Volltext: Steins Geschichte des Weltkriegs

Man begriff auch die ernste Lage, aber mit unerschütterlicher Ruhe erfolgten die Be¬ 
fehle des Kommandanten und unentwegt wurden sie von der Mannschaft mit größter 
Aufbietung aller Kräfte ausgeführt. Als später der Nebel sich lichtete, bemerkten erst 
die feindlichen russischen Schiffe die „Magdeburg" und eröffneten ein heftiges Feuer, 
das aufs kräftigste erwidert wurde. Der den russischen Schiffen zugefügte Schaden 
und die Verluste der Russen sollen ganz bedeutend sein. Als keine Rettung mehr vor 
den Angriffen des Feindes möglich war, erging der Befehl des Kommandanten, das 
Schiff in die Luft zu sprengen. Der Kommandant blieb standhaft auf seinem Posten, 
und mit den Worten: „Rette sich, wer kann! Seine Majestät Hurra!" versank er mit 
dem Schiff in die Tiefe. Die Mannschaft sprang darauf über Bord in die Fluten." 
Die wohl vorbereiteten russisöben Vorstöße gegen die deutsche Grenze sollten 
nicht von Erfolg gekrönt sein. Denn alsbald gelang es der Unerschrockenheit und 
Tapferkeit unserer Grenzbesatzungen, denen zunächst nur schwache Hilfe aus den Grenz¬ 
befestigungen zugeführt werden konnte, dem Einbruch der russischen Horden zu 
wehren. Mit stürmender Hand entrisien sie dem Feinde Kibarty und drängten ihn 
über die Grenze zurück. Bei Soldau erlag eine russische Kavalleriebrigade dem Feuer 
unserer Maschinengewehre. Neue Schläge holte sich der Feind bei Neidenburg und 
bei Bialla. Hier wurde ein Bataillon mit Mafchinengewehrabteilung von sechs 
russischen Kavallerieregimentern angegriffen. Aber sie wurden völlig trotz ihrer vier¬ 
fachen Überlegenheit geschlagen, besser zusammengeschosien. Das russische Schimmel¬ 
regiment aus Suwalki, eine Elitetruppe auf lauter Rotschimmeln, geriet, wie in der 
„Vossischen Zeitung" ein Kriegsteilnehmer berichtet, mit ihren Pferden auf eine 
Wiese; sie wurden haufenweise niedergeschosien; viele mußten sich ergeben. Ein 
anderer Teilnehmer an dem siegreichen Gefecht, bei dem eine russische Kavallerie¬ 
brigade völlig aufgerieben wurde, berichtet nach dem „Berliner Lokal-Anzeiger", daß 
die Rusien infolge ihrer beispiellosen Unachtsamkeit sozusagen in die Mündungen 
unserer gutgedeckten Maschinengewehre hineingeritten sind. In wenigen Minuten 
waren die in geschlossenen Reitermasien auftretenden Feinde zusammengeschosien, und 
als wir ganz nahe herangingen, zeigte sich, daß von den vielen Hunderten kaum noch 
einer am Leben war. Auch fast alle Pferde waren bereits tot. So verheerend hatte 
unser auf kaum 300 Meter abgegebenes Schnellfeuer gewirkt. Wir waren aber erstaunt, 
daß sich unter den toten Rusien mit Ausnahme weniger junger Offiziere kein einziger 
höherer Vorgesetzter befand. Das Rätsel sollte bald aufgeklärt werden. Eine Patrouille 
fand ein paar Kilometer östlich die ganze Gesellschaft von Vorgesetzten zusammen: die 
Rittmeister, die beiden Obersten und den Brigadegeneral mit ihren Adjutanten. Sie 
hatten es vorgezogen, das Gefecht aus sicherer Ferne zu beobachten und ihre Mann¬ 
schaft so gut wie führerlos gegen uns anstürmen zu lassen. Sie wurden natürlich gleich 
gefangen genommen. 
An diesen erfolgreichen Gefechten während des Grenzkrieges und des Auf¬ 
marsches hatte der General der Infanterie Hermann von Franeois hervorragenden 
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