Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

zum Rathause, um wegen einer Schuld von 30 Talern 
für ausgeschrotenes Bier die Verlassenschaft des 
Christoph Bredau, in dessen Haus das Feuer ausgebro¬ 
chen und der mit Frau und Magd im Rauche erstickt 
war, pfänden zu lassen. Am 12. November desselben 
Jahres wurde er mit dem als berechtigt anerkannteil 
Betrage von 25 Rchst. befriedigt. Dieses hartherzige 
Vorgehen muß milder beurteilt werden, wenn wir le¬ 
sen, daß auch Salomon Aron durch die erschreckli¬ 
che Feuerbrunst um all das Seinige gekommen sei, so 
daß er am 27. Juli ansuchen mußte, eine Schuld von 
157 Schock 15 Groschen für gekaufte Wolle in Raten 
zu 50 Schock abzahlen zu dürfen, was ihm bewilligt 
wurde. Im Sommer 1636 machte er sich einer Beleidi¬ 
gung des Brüxer Magistrats schuldig, indem er vor 
dem sitzenden Rate des Städtchens Jechnitz sich ver¬ 
lauten ließ, die Brüxer Herren hätten in der unter 
ihrem Gerichtssiegel erteilten Abschrift der Aussage 
einer bei ihnen hingerichteten „Malefizperson" nicht 
die Wahrheit geschrieben. Die Durchführung des hier- 
wegen angestrengten Prozesses war dem Kaadner Ge¬ 
richte übertragen, welches ihn zu 3 Monaten Fron- 
festenarrests verurteilte, welches Urteil das von Aron 
angerufene Appellationsgericht bestätigte. Er büßte 
die Strafe in den Monaten Mai, Juni und Juli 1638 ab 
und unterbrach die Haft nur für die Dauer der jüdi¬ 
schen Pfingstfeiertage, die er daheim verbringen 
durfte, in der Zeit von Dienstag, dem 18. Mai, abends 
9 Uhr bis Freitag früh 3 Uhr; doch mußten Isak 
Sachs und Wolf Meier für die Rückkehr Arons zur 
festgesetzten Stunde Bürgen sein und waren für den 
Fall, als auch nur eine einzige Minute versäumt 
würde, dem Rate zur Strafe alsbald 20 Schock zu er¬ 
legen schuldig. 
Einem Bürger lieh er 1637 statt baren Geldes einige 
Wertsachen: ein goldenes Kettlein und etliche Ringe, 
26 Kronen schwer, ebenso einen Hyazinth, und mußte 
zur Sicherung seiner Forderung das Vermögen des 
Schuldners mit Beschlag belegen. 
Im September 1652 war er schon gestorben; denn 
am 23. dieses Monats kaufte von seiner Witwe namens 
Ara ein Schuldner ihres Mannes eine Forderung von 
31 Schock 28 Groschen um 11 Schock 6 Groschen. 
Jakob Salomon, gemeiniglich Jäck'l J. genannt, hatte 
eine Wohnung in dem Hause der Wa&sergasse, das 
heute die CNr. 156 trägt, inne, die 1650 der Schau¬ 
platz jener Tragödie war, welche für die Kaadner 
Juden die traurigsten Folgen nach sich zog. Vor dem 
genannten Jahre wird sein Name bloß zum J. 1636 
genannt, in einer etwas dunklen Angelegenheit. Mit 
einem Fuhrmanne aus Pöllma (Bez. K.) fuhr Jakob 
Salomon und eine Kaadner Frau namens Wa'lburg 
Türkin, die geklöppelte Spitzen zum Verkaufe bei 
sich hatte, nach Prag. Auf der Prager Altstadt kam 
die Frau weinend zum Fuhrmanne und klagte, daß 
ihre Spitzen verloren seien. Als sie nun auf der Rück¬ 
fahrt beim Wirt ,,Zum weißen RößP4 in Droschitz ein¬ 
kehrten, zeigte die Wirtin Spitzen vor, die ein Jude 
aus K. hier vertrunken habe, der auch noch weitere 
solche Spitzen zu bringen versprach. Die Frau er¬ 
kannte ihr Eigentum und löste es aus. Ob und mit 
welchem Ergebnis gegen Jäckl eingeschritten wurde, 
ist nicht überliefert. 
Wolf Meier wird in den Stadtbüchern bloß in den 
J. 1636, 1638 und 1639, u. zw. bei Ausbürgungen ge¬ 
nannt, gemeinsam mit anderen Juden. Ein einzigesmal 
tauchen die Namen Mendl Katzenstein J. allhier 
(1649), der als zufälliger Zeuge eines Wortwechsels 
zwischen Isak Brandeis und dem Kaadner Verwalter 
Dowitzer aussagte, und des Judas Lemmel J. (1650), 
gelegentlich einer Ausbürgung, auf. 
