ephraim W ert¬ 
ile i m e r, Wolf Heckler bis 1804 in Eger, Philipp 
N e u f e 1 d bis 1804 in Wallhof, Jonas Gottlieb. 
Es wird weiters darin gesagt: „sie sind von der hohen 
Landesstelle aus nicht zu dulden, alle mit Ausnahme 
des Moyses Dattelzweig, der als Ortsrabbiner eine scho¬ 
nende Rücksicht verdient und des Naphtalie Höfner, 
da er als Trafikant dort wohnen muß." Auch Moyses 
Feigl wurde, weil er mit der Obrigkeit einen Flu߬ 
hütten-Pachtkontrakt abgeschlossen hatte, von der 
Ausweisung verschont. Im J. 1806 sind 8 Juden von 
hier zum Militär vorgemerkt worden. Die für Juden 
ausgegebenen Pässe vom J. 1807 lauten nach Prag, 
Leipzig, Brünn, Pilsen usw. 
Über das eigentliche Alter des hiesigen T e m p e 1 s 
Tempel (Innenansicht) 
können wir leider infolge Fehlens jeglicher alter 
Quellen nichts genaues anführen und sind lediglich auf 
Vermutungen angewiesen^ Der jetzige Tempel stammt 
aus dem Anfang des 19. Jhts. (1803). Vor dem ange¬ 
bauten Hause CNo. 97 führte früher eine andere Stiege 
zu den beiden Frauengalerien, wo bis heute noch die 
beiden Eingangstüren zu sehen sind. Die seinerzeiti¬ 
gen Galerien sollen sehr primitiv gebaut gewesen sein. 
Jede Galerie wurde von 3 Säulen getragen und erhielt 
durch die Giebelfenster spärliches Licht. Der Tempel 
selbst besaß nebst dem Altar nur Gebetpulte, rings an 
den Wänden zogen sich Bänke. Wie früher überall, 
bestand auch hier die Beleuchtung aus Kerzen. Weiter 
finden wir ein Ansuchen an das Kreisamt, die ischon 
bestehende Synagoge weiter bestehen zu lassen. Zur 
KynSperk n./O. 3 3 
Erweiterung des Friedhofes wurde im J. 1814 um 
einen anschließenden Grund ebenso für die Erbauung 
einer Totenkammer angesucht und derselbe mit 120 fl. 
quittiert. Dabei war die Bedingung, daß die Juden¬ 
gemeinde einen jährlichen Zins von 30 kr., ferner, daß 
dieses Haus nicht von einem fremden oder nicht hie- 
her gehörigen Juden bewohnt werden darf. Schon im 
Jahre 1813 hat Frau Esther Maier aus Grait (Greiz) im 
Vogtland einen Geldbetrag für das neuerbaute Be- 
gräbnisihaus gespendet, mit der Bedingung, daß sie 
und ihre Familie ohne weitere Kosten hier beerdigt 
werden dürfen. 
Die Fremdentabelle vom J. 1817 nennt: Haus CNo. 
86 Barbara Popper, geb. 1789, Dienstmagd aus Rei¬ 
chenberg, Jüdin; Marianne Salomon 1797 aus Pauten, 
Pilsner Kreis, Markus Lori, geb. 1789, aus Putzlitz, 
Teinitzer Herrschaft. Weiteres bringt der Bequartie- 
rungiskataster der Stadt K. für Infanterie und Kaval¬ 
lerie aus dem J. 1820 folgende Juden mit einquar¬ 
tierter Mannschaftszahl und unter Angabe der Haus¬ 
nummer: 9 Jakob Lederer 1 Mann, CNo. 63 Löbl Low 
1 Mann, CNo. 90 Ephraim Gottlieb 2 Mann, CNo. 95 
Jakob Holzner 1 Mann, CNo. 96 Friedmann Feigl 
2 Mann, CNo. 97 Judenlehrer 1 Mann, CNo. Simon 
Gottlieb 2 Mann, CNo. 122 Jakob Königstal 1 Mann, 
CNo. 128 Ephraim Gottlieb 1 Mann, CNo. 129 Johann 
Grundstein 1 Mann, CNo. 130 Salomon Kohn 1 Mann, 
CNo. 168 Nathan Feigl 1 Mann, CNo. 169 Saul Feigl 
2 Mann, CNo. 178 Aron Höfner 1 Mann, CNo. 467 
Tischler Emanuel Gottlieb 2 Mann. Im J. 1820 kom¬ 
men in einer Liste wieder jüdische Hausbesitzer, wel¬ 
che zur Anschaffung einer Feuerlöschmaschine bei¬ 
trugen, vor. Der hiesige Branntweinbrenner Isak 
Wetzner brachte die Steingrüner Jüdin Klara Weiss, 
welche in Nebanitz tödlich verunglückte, nach K., wo 
sie auch beerdigt wurde. Durch den Zuzug der Katzen¬ 
grüner und Pochlowitzer Juden zu dem Gottesdienste 
entstand am 30. September 1821 infolge Platzmangels 
eine Rauferei, bei welcher der Vorsteher die Polizei 
zu Hilfe rufen mußte (Adolf Heller). Es werden fol¬ 
gende Juden dabei genannt: Löbl Heller aus Katzen¬ 
grün und Jonas Gottlieb, Alexander Baumgartl, Juda 
Austeriltz, Moyses Adler, Salomon und David Spiegl 
aus Pochlowitz. Einen interessanten Akt, der stark 
antisemitisch gehalten ist, finden wir im J. 1822, wo 
sich die Tuchmacherzunft gegen Jakob Heller in K. 
wegen Anschaffung von Maschinen stellt. In der Er¬ 
ledigung des Amtes in dieser Sache wird betont, daß 
der alte Zunftgeist nach Möglichkeit gesteuert werden 
soll. Das Pfarramt K. gibt im J. 1825 bekannt, daß 
den Juden am Purim oder Hamansfeste das Tanzen 
in jüdischen Wohnungen bei verschlossenen Türen 
erlaubt sei. Im gleichen Jahre wurde ein Protokoll 
beim Kirchenbirker Wirtschaftsamte wegen rückstän¬ 
digen Steuern der Kirchenbirker Juden zu dem Kö¬ 
nigsberger Gottesacker aufgenommen. Von Eger wird 
im J. 1828 das hiesige Pfarramt ersucht in den jüdi¬ 
schen Matriken wegen Eintragung des Markus Seligs- 
berg aus Eger nachzusehen, Als Rb. werden im J. 1795 
bis 1826 Jakob Königstal, Schulsinger, 1826 
Bienenfeld, 1830 Isak P e r i 1 e s, und 1835 Ja¬ 
kob L e d e r e r als Deutsch-Lehrer genannt. In 20 
Häusern wohnten hier im J. 1840 rund 140 Seelen. 
Im gleichen Jahre wurden die neuen Matriken ange¬ 
legt, wobei zu bemerken ist, daß auch schon vom J. 
1800 an ziemlich geordnete Matriken geführt wurden. 
Im J. 1841 wird berichtet, daß eine Winkelschule im 
Jakob Hellerischen Hause bestehen soll und dieser 
Unfug durch den Amtsdiener sogleich eingestellt 
werde. Welch große Rolle die Juden bei den Jahr¬ 
märkten spielten, geht daraus hervor, daß im J. 1844 
6 Königsberg 3
	        
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