Volltext: Die Juden und Judengemeinden Böhmens in Vergangenheit und Gegenwart I. (1 (1934) ;)

Über die Aktion der Kriegsflüchtlingsfürsorge in E. 
zu berichten, erscheint mir heute — vorzüglich der 
veränderten Verhältnisse halber — total inopportun. 
Schließlich hatte jede einzelne K. G. ihr bestes und 
edelstes zur Milderung der Not getan. In E. konsti¬ 
tuierte sich gleich nach dem ersten Transport der 
Evakuierten ein Hilfskomitee, aus dem nachstehende 
Herren zu Sektionsvorständen gewählt wurden: K. V. 
Edi. Löwy, Obmann sämtlicher Sektionen, Dr. Grün¬ 
feld, Wohlfahrt, Dr. Grünhut, Rechtsschutz, Dr. Zent¬ 
ner (ihm stand hilfreich zur Seite Frau OKt. S. Wil- 
kowitsch), Küchenverwaltung, Dr. Glaser, Medizin, Dr. 
Kraus, Finanzen, Ferdinand Koretz, Spedition, Viktor 
Gelber, Aufsicht, Okt. Wilkowitsch, Berichterstattung 
und Verdolmetschung, Wilhelm Herrmann, Wirt¬ 
schaft, Isidor Springer, Spenden. Als Sektionsvorstände 
für Pograth, Hugo Karpeles und für Wies Josef Lenk 
Aber nach und nach ermüdete alles, denn Krieg 
und Elend hatten allzulange Dauer. Anfangs trug 
Herr Isidor Springer viel Sorgen und Lasten um die 
unglücklichen Evakuierten, doch leider, inmitten sei¬ 
nes Schaffens (16. April 1917) entriß ihn der unbarm¬ 
herzige Tod. — Und nun blieb als einziger Rettungs¬ 
anker der K. V. Löwy. Hilfreich an seiner Seite aber 
stand der damalige Kanzlist der Bezirkshauptmann¬ 
schaft, Herr Josef Müller. 
Der Vorsteher mußte freilich gar oft mehr als die 
sprüchwörtlich gewordene Geduld eines Hillel be¬ 
sitzen, um nicht aus dem Sattel gehoben zu werden, 
da Hunderte von unglücklichen, aber auch nicht zu 
bescheidenen Menschen täglich Anliegen — Wünsche 
und Beschwerden — an ihn hatten. Ob es galt, Kar¬ 
toffel und andere Lebensmittel, oder Ledersohlen zu 
beschaffen! 
Am 29. Januar 1919 starb Herr Jakob Zuckermann, 
Seniorchef der Firma J. Zuckermanns Söhne in E. 
Der Dahingeschiedene war durch zwei Wahlperioden 
K. V., stand viele Jahre im Dienste der K. G. und er- 
warb sich um das Aufblühen der Gemeinde unschätz¬ 
bare Verdienste. Er war auch seit vielen Jahren Han¬ 
delskammerrat, Vorstandsmitglied der Egerer Es- 
komptegesellschaft, Zensor der Österr.-ung. Bank und 
Ehrenmitglied mehrerer Vereinigungen. 
Am 2. Schebuothtage (22. Mai 1923) fand im Vesti¬ 
bül des Tempels die Enthüllung einer Gedenktafel 
mit den Namen der im Weltkriege gefallenen jüdi¬ 
schen Soldaten unserer Gemeinde statt. Von einer 
Feierlichkeit aus diesem Anlasse wurde Abstand ge¬ 
nommen. Der Tafeltext lautet: „Gedenktafel für die 
im Weltkriege 1914—18 gefallenen jüdischen Solda¬ 
ten der israel. K. G. Eger. JUDr. Hugo Zucker- 
m a n n, Ernst B ä u m 1, Otto Fleischer, Ernst 
K o h n, Josef Salus, Felix Buchsbaum, Emil 
Herrmann, Karl Salus, Stephan D a r a n y i. 
