Volltext: Steins Geschichte des Weltkriegs

Unsere weiteren Kriegsoperationen machten treffliche Fortschritte. Am 
6. Dezember nahmen unsere Truppen als Ergebnis vorhergegangener dreitägiger 
Schlachten Lodz und zwangen den Feind unter schweren Verlusten für ihn zum Rückzug 
über die Bzura. Versuche der Rüsten, aus Südpolen ihrer bedrängten Armee im 
Norden zu Hilfe zu kommen, wurden durch das Eingreifen österreichisch-ungarischer 
Kräfte in der Gegend südwestlich Petrokow vereitelt. Das Zentrum der russischen 
Aufstellung war durchbrochen. Natürlich mußte dieser Erfolg der deutschen Waffen 
zur allmählichen Zurücknahme der feindlichen Streitkräfte auf der ganzen Linie führen. 
Freilich fehlte es nicht an erbitterter Gegenwehr. Mit der den Rüsten eigenen großen 
Geschicklichkeit in der Anlage von Feldbefestigungen gruben sich die Feinde immer 
wieder ein und verschanzten sich in jedem Ort, an den sie der Druck der deutsch-öster¬ 
reichischen Armee herandrängte. So kam es um Lowicz und Przasnycz zu blutigen 
Sturmangriffen, die aber alle dem Gegner furchtbare Verluste beibrachten, ohne daß 
sie seine Stellung befestigten. Die verlastenen russischen Schützengräben waren mit 
Toten oft buchstäblich gefüllt. Roch nie in den gesamten Kämpfen des Ostheeres, nicht 
einmal bei Tannenberg, sind unsere Truppen über so viele rustische Leichen hinweg¬ 
geschritten, wie bei den Kämpfen um Lodz und Lowicz. Ueber die Verluste schreibt 
das Große Hauptquartier: „Obgleich wir die Angreifer waren, blieben unsere Verluste 
hinter denen der Rüsten weit zurück. Wir haben insbesondere im Gegensatz zu ihnen 
ganz unverhältnismäßig wenig Tote verloren. So sielen bei dem bekannten Durch¬ 
bruch unseres fünfundzwanzigsten Reservekorps von diesem Heeresteile nur 120 Mann, 
gewiß eine auffallend niedrige Zahl. Für die Verhältniste beim Feinde ist dem 
gegenüber bezeichnend, daß allein auf einer Höhe südlich Lutomiersk, westlich Lodz, 
nicht weniger als 887 Rüsten gefallen und bestattet worden sind. Auch die rustischen 
Gesamtverluste können wir, wie in den früheren Schlachten, so ziemlich zuverlässig 
schätzen. Sie betrugen in den bisherigen Kämpfen in Polen mit Einschluß der von 
uns erbeuteten 80 000 Gefangenen, die inzwischen mit der Bahn nach Deutschland 
abbefördert worden sind, mindestens 150 000 Mann." 
So trug denn am 17. Dezember der Draht gleichzeitig von der deutschen und 
der österreichisch-ungarischen Heeresleitung die Kunde in die Welt: In Polen ist die 
Entscheidung gefallen. Der Widerstand der rustischen Hauptmacht, die zum ent¬ 
scheidenden Schlage gewiß nahezu ganz in die Wagschale geworfen war, ist ge¬ 
brochen. Im Norden von den Deutschen, an der Bzura, am südlichen Flügel von 
den Österreichern bei Limanova völlig geschlagen, traten die Rüsten den allgemeinen 
Rückzug auf der ganzen Linie an, von den Verbündeten an allen Stellen der Front 
unerbittlich verfolgt. Als die zuerst ängstlich geheimgehaltene Niederlage der rustischen 
Armee im Lande bekannt wurde, erhoben sich überall die Stimmen der Unzufrieden¬ 
heit und ließen erkennen, daß eine gewaltige Gärung die innere Ruhe Rußlands zu 
erschüttern drohte. Mit Gewalt mußte die Regierung — besonders in Petersburg 
und Warschau — die stetig wachsenden revolutionären Umtriebe niederzuhalten ver- 
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