Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden in Auscha. 
Bearbeitet von 
Direktor Josef Jarschel, Leitmeritz. 
Der ehemalige Besitzer der Herrschaft Auscha (c. 
Üstek), Johann von Michelsberg, hatte schon im J. 
1327 die Begünstigung erhalten, „auf seinen Gütern 
Juden zu halten66 1), doch haben wir von ihrem Auf¬ 
enthaltsorte und ihrer Anzahl keine Kenntnis. Erst 
unter der Herrschaft der S e z y m a können sie ur¬ 
kundlich nachgewiesen werden. Es muß sich damals 
eine wohlgeordnete J. G. in A. befunden haben, wel¬ 
che in der böhmischen Vorstadt ihre eigenen Häuser 
bewohnte und ein reges Leben entfaltete. Die schwer 
lesbaren Inschriften auf den alten Grabsteinen des 
jüd. Friedhofes reichen bis etwa 1570 zurück. Alte 
Grabsteine mit jüd. Schriften wurden auch im Dorfe 
K o b 1 i t z gefunden und zum Teil in die Häuser ein¬ 
gemauert, andere auf den Friedhof in A. übertragen. 
Gebetbücher in A. trugen den Vermerk: „Nach den 
K. G. Koblitz und AuschaUrkundliche Nachrichten 
liegen über das ganze 16. Jht. vor. 
1523 vermachte der Jude Isak seinem Bruder Jakob 
sein Vermögen; 1529 ließ der Jude Mausche aus Tep- 
litz eine Schuld des Auschaer Tuchmachers Kasper 
einverleiben; 1530 trugen die Landeshauptleute dem 
Johann Sezyma von Ousti und auf Auscha, erblichem 
Vorschneider des Königreiches Böhmen, auf, daß er 
verfüge, daß der Jude Isak, sein Untertan, von der 
Verhaftung des Peter Brocensky aus Sulowitz ablasse; 
1542 ließ der Jude Isak eine Schuld des Krziz einver¬ 
leiben; im selben Jahre ließ der Jude Abraham ein 
Haus einantworten; 1547 wird der Jude Jochem in A. 
erwähnt; 1548 verkaufte der Jude Khywa, welcher an¬ 
statt seines Bruders Kolman erschienen war, ein Haus 
in der böhmischen Vorstadt, in welchem die Flei¬ 
scherei betrieben wurde; 1552 kaufte der Jude Jo¬ 
chem ein Haus in der böhm. Vorstadt; 1555 wird der 
Jude Moyziss genannt; 1556 wird dieser Jude Moyziss 
als Richter der J. G. angeführt; 1558 kaufte Jakob Moy¬ 
ziss das Haus des Simon Me'lzer; 1559 wurde der Garten 
dieses Jakob Moyziss eingeantwortet. Er war also eine 
begüterte Persion in der J. G.; 1564^ verkaufte Schmied 
Holey sein in der böhm. Vorstadt befindliches Haus ne¬ 
ben Wenzel Henke und „¿em langen Juden'. Dieses 
Haus heißt noch heute „rfie Judenschmiede"; 1565 
verkaufte Gallus Melzer sein Häuschen „neben dem 
Juden Kaiman dem Juden Jakob, dem Glaser44; 1567 
verkaufte Mathes Sladek „das Haus neben der Stein¬ 
mühle, gegenüber Neptalymo Hirsch dem Juden I.sak"; 
1568 verkaufte der Schuhmacher Walenta das Haus 
in der böhm. Vorstadt dem Juden Khywa; als Khywa 
1574 starb, verkauften seine Witwe Regina und sein 
Sohn Abel dieses Haus dem Bäcker Kasper Richter; 
1569 wurde das Haus „zwischen dem Jangen Juden 
und dem Juden Khywa44 in der böhm. Vorstadt dem 
Johann Hauska verkauft; 1590 kaufte der Prager Jude 
Mausche ein Haus in der böhm. Vorstadt2). 
