stehen, wenn es weniger Obst gibt, müssen die Menschen weniger
Obst essen. Die Art, wie er sich durchsetzt, wäre eine andere: die
Zentralinstanz würde den Einzelwirtschaften weniger Obst zuweisen.
Ich kann daher weiter fragen: was steht höher, das notwendigerweise
Bleibende oder das möglicherweise dem Wechsel Anterworfene?
Das durch die Natur der Dinge Gegebene oder das durch Menschen¬
satzung Geschaffene?
Ich habe mir für die Beschäftigung mit wirtschaftlichen Fragen
seit langen Jahren folgendes Rezept zurechtgemacht. Wenn ich
darüber klar werden will, welche Folgen sich aus einem wirtschaft¬
lichen Vorgang ergeben, oder aus welchen wirkenden Arsachen eine
gegebene Tatsache hervorgegangen ist, so fange ich allemal mit der
Betrachtungsweise an, die ich eben die naturale genannt habe, die
zu ihrer Anwendung in den meisten Fällen nicht viel mehr als etwas
gesunden Menschenverstand erfordert, aber freilich sich vor dem
„Trivialen" nicht scheuen darf. Dabei erweist es sich oft als ganz
nützlich, sich nebenher zu fragen: wie würde wohl die Sache im
kommunistischen Staat verlaufen? Ist man dann zu einem Er¬
gebnis gekommen, so sucht inan es zu bewahrheiten dadurch, daß
man sich fragt, wie die Sache sich in der Technik der Geldwirtschast
entwickelt. Stimmen die beiden Ergebnisse zusammen, so liegt eine
hohe Wahrscheinlichkeit vor, daß man das Richtige getroffen hat.
Denn die Probe auf das Exempel hat gestimmt. Stimmt sie nicht, so
ist erwiesen, daß da oder dort ein Denkfehler untergelaufen sein muß.
Es gibt noch einen zweiten Weg der Bewahrheitung, darin
bestehend, daß man die Erfahrung zu Rate zieht, also untersucht,
wie in früheren ähnlichen Fällen die Entwicklung tatsächlich war.
Aber dieser Erfahrungsschluß — die „induktive" Methode — leidet
an einem Mangel, der noch gefährlicher ist, als die Schwächen der
„deduktiven" Methode, von denen ich vorhin sprach. Er besteht
darin, daß in den heutigen verwickelten wirtschaftlichen Verhält¬
nissen der Beobachter Gefahr läuft, von den verschiedenen wirken¬
den Arsachen nur eine oder einige in Betracht zu ziehen, eine oder
mehrere andere aber zu übersehen. Ein falscher Induktionsschluß
ist z. B. folgender: nach Einführung der Getreidezölle in Deutsch¬
land ist der Preis des Getreides nicht gestiegen, ja sogar gefallen;
folglich wirken Getreidezölle nicht verteuernd. Dieser unendlich oft
ausgesprochene Satz ist aber falsch, weil er die Tatsache übersieht,
daß zugleich mit der Einführung der Zölle ein starkes Sinken der
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