Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Geschichte der Juden 
in Falkenau, Elbogen und Umgebung. 
Bearbeitet von 
Dr. Gustav Treixler, Graslitz. 
Auf dem Gebiete der jetzigen K. G. Falkenau 
a. d. Eger (c. Falknov n. 0.) gab es noch in der zwei¬ 
ten Hälfte des 19. Jhts. nicht weniger als 6 jüd. Ge¬ 
meinden, darunter die bedeutende Elbogner, deren 
Rabbiner gewöhnlich den Titel eines Kreisrabbiners 
führte, weil Elbogen Hauptstadt eines Kreises war. 
Kaiser Siegismund hatte 1434 seinem Reichs¬ 
kanzler Kaspar Grafen Schlick das Krongut E 1- 
bogen mit dem Rechte, Juden aufzunehmen, ver¬ 
liehen, und Schlick war ein zu guter Geschäftsmann, 
um von dieser Erlaubnis nicht Gebrauch zu machen. 
Zwar wurden die Elbogner Juden i. J. 1494 aus der 
Stadt vertrieben, aber schon zwei Jahre darnach sind 
sie wieder in E. nachweisbar. Nur durften sie anfangs 
nicht im Inneren der Stadt wohnen. Erst 1559 er¬ 
hielten sie dazu die Bewilligung. Als ein späterer 
Machthaber in E., ein Herr von Hassenstein, den 
Juden M a i e r und seinen Schwager J uda aus un¬ 
bekannten Ursachen ausweisen wollte, nahm sich 1550 
König Ferdinand I. ihrer mit Erfolg an. Im J. 
1569 wird der Jude David, Leo aus E. genannt, 
1570 waren in der Stadt 3 Juden zur Türkensteuer 
verzeichnet1). Kaiser Rudolf II. trat 1583 gegen 
die Duldung von Juden in E. auf, ließ sich aber dann 
erweichen und befahl 1588, die von altersher dort 
angesiedelten Juden mit ihren verheirateten Kindern 
zu belassen. Im J. 1590 bedurfte es schon wieder 
des Eingreifens der einflußreichen Prager Juden zu¬ 
gunsten der Elbogner und 1636 wurden sie abermals 
ausgewiesen, sind aber trotzdem auch nachher dort 
nachzuweisen2), wie es denn noch bis 1893 eine an¬ 
erkannte K. G. in E. gab. 
In den Kellern einzelner Häuser der Kirchengasse 
haben sich Reste des Judentauchbades erhalten, der 
Platz vor dem Schloß heißt „JudenbergIm Elbogner 
Museum sind zwei jüd. Grabsteine vorhanden, der 
eine rechts neben der Außentür des Gebäudes, der 
andere im I. Stock neben der Eingangstür einge¬ 
mauert, dieser stark beschädigt und mit unleserlicher 
Schrift, etwa 60 cm breit und 70 cm hoch. Der erste 
Stein aber, der ebenso breit und ungefähr 1 m 20 cm 
hoch ist, trägt eine Inschrift von 8 Zeilen in angeb¬ 
lich chaldäischer Schrift, wie vor einiger Zeit ein 
Besucher des Museums, ein Rabbiner aus Miskolcz, 
angab. Nach seiner Übersetzung soll die Inschrift be¬ 
sagen: „Hier liegt begraben N. N. (der Name ist un¬ 
leserlich, die Selbstlaute fehlen), der Beste unserer 
Gemeinde, das Haupt unserer Krone; wir beweinen 
seinen Verlust mit bitteren Tränen. Gestorben am 
14. August 1532." Beide Grabsteine wurden auf einer 
Wiese beim heutigen Elbogner Waisenhaus in der 
Flur Robitsch (in der Nähe der robotpflichtigen Häus¬ 
leranwesen) gefunden. Sie könnten angeschwemmt 
worden sein, was aber doch ihre Größe nicht wahr¬ 
scheinlich erscheinen läßt, oder sie stammen aus 
einem alten an jener Stelle befindlichen jüd. Be¬ 
gräbnisplatz. Für diese Vermutung spricht auch die 
Fundstelle: sie liegt außerhalb der ehemaligen Stadt- 
mauer, aber noch innerhalb eines von der Eger ge¬ 
bildeten Bogens, der hier den Wallgraben ersetzte; 
der Stadtteil bildet jetzt die Gartenstraße. 