Von anderen in K. nicht heimischen, hier aber ge¬ 
schäftlich tätigen Juden kommen die von Eidlitz am 
häufigsten vor. Der Verkehr zwischen Eidlitzer Juden 
und den christl. und jüdischen Bewohnern Kaadens 
war überhaupt zu allen Zeiten rege und für das 
17. Jht. kann die Kaadner Judenschaft als eine Kolo¬ 
nie der Eidlitzer bezeichnet werden, die mit der 
Mutterstadt in engster Beziehung stand. Auch als die 
Juden aus K. verwiesen waren, fanden sich immer 
wieder vorzugsweise Eidlitzer ein, um hier ihren Geld- 
und Pfandgeschäften nachzugehen. 1619 hatte Nathan 
J. von Eidlitz etliche Sachen einer Kaadnerin pfand¬ 
weise in Händen und gab sie nicht heraus, obwohl er 
das Lösegeld hiefür empfangen hatte. Er wurde des¬ 
halb in die Fronfeste gebracht, aber durch die Will¬ 
kür des amtierenden Bürgermeisters ohne Wissen je¬ 
ner Frau freigelassen, worauf er flüchtig wurde. Nun 
forderte die Geschädigte Ersatz vom Bürgermeister 
und belegte, als dieser unterdes starb, seine Verlassen 
Schaft mit Beschlag. Judith, die Witwe nach Schwarz 
Abraham J. von Eidlitz, erteilte 1634 einigen Kaadner 
Juden die Vollmacht zur Einhebung ausstehender 
Gelder, weil sie nach Schlesien zu ihren Kindern rei¬ 
sen wollte, und verkaufte durch einen solchen Voll¬ 
machtträger 1636 eine Forderung von 225 Schock 
45 Groischen um 167 Schock 30 Groschen. Neben dem 
schwarzen Abraham tätigte auch der lange Abraham 
J. von Eidlitz mancherlei Geldgeschäfte in K., aber 
nachweisbar nur in den J. 1619, 1620 und 1621. Der 
Kaadner Dechant Hagelius von Rauersberg erzählt in 
seiner „Summarischen Relation \ daß, als im Sommer 
1620 alle katli. Räte ihres Amtes enthoben und mit 
entschiedenen Lutheranern ersetzt wurden, ein vor¬ 
nehmer Bürger aus den Katholischen, der auch seines 
Amtes verlustig ging und nun in geringem Respekt 
gehalten wurde, kein anderes Mittel, um wieder zum 
Amte und seinen Einkünften zu gelangen, zu finden 
wußte, als Utraquist zu werden, da die Katholischen 
nichts mehr galten. Als er solchergestalt wankelmütig 
gewesen, kam ein Jude von Eidlitz, der lange Abra¬ 
ham genannt, zu ihm, und als dieser merkte, daß ei¬ 
der Religion zweifelhaft stehe, redete er ihm stark zu 
und ermahnte ihn zur Standhaftigkeit, er solle bei¬ 
leibe von seiner Religion nicht weichen, der Kaiser 
werde, so Gott will, gar bald die Oberhand bekom¬ 
men. Und wenn der Jude dies nicht getan, würde jener 
gewißlich abgefallen sein. Ist also ein groß Wunder, 
daß ein ungläubiger Jude einen Christen in der Reli¬ 
gion stärkt. Dieser Abraham Lang J., der um 1630 in 
Saaz lebte, hatte 1621 der Kaadner Gemeinde ein 
Darlehen von 1500 Schock in leichter Münze ge¬ 
währt, welches bei der 1629 zur Regelung der Städte¬ 
schulden nach Brüx einberufenen Traktationskommis¬ 
sion 1000 Schok guter, gangbarer Münze gleichgesetzt 
wurde. Mit der Rückzahlung oder auch nur der Ver¬ 
zinsung beeilte sich die Stadt keineswegs. Als nach 
dem Tode des Abraham Lang seine Witwe, die sich 
mit ihren Kindern in der Stadt Priesen unter dem 
Schutze des Grafen Zdiarsky aufhielt, in Not geriet, 
kaum Nahrung und Kleider zu beschaffen wußte und 
die zum Teil schon heiratsfähig gewordenen Kinder 
aus Mangel an Mitteln nicht in den Ehestand treten 
konnten, wandte sie sich bei des Kaisers Anwesenheit 
in Böhmen an diesen und erwirkte den Auftrag vom 
12. Dezember 1647 an die Kaadner, mit ihr Abrech¬ 
nung zu pflegen und ihr wenigstens die rückständigen 
Zinsen auszufolgen. Sie hatten, selbst durch zwei gro¬ 
ße Stadtbrände, die Brandschatzungen des Krieges 
und Mißwachs bedrängt, nur von Zeit zu Zeit etwas 
Geringes abgestattet und seit 1644, auf das verfügte 
Moratorium gestützt, die Zinsenzahlung zur Ganze 
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