Aus Anlaß des 30 jähr. Bestandes unseres Tempels 
wurde am 2. Sept. 1923 ein feierlicher Gottesdienst 
abgehalten, zu welchem Herr Okt. Wilkowitsch eine 
Festhymne verfaßte und vertonte, die mit verstärktem 
Chor und Orgelbegleitung zum Vortrage gebracht 
wurde. Die Festpredigt hielt Herr Rb. Dr. A. Grün¬ 
feld. Nach dem Gottesdienste hielt Herr K. V. Löwy 
eine auf das Fest bezughabende Ansprache und ent¬ 
hüllte eine Tafel, die folgenden Text trägt: „Der Bau 
des Gottesdienstes wurde im März 1892 begonnen und 
im Juli 1893 vollendet. — Vorstand: Max Gottlieb, 
Vorsteher, Simon Wetzler, Stellvertreter; — Beiräte: 
Moritz Beck, Alois Schleim, Michael Winternitz, Herr¬ 
mann Wessi; — Ersatzmänner: Isidor Löbl, Eduard 
Löwy; — Baukomitee: Max Gottlieb, Obmann, Herr¬ 
mann Zuckermann, Stellvertreter; Siegmund Gutten- 
stein, Josef Fischi, Friedrich Heller, Heinrich Drechs¬ 
ler, Louis Löwenstein, Adolf Kohner, Just. Rat Dr. 
Eduard Reichl, Moritz Zentner, Eduard Löwy, Leo¬ 
pold Steininger, Richard Schnabel. Eduard Reichl, 
Emanuel Schick. — Dem Andenken dieser verdienst¬ 
vollen Männer von der K. G. in E. anläßlich des 
30 jähr. Tempelbestandes am 29. Juli 1923 gewidmet.u 
Aus Anlaß des 70. Geburtstages des K. V. Eduard 
Löwy fand am 25. Dezember 1925 im Tempel ein 
überaus feierlicher Gottesdienst statt, zu welchem der 
OKt. Wilkowitsch ein Festlied verfaßte und vertonte. 
Dieses Lied wurde während des Gottesdienstes mit 
verstärktem gemischten Chor und Orgel-, wie Streich- 
instrumenten-Begleitung vorgetragen. Die Festpredigt 
hielt Herr Rb. Dr. Grünfeld. In der Festsitzung wurde 
dem Herrn Jubilar ein angefertigtes Bild des gesam¬ 
ten Vorstandes, des Rb. und OKt. überreicht. Auch 
die Ch. K., der F. V., wie der Verein Ahawath Zion 
stellten sich mit vornehmen Ehrengeschenken ein. 
Grabmal des Dichters Dr. Hugo Zuckermann 
Am 13. Juni 1927 wurde auf unserem Gottesacker 
das Grabdenkmal für den während des Krieges gefal¬ 
lenen Dichter Dr. Hugo Zuckermann enthüllt. Den 
Bemühungen des Herrn K. V. Löwy, des Herrn Ernst 
Schick und des Rabbinates E. gelang es, durch tat¬ 
kräftige Unterstützung der K. G., der Ch. K., der 
Freunde und Gesinnungsgenossen, der Schwesterge¬ 
meinden eine Summe von 12.000 Kc aufzubringen, 
um ein künstlerisches Grabdenkmal zu schaffen. Der 
schöne und sinnige Entwurf hat den Architekten 
Richard Herrmann zum Schöpfer. Gleichzeitig wurden 
Gedenksteine für die während des Krieges gefallenen 
jüdischen Soldaten in unserer Gemeinde errichtet, Die 
hiezu erforderliche Summe per 10.000 Kc leistete die 
K. G. im Vereine mit der Ch. K. 
Nachdem der größte Teil unseres Gottesackers be¬ 
legt war, schritt die K. G. daran, eine Erweiterung 
vorzunehmen. Diese wurde im Ausmaße von 50 Qua¬ 
dratmetern auf eigenem Grund ausgeführt. Der hiefür 
erwachsene Kostenaufwand beträgt 32.000 Kc. Die 
Ch. K. spendete für diesen Zweck 15.000 Kc. — Plan 
und Voranschlag wurde von Herrn Ing. Em. Adler, 
der Bau vom Baumeister Adolf Markl bestens durch¬ 
geführt. Und nun schreiten die Vertreter unserer K. 
G., wie jene der Ch. K. und alle anderen berufenen 
Persönlichkeiten daran, eine Zeremonienhalle größern 
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