Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

seinen „Dokumenten zur Geschichte der Juden in 
Karlsbad (1791—1869)u, Karlsbad 1913, Verlag von 
Rudolf Hengstenberg, S. 28, im Karlsbader städtischen 
Archiv erliege eine Eingabe des Falkenauer Kreis¬ 
rabbiners Isaias Lewi4) vom 9. Juni 1795. Da 
aber F. nie Kreishauptstadt war, wird diese Angabe 
wohl auf einem Irrtum beruhen und in der Tat ist 
das Schriftstück freilich aus F. datiert, die Unter¬ 
schrift aber lautet: „Isaias Lewi, Kr eis-Rabbiner6 6. Lewi 
war, nach meiner Überzeugung, Kreisrabbiner des 
Elbogner oder des Saazer Kreises oder, wie es später 
öfter der Fall war, beider Kreise, hatte aber seinen 
Sitz kaum in F., sondern etwa in E. oder vielleicht 
in Lichtenstadt und hielt sich möglicherweise am 
9. Juni 1795 nur zufällig in F. auf, wo er sich be¬ 
wegen ließ, jene Eingabe zu verfassen und abzusen¬ 
den. Es muß in F. jemand ein besonderes Interesse 
gehabt haben, ihn dazu zu bringen, da er die per¬ 
sönlichen Verhältnisse, um die es sich dabei han¬ 
delte, vielleicht gar nicht näher kannte. Vielleicht 
war er zu Besuch bei Falkenauer Juden, etwa zur Ver¬ 
richtung einer religiösen Zeremonie — ich denke 
etwa an die Vornahme einer Beschneidung. Doch kann 
er schließlich auch Rabbiner von F. und zugleich 
Kreisrabbiner des Elbogner Kreises gewesen sein. 
Daß auch die Falkenauer Gemeinde später stark 
zurückging, zeigt der Umstand, daß es nachmals hier 
nur noch vereinzelte Juden gab. Doch kamen immer 
wieder einige vor. Das beweisen 3 Judentaufen, von 
denen das von P. Josef K ö r b 1 1835 neu angelegte 
Pfarrgedenkbuch5) berichtet (1718 Abraham Herz 
aus Nikolsburg, 1737 die Tochter des Abraham Masch 
aus Bernlibin, 1839 Damenkleidermacher Salomon 
Epstein). Diese Neugetauften entschlossen sich wohl 
zum Übertritt, um ihren einträglichen Beruf weiter 
betreiben zu können, oder weil sie sich vorher in F. 
allzu vereinsamt fühlten. Erst nach dem Jahr 1848 
siedelten sich nämlich wieder andere jüd. Familien 
in F. an, die aus Kleinschüttüber und aus den unge¬ 
fähr 2 Stunden von F. entfernten Orten A r n i t z- 
grün und Schönlind kamen, welche beide jüd. 
Friedhöfe 6) aus Maria Theresias Zeit aufweisen und 
in denen schon seit Kaiser Josefs II. Zeiten, wahr¬ 
scheinlich aber schon vor 1725, nachweislich Juden 
ansässig waren. Auch in Steinbach muß die kleine 
Judengemeinde, die es dort gab, schon vor 1725 be¬ 
standen haben, aber natürlich werden diese drei zuletzt 
erwähnten Gemeinden weit jünger sein als die Elbog¬ 
ner und die alte Falkenauer. Für sie alle führte zu¬ 
letzt viele Jahre lang der Kaufmann I. H ö n i g in 
Kirchenbirk die Matriken. Über die Geschichte 
der drei Orte könnte möglicherweise manches in dem 
so überaus reichhaltigen Egerer Arch, gefunden wer¬ 
den, wie für die Geschichte Elbogens im dortigen 
Stadtarchiv und in den Archiven der umliegenden 
Herrschaften. 
Im J. 1806 erhielt Jonas R o s n e r aus Schönlind 
die Bewilligung, in Karlsbad eine jüd. Garküche zu 
errichten. Nach dem J. 1848 übersiedelten manche 
jüd. Bewohner der umliegenden kleineren Orte nach 
K.; so kauften dort 1850 Philipp und Barbara Low 
aus Kirchenbirk, sowie Nathan und Barbara Buxbaum 
aus Schüttüber Häuser. Im J. 1853 wohnte in K. u. a. 
