Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

1893. Am 28. August diases Jahres wurde die isr. 
K. G. gegründet, die die Funktion des bisherigen Kul¬ 
tusvereins übernahm. K. V. wurde Daniel Mendel. 
Ebenso blieb Emanuel Lederer als Tempelvorsteher 
weiter im Amte. 
1895. In diesem, Jahre ergibt die Zählung 517 Juden 
in G. 
1900. Um die Jahrhundertwende, die genaue Jahres¬ 
zahl läßt sich heute nicht mehr feststellen, vollzieht 
sich ein für die Geschichte der Gablonzer Judenschaft 
denkwürdiges Ereignis. Eine kleine, aber tatkräftige 
Schar selbstbewußter Juden schließt sich zusammen 
und gründet den Zionistischen Volksverein „Theodor 
Herzl", dessen erster Obmann M. D. U r a b i n wur¬ 
de. Ihm folgen nach mehreren Jahren Ludwig H o j - 
t a s c h, Siegfried Weil, Dr. Artur Freund, Dr. 
Paul Löwy und Emil Duschak. 
1902. Einen harten Schlag erleidet die I. K. G. durch 
das Ableben von JUDr. Hermann Adler, dem Be¬ 
gründer des Kultusvereins, der am 15. November 
1902 die Augen für immer schließt. 
1903 wird der isr. Tempelchorverein ins Leben ge¬ 
rufen, dem anfangs Karl P o 11 a k, später Komm.-Rat 
Max Rafael und derzeit Dr. Z e 11 e r vorstehen. 
1911. Einen schweren und unersetzlichen Verlust 
erleidet die isr. K. G. am 26. April 1911 durch den 
Tod von Daniel Mendel, der der Gablonzer Juden¬ 
schaft seit 1877 erst als Vorsteher des Kultusvereins, 
nach Begründung der K. G. als K. V. ein vorbildlicher 
Führer war. Mit seiner Stellvertretung wurde Erna- 
nuel Lederer betraut, bis 
1912 Adolf Schindler zum K. V. gewählt wird, wel¬ 
ches Ehrenamt er bis zu seinem Ableben, am 4. Mai 
1921, versieht. 
1914 trifft die Gemeinde G. ein neuer schwerer 
Schlag. Am 7. Feber schließt Emanuel Leder er 
für immer die Augen, der seit 1878 eine führende 
Stelle in ihr eingenommen hatte, anfänglich als Matri¬ 
kenführer, seit dem Tempelbau im J, 1892 als Tem- 
Adolf Schindler Adolf Fried 
pelvorsteher. Sein Nachfolger wird Adolf Fried, bis 
im J. 1921 ihn die K. G. durch eine Wahl als Vor¬ 
steher an andere Stelle beruft. 
1921 übernimmt Adolf Fried sein Amt als K. V., 
das er bis Feber 1928 versieht. Zum Tempelvorsteher 
werden Karl Schlesinger und Ludwig Glä߬ 
ner gewählt. 
1926. Am 26. Oktober 1926 erschüttert eine Trauer¬ 
botschaft jedes jüdische Herz der Gemeinde G. Rb. 
Dr. Hermann B a n e t h, von seiner Gemeinde ver¬ 
ehrt und geachtet, ist dahingegangen. Er, der immer 
ein Mann von unbeugsamer Rechtlichkeit gewesen 
war, hatte in der für ihn charakteristischen Beschei¬ 
denheit verfügt, daß an seinem Grabe nicht gespro¬ 
chen werden solle. Wenn es nun seiner Gemeinde 
nicht vergönnt gewesen war, seine unermeßlichen 
Verdienste an seinem Grabe zu würdigen, so ließ es 
sich dieselbe nicht nehmen in einer Trauerfeier im 
Tempel am 31. Oktober 1926 ihrem Schmerze Aus¬ 
druck zu geben. Unter zahlreichen Rabbinern aus nah 
und fern nahmen an dieser Feier ORb. Dr. Brody 
Mathilde Bunzel 
Weil 
aus Prag teil, der in ergreifenden Worten die Ver¬ 
dienste des Verblichenen würdigte. 
1927 trifft die Gemeinde ein neuer schwerer Ver¬ 
lust durch das Ableben des T. V. Karl Schlesin¬ 
ger am 15. August 1927. Seither versieht Ludwig 
Gläßner allein die Funktion des T. V. 
1928. Am 12. Feber 1928 finden Neuwahlen in die 
K. G. statt, zum ersten Male nach einem demokrati¬ 
schen Wahlsystem, das eine Beteiligung der ganzen 
Judenschaft zuläßt, im Gegensatze zum früheren 
Wahlsystem. Nach erbittertem Wahlkampfe entsendet 
die Gablonzer Judenschaft folgende Vertreter in den 
Vorstand der K. G. 8 Zionisten, 8 Mitglieder der Fort¬ 
schrittspartei, 2 Orthodoxe. Zum ersten Male ziehen 
Zionisten in ansehnlicher Stärke in die K. G. ein. Zum 
Vorsteher wird der Zionist Siegfried Weil gewählt. 
1930. Im Feber verliert die Gemeinde den langjäh¬ 
rigen und verdienstvollen T. V. Gläßner. An seine 
Stelle tritt Herr Bela Braun. Am 8. März über¬ 
nimmt Herr Dr. Georg Vida aus Czongrad das Amt 
des Rabbiners der Gemeinde. 
Im Oktober stirbt der langjährige, allgemein ge¬ 
schätzte OKt. Geiringer, an dessen Stelle im 
August 1931 Herr OKt. Ignaz T r a g e r tritt. 
Ebenso rasch wie sich der Bevölkerungszuwachs in 
G. im allgemeinen vollzog, Vollzog sich der (zahlen¬ 
mäßige) Aufschwung der K. G. Derselben gehören 
heute 900 Seelen an, auf die 300 Steuerzahler ent¬ 
fallen. Eine sehr große Zahl der hiesigen Juden sind 
Ausländer, u. zw. Polen, Russen, Reichsdeutsche, 
Adalbert Braun 
Rb. Dr. 
Vida 
10* 
141 
Gablonz 3
	        
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