Die Sezyma besaßen die Herrschaft A. bis zum J. 
1623. Unter ihnen blühte die durch die Hussitenstiir- 
me arg mitgenommene Stadt wieder auf. Sie waren in 
ihren Anschauungen mäßig und duldsam, mehrere 
hatten ganz deutsche Frauen und sie förderten die 
Wiedereinwanderung deutscher Handwerker nach A. 
Den Juden waren sie gewogen und gestatteten z. B., 
daß sich der Jude Moses aus Rowensko im J. 1608 
in A. ansiedeln durfte. Er gab ein Schock Groschen 
Bürgerrechtstaxe und wurde „VorStädter Nachbar", 
d. h. Vorstadtbürger. 
Schon unter den Sezyma lassen sich die durch das 
noch zu erwähnende Familiengesetz festgestellten 
acht Judenfamilien für A. nachweisen. Dieses Fami¬ 
liengesetz enthält die Bestimmung, daß gleichzeitig 
nicht mehr als 8 Judenfamilien in der Stadt leben 
durften, welche ihre eigenen Judenhäuser in der böhm. 
Vorstadt bewohnen mußten. Diese 8 Familien waren 
Abraham, dessen Haus nicht näher bezeichnet ist; 
Khywa; sein Bruder Kaiman, dessen Haus in der 
böhm. Vorstadt „zwischen zwei Christenhäusern44 lag; 
Jakub, welcher das Haus neben Kaiman hatte; er war 
der Richter der J. G.; Neptali Hirsch gegenüber der 
Steinmühle; Isak neben der Steinmühle; der „lange 
Jude44 neben der Judeiischmiede sowie Zalman oder 
Salomon. Da die J. G. damals keine Synagoge besaß, 
hielt sie nach mündlichen Überlieferungen ihren Got¬ 
tesdienst im Hause des Neptali ab, von welchem be¬ 
richtet wird, daß dieses Haus anläßlich der Feier des 
Laubhüttenfestes durch Unvorsichtigkeit fast in 
Brand geraten wäre. 
* 
Die Sezyma schlössen sich im J. 1618 der Bewegung 
an, welche zum Prager Fenstersturze und zur Schlacht 
auf dem Weißen Berge am 8. November 1620 führte. 
Wie so viele andere wurden auch sie ihrer Güter für 
verlustig erklärt und die Herrschaft A. wurde vom 
Kaiser dem Orden der Jesuiten von St. Klement in 
der Altstadt Prag geschenkt3). Dadurch erhielten die 
Juden in A. eine geistliche Obrigkeit und sie mögen 
anfangs immerhin mit einiger Besorgnis ihrer weiteren 
Zukunft entgegen gesehen haben. Übten doch die Je¬ 
suiten die Zensur über alle hebräischen Bücher aus, 
war doch berichtet worden, daß sie die Juden ver¬ 
pflichtet hätten, jede Woche einmal eine christl. Pre¬ 
digt zu hören und daß die Judenknaben zu gewissen 
Zeiten das Jesuitenkollegium besuchen mußten4). 
Doch waren die Befürchtungen der Juden in A. grund¬ 
los gewesen. Die Jesuiten zeigten sich als gute Orga¬ 
nisatoren ihrer Besitzungen, sie hoben die Wirtschaft 
und besonders den Hopfenbau, und es konnte in den 
alten Urkunden kein Fall gefunden werden, daß sie 
die Juden irgendwo auf ihrer Herrschaft ungerecht be¬ 
drückt hätten. Die Rektoren des Prager wie auch des 
Leitmeritzer Kollegiums als Obrigkeit der Auschaer 
J. G. gaben ihnen in Durchführung der kaisl. Privile¬ 
gien Ferd. II. u. Ferd. III. am 9. August 1649 ein aus 
18. Artikeln bestehendes Privileg, dessen Bestimmun¬ 
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Auscha 1
	        
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