Jakob Löwy aus Arnitzgrün. (Vgl. Ziegler, Doku¬ 
mente, S. 29, 107, 108.) Die Matriken von Schönlind 
1839—1896 und von Kirchenbirk-Arnitzgrün 1840 
bis 1896 erliegen jetzt bei der K. G. Falkenau. Er- 
stere weist in jenen 58 Jahren 189 Geburten, 41 Trau¬ 
ungen und 119 Todesfälle auf, die andere 144 Ge¬ 
burten, 31 Trauungen und 114 Sterbefälle. Eben da¬ 
selbst erliegt auch eine Matrik der Gemeinde C h o- 
dau aus denselben Jahren mit 132 Geburten, 19 
Trauungen und 71 Sterbefällen. Es bestand nämlich 
auch hier, vielleicht seit dem gleichen Zeitpunkte, 
aber noch vor 1725, eine etwas kleinere Gemeinde, 
Vergleicht man mit diesen Zahlen die der ältesten 
Falkenauer Matrik, welche in den gleichen Jahren 
1840—1896 259 Geburten, 62 Trauungen und 120 
Sterbefälle aufweist, so ergibt sich, daß die Falke¬ 
nauer Gemeinde schon im Jahre 1896 weit volk¬ 
reicher als die Schönlinder und nahezu doppelt so 
groß als die Arnitzgrüner und die Chodauer war. 
Die Matriken von Steinbach befinden sich 
nunmehr in Verwahrung der K. G. Franzensbad. Die 
Steinbacher Juden hatten schon vor 1819 die Erlaub¬ 
nis zur Errichtung eines eigenen Gebethauses durch 
eine Gubernialentscheidung erhalten, sollten aber 
vor Baubeginn eine Bewilligungstaxe zahlen. Wie 
groß diese war, ist mir nicht bekannt; dar die Ge¬ 
meinde aber offenbar klein und sicherlich nicht 
übermäßig reich war, war sie im Jahre 1831 davon 
noch einen Rest von 50 fi. C.-M. und 10 fl. für Porti 
und Stempel schuldig, wofür ihr mit Erlaß der Ka- 
meralgefällenverwaltung Z. 3350 vom 10. Jänner 
1831 eine fünfjährige Ratenzahlung bewilligt wurde. 
Wahrscheinlich hielt sie aber diese Frist nicht ein 
und bat daher am 22. Oktober 1838 neuerdings um 
eine Zahlungsfrist von 5 Jahren, was ihr mit Erlaß 
des Kreisamtes vom 12. April 1839, Z. 4695, aber¬ 
mals gewährt wurde und wovon sie das Amt in F. am 
30. April verständigte. Es waren nun noch 51 kr. an 
Spesen zugewachsen. Erst am 17. August 1849 war 
alles bezahlt. Es wurde jetzt aber offenbar doch kein 
eigenes Bethaus hergestellt, wie sich aus dem folgen¬ 
den ergibt. Die Gemeinde war nämlich inzwischen 
durch Wegzug der meisten Mitglieder sehr zusam¬ 
mengeschmolzen und schließlich scheint nur noch der 
siebzigjährige Joachim K o h n mit den Seinigen in 
Steinbach zurückgeblieben zu sein; die anderen wa¬ 
ren nach F. (darunter David Steiniger), Eger oder 
Elbogen übersiedelt. In F. aber wohnten jetzt außer 
Steiniger auch Jakob Fischer aus Steinbach, ferner 
Hermann Spiegel, Karl Hirsch und die Familie Rei¬ 
chel, welche eine Glasfabrik gegründet hatte. Im 
Jahre 1860 waren es bereits 22 Seelen und schon im 
Jahr vorher war unter ihnen der Plan aufgetaucht, 
eine eigene K. G. zu gründen; die für den Gottes¬ 
dienst erforderlichen heiligen Geräte und Torarollen 
wollte man aus Steinbach herbeibringen. Aber 
Joachim Kohn wehrte sich dagegen. Auf eine amt¬ 
liche Anfrage erklärte er am 8. August 1860, er zahle 
und beköstige an den jüdischen Feiertagen Männer, 
um die für den Gottesdienst erforderliche Zehnzahl 
zu erreichen, und er lasse diesen Gottesdienst in 
einem Zimmer seines eigenen Hauses 
abhalten. Jene Geräte aber seien von seinem Schwie¬ 
gervater Salomon Steiniger, dem Vater des verstor¬ 
benen Abraham Steiniger, und von ihm angekauft 
worden und er könne sie den Falkenauern unmöglich 
überlassen. Diese Äußerung Kohns wurde am 22. 
August 1860 dem David Steiniger zur Gegenäußerung 
mit dem Beifügen übergeben, nach Einlangen der¬ 
selben werde mit dem Herrn Kreisrabbiner wegen 
Konstituierung einer K. G. in Steinbach oder Zutei¬ 
lung der Steinbacher Juden zu einer anderen benach¬ 
barten Gemeinde ins Einvernehmen getreten werden. 
Wie Steinigers Gegenäußerung ausfiel, läßt sich den¬ 
ken. Wahrscheinlich ist Kohn bald darauf gestorben 
und nun verschwindet die Steinbacher Judenge¬ 
meinde bald gänzlich, jene Gerätschaften aber be¬ 
finden sich in der Tat auch jetzt noch im Besitze der 
Falkenauer Gemeinde. 
Falknov n./O. 2 
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Falkenau 2
	        
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