Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

men sein?) war ... Er war Rabbiner und Vater des 
Gerichtshofes der heiligen Gemeinde J. in Ehre und 
hohem Ansehen. 
X. Ihm folgte R. Jecheskel G 1 o g a u vulgo 
Schlesinger (der Name Schlesinger stammt von 
dem Worte Schlesien und bedeutet soviel als 
S c h 1 e s i e r, da Glogau heute noch zu Preußisch- 
Schlesien gehört. Es bietet dieser Übergang der Aus¬ 
sprache des e in ng einen interessanten Beitrag zur 
Aussprache des hebräischen „Ajin". R. Jecheskels 
Vater war Dajan [Appellant] in Glogau) genannt, in 
der Würde eines KRb. von J. Nicht nur dessen Werk 
nina (dieses Werk wurde von dessen 
Sohn R. Meïr Schlesinger in Prag, 1822 durch den 
Druck veröffentlicht) „Das Gesicht Jecheskels6', son¬ 
dern das Andenken, das sich vom Verewigten noch 
heute frisch erhalten, spricht dafür, daß er seinen 
Pflichten in jeder Weise musterhaft nachgekommen. 
Wie mir der nun im 88. Lebensjahre stehende Rabbi 
Moses Porges, der noch ein Schüler des Verewigten 
war, mitteilt, erhielt unser R. Jecheskel Glogau einen 
Ruf als Mitglied des vom Kaiser Napoleon I. einbe¬ 
rufenen Synhedrions. Ihm verdankt die hiesige Ch. 
K. eine Revision der Statuten. (Er unterzeichnete 
diese Statuten am Chanuka d. J. 1820, ein Jahr vor 
seinem Tode; welches in dem Satze „durch Liebe und 
Treue ivird die Sünde gesühntangedeutet war.) 
(Zu dessen Zeit herrschte noch die Unsitte, am sel¬ 
ben Tage oder spätestens den kommenden Tag den 
Toten zu bestatten.) Übersetzung: Hier ruht, der ge¬ 
storben und begraben wurde, am 24. Tage des Mona¬ 
tes Siwan 5581 (1821) der Rabbi Gaon, der berühm¬ 
te Lehrer R. Jecheskel Glogau, Vater des Gerichts¬ 
hauses und Schuloberhaupt unserer Gemeinde und 
des Kreises, Verfasser des Werkes „Mar'eh Jeches¬ 
kel" (die jüd. Autoren lieben es, in dem Titel ihrer 
Arbeiten ihren Namen oder den ihrer Eltern wieder¬ 
zugeben) über den Traktat Chulin aus dem babyloni¬ 
schen Talmud, er verbreitete Thora in Israël mehr als 
vierzig Jahre, sei es, daß er öffentlich talmudische 
Vorträge in Prag hielt, sei es, daß er in mehreren 
Gemeinden des Landes (Böhmen) Vater des Ge¬ 
richtshauses war, er stellte würdige Schüler aus, die 
sich verbreiteten im Lande und ausgezeichnet waren 
in der Halacha, die kämpften den Kampf gegen Sün¬ 
de und Unrecht, um abwendig zu machen viele vom 
unrechten Weg und sie zu führen zur Fahne der 
Pflichten und der Thora: Seine Seele sei verknüpft 
im Bunde des Lebens." Diese Grabschrift schildert 
in kurzen aber treffenden Worten die segensreiche 
Tätigkeit des R. Jecheskel Glogau vulgo Schlesinger 
genannt. 
Er hinterließ 3 Söhne, von denen der eine in der 
Fremde, in Frankreich, lebte und die beiden ande¬ 
ren Rabbi Meïr und Rabbi Jehuda (Löb) Glogau 
vulgo Schlesinger, Jünger und Förderer des Talmud¬ 
studiums wurden. R. Jehuda, Glogau, war Berauner 
KRb. (Er veröffentlichte „Ewel AwiTrauerrede 
auf das Hinscheiden des sei. hochgelehrten Herrn 
Ezechiel Schlesinger, KRb. zu Bunzlau; gehalten den 
22. Juli 1821. Prag 1821. Gedruckt in der Scholli¬ 
schen Buchdruckerei.) Dessen Bruder R. Meïr ver¬ 
öffentlichte die Werke nXftil enthal¬ 
tend eine Auslegung über das ritual-juristische Reli¬ 
gionswerk Schulchan-Aruch, Orach-Chajim auf die 
Abschnitte Zizith, Tefilin usw. und TNtt IßD 
Stammbaum der Familie Glogau-Schlesinger: Jo¬ 
sef Joel Segal, Rb. in Laslau-Posen (Einleitung zum 
Werke "ÏIKÛH jtttP). Sohn: Meier Dajjan, Sohn: Sa¬ 
muel Dajjan in Großglogau, Sohn: Jechskel Glogau, 
KRb. in Bunzlau, heiratete Chajja Sarah, Tochter des 
Abraham Bondi, Söhne: in Paris, Meier und Je¬ 
huda (Löb), Söhne des Letztgenannten: Josef, Sa¬ 
muel, Ezechiel Marcus, Kinder des Samuel: Carl, 
Emil, Eugen, Richard,, Louise, Camilla (verehelichte 
Benedict Singer), Malvine. 