Die einst bedeutendere J. G. ist später mit dei 
sinkenden Wichtigkeit der Stadt selbst zurückgegan¬ 
gen, die jüd. Familien mögen allmählich größeren¬ 
teils weggezogen sein, um so mehr, als der Handels¬ 
verkehr nach und nach andere Wege einschlug, weil 
E. nicht mehr an den Hauptverkehrslinien der 
Straßen und später nicht an der Hauptstrecke der 
Bahn lag. Interessant ist, daß die Elbogner Juden 
von altersher das Recht hatten, die Zehn Gebote 
(Tora) und die sonstigen heiligen Bücher der Egerer 
Judenschaft leihweise zu benützen, die seit der Ver¬ 
treibung der Juden aus Eger im Besitze des dortigen 
Stadtrates waren. Im J. 1841 war Kreisrabbiner des 
Elbogner und des Saazer Kreises Salomon Sachs 
in Lichtenstadt. (Vgl. Ziegler, Dokumente, S. 103.) 
Jedenfalls der letzte dieses Titels und wahrscheinlich 
der letzte Rabbiner von E. überhaupt soll der hoch¬ 
angesehene jüd. Gelehrte Moses Sachs gewesen sein. 
Die alte F alkenauer Gemeinde ist wohl bei¬ 
läufig ebenso alt wie die Elbogner und auch sie muß 
einmal schon recht bedeutend gewesen sein. Das 
königliche Gut F. erhielten die Brüder Kaspar und 
Matthias Grafen Schlick i. J. 1435, gleichfalls mit 
der Erlaubnis, sich dort Juden zu halten. Der vor 
einigen Jahren neu angelegten Stadtchronik von F. 
zufolge wohnten bereits im 16. Jht. daselbst 3 mit¬ 
einander verwandte Familien, namens Hirschberg, 
welche der K. G. Königsberg a. d. E. angehörten; sie 
wanderten aber im Laufe der Zeit weg oder starben 
aus. Aus den Jahren 1675—1699 zählt Dr. Max 
Freudenthal in seiner Schrift „Die jüdischen 
Besucher der Leipziger Messen in den Jahren 1675 
bis 1699" (Frankfurt a. M., 1902, S. 20) aus Falkenau 
auf: 1687 Salomon Abraham, 1675 Abraham Adam, 
1675—1679 Moses Daniel, 1677 Jakob Epstein und 
1687 nochmals mit D. Simon Lazarus, 1676 Jakob 
Levi, 1668 Salomon Levin, 1676 Abraham Schlam und 
1677, 1678 und 1684—1688 Simon Schlam, nicht so 
viele, wie etwa aus Lichtenstadt, aber doch immerhin 
nicht wenige. Auch in der Responsenliteratur kommt 
Falkenau vor: R. David F a 1 k e n a u überbringt 
eine Anfrage aus Königsberg nach Prag zwischen 1770 
und 1800 (nach dem Nachlaßwerk „Kedesch Naph- 
tali" des Rabbi Naphtali Herz Emden Heilpern, II, 
122, das Prof. S. H. Lieben in Prag in der Festschrift 
des Vereines Afike Jehuda, Prag 1930, veröffent¬ 
lichte). Im J. 1768 verlieh Herz Emden einem Reb 
Moses, Sohn des verstorbenen David Falkenau, in 
Eidlitz den Chabertitel 3). Dr. Ziegler erzählt in 
Falknov n.jO. 1 
135 
Falkenau 1
	        
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