Volltext: Steins Geschichte des Weltkriegs

sprengen. Alles Material der Bahn sowie der Werkstätten war schon nach Keet- 
manshoop geschasst, ebenfalls der ganze Vorrat an Mehl, Korn und Kohlen. Am 
16. September zeigten sich schon einige Schisse, worauf deutscherseits der Funkenturm 
in die Luft gesprengt wurde. Am 17. September nachmittags erschienen zwölf Schiffe, 
hiervon waren drei Kreuzer, der Rest Transportschiffe. Sowie die Meldung vom 
Diaz-Feuerturm einlief, fuhr der Bezirksamtmann mit dem Rest der Beamten und 
Militärpersonen mit dem Zuge nach dem Innern. Rur vier oder fünf Soldaten blieben 
zurück, um hinterher die Bahnlinie streckenweise in die Luft zu sprengen. Hierbei wur¬ 
den diese von einer Patrouille angegriffen, die von den Engländern vormittags schon 
in Prinzenbucht gelandet war, jedoch unsere Soldatm von ihrer Arbeit nicht abhalten 
konnte. Unter Verlust eines Pferdes zog die Patrouille ad nach Lüderitzbucht, und die 
Soldaten sprengten ruhig weiter. Kurz nachdem die Schiffe verankert waren, kam ein 
Boot mit Parlamentärflagge an Land, wo Bürgermeister Kreplin, Redaktmr Otzen 
von der „Lüderitzbuchter Zeitung" und Rechtsanwalt Dr. Dommer als deutsche Ver¬ 
treter die Engländer empfingen. Als die Anfrage, ob die Stadt Widerstand leistm 
wolle, verneint wurde, wurden die Herren bis zum 19. September mittags in Gefangen¬ 
schaft gehalten. Am 18. September früh erfolgte die eigentliche Besetzung Lüderitz- 
buchts, am 19. September wurde Kriegsrecht proklamiert, und die Bevölkerung durfte 
von 6 Uhr abends bis zum anderm Vormittag 11 Uhr die Straße nicht betreten. Am 
22. September begann die Fortführung der Bevölkerung, die am 25. September 
beendet war. Die ganze deutsche Bevölkerung wurde als Gefangene nach Südafrika 
gebracht, die Männer nach Johannesburg und Pretoria, die Frauen und Kinder nach 
Pietermaritzburg. Ausländer wurdm in Kapstadt freigelasim. Am 21. und 22. Sep¬ 
tember begann die allgemeine Plünderung von Lüderitzbucht, wobei etwa 15 bis 20 
Häuser schrecklich verwüstet wurden. Leute wurden in ihren Häusern festgehalten und 
ihrer Barmittel beraubt. Sämtliches Geflügel wurde eingefangen und geschlachtet. 
Am 26. September fand ein Gefecht bei Kolmanshuppe statt: acht Deutsche gegen 150 
Engländer! Die Deutschen verloren drei Tote und einen Verwundeten, die Engländer 
fünf Tote, 43 Verwundete. Die Engländer gingen zurück nach Lüderitzbucht." 
Die Deutschen hatten die Lüderitzbucht-Eisenbahn bis zum letzten Augenblick in 
Betrieb gehalten und fast die gesamten Lüderitzbuchter Vorräte nach dem Innern ge¬ 
bracht. Kurz vor dem Eintreffen der Engländer hatte sich der Bezirksamtmann mit den 
noch anwesenden Regierungsbeamten nach dem Innern zurückgezogen, und daraufhin 
wurden, nachdem das gesamte rollende Eisenbahnmaterial in Sicherheit gebracht worden 
war, die Bahngleise durch Sprengungen zerstört. Die Engländer aber haben zahl¬ 
reiches Elsenbahnmaterial gelandet und zum Bahnbau sofort in Benutzung genommen. 
Außer Lüderitzbucht haben sich die Engländer auch Swakopmund und die 
Walfischbai als Operationsbasis für ihr Vordringen in Südwestafrika ausersehen. 
Weihnachten 1914 landeten sie in Walfischbai eine starke Abteilung südafrikanischer 
Truppen und begannen alsbald von hier aus eine Bahnlinie nach Norden zum An- 
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