XI. Einen würdigen Nachfolger fand R. Jecheskel 
Glogau in R. Isak Spitz (dessen Sohn Jonas Spitz 
veröffentlichte im J. 1843 unter dem Titel 
pPl2P Biographische Skizze des verewigten ehrwür* 
digen R. Isak Spitz, letztgewesenen KRb. zu J., 
eine vollständige Biographie seines großen Vaters. 
Sie enthält 34 Seiten in deutscher Sprache und 34 
Blätter in hebr. Sprache und bringt letztere formvoll¬ 
endete prosaische und poetische Arbeiten des sel. R. 
Isak Spitz.) Sohn des R. Benjamin Spitz, Sofer, Kalli¬ 
graph und Abschreiber der heiligen Gesetzesrollen 
in Kolin. R. Isak Spitz wurde im J. 1766 in Kolin 
geboren. (Der Name seiner Mutter war Sarah, wie 
aus der Grabsteininschrift unseres R. Isak Spitz er¬ 
hellt), genoß den ersten Unterricht in seiner Vater¬ 
stadt, ging nach vollendetem 13. Lebensjahre nach 
Prag, wo er die Vorlesungen des weltberühmten Pra¬ 
ger ORb. R. Jecheskel Landau mit seltenem Fleiß 
und Erfolge besuchte. Nachdem er in Breznitz, dem 
damaligen Sitze des Prachiner (Piseker) Kreisrabbi- 
nats, einige Jahre dieses Amt in Treue verwaltet 
hatte, kam er im August des J. 1824 nach J., woselbst 
er bis an sein Lebensende, dem 6. Mai 1842, segens¬ 
reich wirkte. Da der berühmte Dichter Moritz Hart¬ 
mann ein Enkel des Verewigten Rb. Isak Spitz ist, 
wollen wir in Kürze dessen Stammbaum geben: Rabbi 
Benjamin Spitz, Sofer in Kolin — R. Isak Spitz, hei¬ 
ratete Rebekka, Tochter des Eleasar Flekeles; Kin¬ 
der: Tochter Schewa, heiratete Israel Hartmann 
(Sohn: Dichter Moritz Hartmann), Sohn Jonas 
Spitz, Lehrer in Kolin. 
Indem wir die näheren Details übergehen, ver¬ 
weisen wir auf die mit Liebe geschriebene Biographie 
des Sohnes R. Jonas und wollen nur noch zum 
Schlüsse die Grabsteininschrift des R. Isak Spitz 
mitteilen. Sie lautet: (Übersetzung): Hier ist begra¬ 
ben Seiner Ehrwürden unser Lehrer R. Isak Spitz, 
Vater des Gerichtshauses der heiligen Gemeinde J. 
und des dazu gehörigen Kreises, Schwiegersohn des 
Gaon, des berühmten Lehrers R. Elieser Flekles 
(seine Seele sei in Eden), Oberjurist in der heiligen 
Gemeinde Prag. Isak verschied und wurde zu seinem 
Volke versammelt, Freitag, am Rüsttag des heiligen 
Sabbat und 41. Tage (das ist nämlich der 41. Tag im 
Zählen der Omertage) nach der Zählung Israels, im 
Jahre 602 (1842) und wurde begraben in großer Ehre 
unter Beteiligung der gesamten (auch christlichen) 
Bevölkerung, was man vorher nicht gesehen. — 
Unser Vater! Sollen wir etwa diesen Stein Dir zum 
Gedächtnis setzen? — Soll er etwa Deinen makel¬ 
losen Wandel dem kommenden Geschlechte ver¬ 
künden, soll er melden von Deiner Gerechtigkeits¬ 
liebe, Deinem Wissen, Deiner Weisheit und Deinen 
edlen Werken? Wahrlich an dem Steine nagt der 
Zahn der Zeit und nach Verlauf einiger Jahre ist 
auch er nicht mehr. (Und wahrlich, der Stein ist nach 
kaum 46 Jahren sehr schwer leserlich und ist es eine 
Ehrenpflicht unserer Gemeinde diesem verewigten 
Rb. einen würdigen Grabstein setzen zu lassen u. zw. 
zur eigenen Ehre.) Du selbst aber hast Dir einen 
Denkstein in den lichten Höhen gesetzt, da ist Dein 
tugendhafter Lebenswandel mit göttlichem Finger 
für die Ewigkeit verzeichnet, die Friedensengel wer¬ 
den Dir Ruhmeskronen winden, Dein Geist wird ein- 
Ml. Boleslav 14 
Jungbunzlau 14
	        
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