Volltext: Steins Geschichte des Weltkriegs

Ein gefangengenommener deutscher Offizier erzählte mir, daß die Deutschen 
keinen Angriff auf Tanga erwarteten, bis ein britisches Schiff erschien und Peilungen 
vornahm. (Das war zwei Tage vor der englischen Landung.) Die Deutschen wurden 
sich klar, daß etwas im Gange war, und zogen von Mofchi (am Kilimandscharo) und 
anderen Plätzen alle verfügbaren Truppen zusammen. An dem Tage, wo wir zum 
Angriff übergingen, kamen 1000 Mann aus Mofchi und wurden auf der rechten Flanke 
der deutschen Stellung eingesetzt. Die Stärke der Deutschen war etwa 3000 Mann und 
500 Eingeborene; 100 Maschinengewehre verschiedener Art waren vorhanden. Wir 
verloren in der Schlacht von Tanga sieben Offiziere. Unser Regiment büßte etwa 
30 v. H. seines Bestandes ein; auf die ganze beteiligt britische Truppe fällt ein Ver¬ 
lust von 17 v. H. Die Schwerverwundeten von Tanga werden von den Deutschen 
behandelt und nach Genesung nach Zanzibar gesandt. Nachdem wir uns wieder ein¬ 
geschifft hatten, wurde eine Dampfbarkasse mit der weißen Flagge nach Tanga gesandt, 
und am folgenden Tage wurde uns erlaubt, zu landen und, soweit möglich, unsere Ver¬ 
wundeten mitzunehmen. 
So weit der Bericht des Engländers. Die Angaben über die Zahlenstärke der 
Deutschen stimmen nicht mit den Tatsachen überein. Es zeugt nicht für den Scharfsinn 
des britischen Offiziers, daß er sich das nicht selbst sagte; indes beweist die Übertreibung, 
welchen Eindruck die Haltung unserer kleinen, tapferen Schar auf die Gegner ge¬ 
macht hat. 
Unsere Verluste werden seitens des Gouverneurs als gering bezeichnet; als tot 
sind 15 Deutsche gemeldet. Als verwundet sind fünf Deutsche angegeben. Die Ver¬ 
luste an farbigen Mannschaften sind noch nicht bekannt. 
Bei der Beschießung der Stadt Tanga durch die englischen Kriegsschiffe wurden 
13 Europäerhäuser schwer und fünf leicht beschädigt. Bei dieser Gelegenheit wurde 
auch das Europäerkrankenhaus, das außerhalb der Stadt, allerdings gerade in der ge- 
fährdetstm Gegend liegt, von einigen Granaten getroffen und mußte geräumt werden. 
Der englische Befehlshaber übersandte wegen dieses Vorfalls durch einen Parlamentär 
ein Entschuldigungsschreiben. 
Am 6. abends verließen die englischen Schiffe die Außenreede von Tanga mit 
Kurs nach Norden. 
Am 7. November fand eine Totenfeier und Beerdigung aller Gefallenen mit 
militärischen Ehren statt. 
Dem bei Tanga erzielten, ungeahnt großen Waffenerfolge der deutschen Schutz¬ 
truppe ist auch eine weittragende, politische Bedeutung insofern beizumessen, als die 
moralische Wirkung auf die eingeborenen Völker Ostafrikas — und auch Britifch- 
Indiens von nachhaltigem Einfluß werden muß. 
Mit dem ersten Tage der Schlacht bei Tanga, dem 3. November, fällt zeitlich 
das zweite Gefecht am Longidoberge (nordwestlich des Kilimandscharo) zusammen. 
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